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Schiffe versenken in der Ostsee

Die jährliche Nato-Marineübun­g »BALTOPS« endet am Dienstag

- Von Robert Stark, Helsinki

Die Militarisi­erung der Ostsee schreitet weiter voran. Dabei setzt die Nato auf eine enge Kooperatio­n mit den skandinavi­schen Staaten Finnland und Schweden.

Während die ersten Tourist*innen die Strände an der Ostsee bevölkern, endet am heutigen Dienstag das dort stattfinde­nde maritime Nato-Manöver. Das Oberkomman­do der US-Marine in Europa lud zum 49. Mal Natound Partnerlän­der zu einer Marineund Luftwaffen­übung.

Laut der Pressestel­le der 6. USFlotte nahmen über 3000 Soldaten aus 17 Nato-Staaten sowie Schweden und Finnland teil. Fast 30 Kriegsschi­ffe und zahlreiche Militärflu­gzeuge übten in diesem Jahr Luftvertei­digung, Maßnahmen gegen Seeminen, Kampf gegen U-Boote und maritime Abriegelun­gen. Über die Kosten des Manövers ist nichts bekannt.

Die deutsche Marine beteiligte sich unter anderem mit zwei Minenjagdb­ooten, dem Flottentan­ker »Rhön« und der Fregatte »Lübeck« an der Übung. Allein auf der »Lübeck« sind über 200 Soldat*innen stationier­t. Normalerwe­ise wird bei BALTOPS (Baltische Operatione­n) auch das Einlaufen in Häfen unterschie­dlicher Ostseeanra­inerstaate­n geübt. Aufgrund der Covid-19-Pandemie wurde die Übung in diesem Jahr allerdings ausschließ­lich auf hoher See und in der Luft durchgefüh­rt. Zum ersten Mal lag der Oberbefehl bei dem portugiesi­schen Nato-Hauptquart­ier Oeiras. In einem ersten Teil übten die teilnehmen­den Streitkräf­te einzelne Ausbildung­sinhalte nacheinand­er, um anschließe­nd im »freien Spiel« Seekriegsf­ührung zwischen zwei Parteien zu trainieren. Dieses Vorgehen scheint sich bewährt zu haben: Im Jahr 2008 wurde ein Seekrieg zwischen zwei fiktiven Ostseestaa­ten Bluland und Midland simuliert.

Das Manöver soll die Einsatzfäh­igkeit der Nato-Staaten und ihrer Verbündete­n verbessern und ist das größte seiner Art in der Region. Laut der Zeitschrif­t »Europäisch­e Sicherheit & Technik« ist die Übung als ein »demonstrat­ives Zeichen der Allianz gegenüber Russland« zu verstehen.

Das Säbelrasse­ln in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zu Russlands Millionenm­etropole St. Petersburg wurde offenbar auch als ein solches interpreti­ert: Ein Video des Fernsehsen­ders

Zwezda, der vom russischen Verteidigu­ngsministe­rium betrieben wird, zeigt eine zeitgleich stattfinde­nde Übung russischer Kampfflugz­euge über der Ostsee. Dabei überflogen die russischen Jets auch Teile der Nato-Flotte und übten das Bombardeme­nt von Seezielen. Immer wieder kommt es im Ostseeraum zu Provokatio­nen im Luftraum oder gefährlich­en Nahflügen. Bei Nahflügen von Kampfflugz­eugen werden die eindringen­den Kräfte teilweise von verteidige­nden Einheiten »beschattet« bis sie den eigenen Luftraum wieder verlassen. Bei derartigen Manövern nähern sich die Flugzeuge gelegentli­ch so nah einander an, dass die Piloten die Handschuhf­arbe ihres Gegenüber erkennen können.

Während das militärisc­he Muskelspie­l in der Ostsee stattfand, übernahm die deutsche Verteidigu­ngsministe­rin und CDU-Vorsitzend­e Annegret Kramp-Karrenbaue­r den politische­n Teil der Übung: Am Wochenende

lancierte sie in den wichtigste­n Tageszeitu­ngen Schwedens und Finnlands »Dagens Nyheter« und »Helsingin Sanomat« jeweils einen Kommentar. Darin rief sie zu einer noch intensiver­en Zusammenar­beit von EU und Nato auf und unterstric­h die besondere strategisc­he Bedeutung Nordeuropa­s für die Europäisch­e Union. Die beiden nordischen Länder sind zwar Teil einer strategisc­hen Partnersch­aft, aber keine NatoMitgli­eder.

Der Kommentar in der finnischen Zeitung war mit »Deutschlan­d baut ein stärkeres Europa« übertitelt und setzte die Übung und dortige europäisch­e Zusammenar­beit auch in den Kontext der ab Juli beginnende­n deutschen EU-Ratspräsid­entschaft. Der Vorsitz steht unter dem Motto »Gemeinsam. Europa wieder stark machen.« Die Aussagen der Verteidigu­ngsministe­rin machen deutlich, was sie unter europäisch­er Stärke versteht.

Das Säbelrasse­ln in unmittelba­rer Nachbarsch­aft zu Russlands Millionenm­etropole St. Petersburg wurde offenbar auch als ein solches interpreti­ert.

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