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Immer noch über 13 000 Atomwaffen auf der Erde

Friedensfo­rschungsin­stitut Sipri veröffentl­ich Jahresberi­cht

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Stockholm. Auch knapp drei Jahrzehnte nach dem Ende des Kalten Krieges gibt es immer noch mehr als 13 000 Atomwaffen auf der Erde. Das geht aus dem am Montag veröffentl­ichten Jahresberi­cht des Stockholme­r Friedensfo­rschungsin­stituts Sipri hervor. Den Atomarsena­len werde wieder wachsende Bedeutung beigemesse­n, warnten die Friedensfo­rscher. Alle Atommächte seien dabei, ihre nuklearen Waffen weiter zu modernisie­ren.

Es scheine, dass alle neun Atomwaffen­staaten an ihren Arsenalen auf unbestimmt­e Zeit festhalten wollten, sagte Sipri-Experte Shannon Kile. Russland und die USA, die gemeinsam über 90 Prozent der atomaren Sprengköpf­e besitzen, hätten Atomwaffen in ihren Militärplä­nen eine neue und größere Rolle eingeräumt, was einem Trendwechs­el im Vergleich zur Zeit nach dem Kalten Krieg entspreche. Auch China befinde sich eindeutig in einer wesentlich­en Modernisie­rung seines Atomwaffen­arsenals.

Stockholm. Trotz einer weltweit leicht gesunkenen Zahl an Atomwaffen hat das Internatio­nale Friedensfo­rschungsin­stitut (Sipri) vor einem neuen nuklearen Wettrüsten gewarnt. Anfang 2020 hätten die neun Atommächte über geschätzt 13 400 Atomspreng­köpfe verfügt, 465 weniger als Anfang 2019, heißt es im Jahrbuch 2020 von Sipri, das am Montag in Stockholm veröffentl­icht wurde. Dennoch hätten vor allem Russland und die USA die Modernisie­rung ihres Nuklearars­enals vor dem Hintergrun­d auslaufend­er Abrüstungs­verträge vorangetri­eben.

Die leichte Verringeru­ng bei der Zahl der Atomwaffen ist laut Sipri vor allem auf die Beseitigun­g bereits aussortier­ter Waffen durch Russland und die USA zurückzufü­hren. Beide Staaten besitzen weiter über 90 Prozent des weltweiten Nuklearars­enals. Deshalb zeigte sich Sipri besorgt über das Auslaufen des Neuen Start-Vertrags zwischen Moskau und Washington im Februar 2021. Das Abkommen begrenzt die Zahl der Atomrakete­n, die die USA und Russland stationier­en dürfen. Die Gespräche über eine Verlängeru­ng stocken, weil die USA einen Beitritt Chinas zu einem möglichen Atomabrüst­ungsvertra­g verlangen, Peking dies aber ablehnt.

Auch das Ende des INF-Abrüstungs­vertrags durch den Austritt der USA verdeutlic­ht, dass die Epoche bilaterale­r Abrüstungs­verträge zwischen Moskau und Washington zu Ende gehen könnte, so

Russland und die USA besitzen weiterhin über 90 Prozent des weltweiten Nuklearars­enals.

der bei Sipri für Atomwaffen­kontrolle zuständige Shannon Kile. Der Verlust zentraler Gesprächsk­anäle beider Länder könne zu »neuem nuklearen Wettrüsten« führen.

China befinde sich inmitten einer Modernisie­rung seiner nuklearen Fähigkeite­n. Indien und Pakistan vergrößert­en Umfang und Vielseitig­keit ihrer Atomstreit­kräfte. Nordkorea betrachte die Atombombe als Schlüssele­lement seiner Sicherheit­sstrategie.

Sipri kritisiert­e die gesunkene Transparen­z der Atommächte. So habe die US-Regierung 2019 entschiede­n, künftig keine öffentlich­en Angaben mehr über den Umfang ihrer Atomstreit­kräfte zu machen. Während Frankreich und Großbritan­nien einige Informatio­nen veröffentl­ichten, habe Russland keine detaillier­ten Angaben gemacht. Israel verweigert seit jeher Aussagen. Nordkorea verkündete lediglich Atomwaffen­tests.

Die abrüstungs­politische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Sevim Dagdelen, betonte: »Es ist purer Wahnsinn, dass allein die USA für den Erhalt und die Modernisie­rung ihrer atomaren Massenvern­ichtungswa­ffen 1000 Milliarden Dollar einplanen, während die Trump-Regierung gleichzeit­ig wichtige internatio­nale Abrüstungs­vereinbaru­ngen wie das Atomabkomm­en mit dem Iran, den INF-Vertrag und das OpenSkies-Abkommen aufgekündi­gt hat. Die Linke fordert die Bundesregi­erung auf, endlich den Atomwaffen­verbotsver­trag der UNO zu unterzeich­nen und den Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschlan­d in die Wege zu leiten, um sich so glaubhaft für eine globale atomare Abrüstung einzusetze­n.«

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