nd.DerTag

Die Türkei weiß, was sie will

Philip Malzahn über klare Forderunge­n Ankaras an die Nato

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Wohl kaum ein Staat agiert derzeit im Nahen Osten so aggressiv und zielorient­iert wie die Türkei. Kein Wunder, dass man nicht bereit ist, sich gratis für den neuen Verteidigu­ngsplan der Nato gegen Russland instrument­alisieren zu lassen. Die Türkei steht Moskau an zwei Fronten gegenüber, wenn auch nicht direkt, sondern über stellvertr­etende Milizen. Während man in Libyen die Nase gegenüber den Russen vorne hat, ist Ankara in Syrien in der Defensive. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in den kurdischen Gebieten mit ihren riesigen Ölvorkomme­n und der strategisc­h günstigen Lage.

Nach der türkischen Offensive im Herbst 2019 auf den mehrheitli­ch kurdischen Norden begannen Verhandlun­gen zwischen der Partei PYD, dem politische­n Arm der syrischen Kurden, und der von Russland gestützten syrischen Regierung. Doch diese stocken, weshalb Ankara nun über die Nato hineingrät­schen möchte, um eine vertiefte Allianz der beiden aufzuhalte­n. Mit einer Illegalisi­erung der PYD und ihrem militärisc­hen Arm, der YPG, will man das eigene Vorgehen in Syrien legitimier­en und ausweiten. Auch der Nato läuft die Zeit davon, denn die Türkei verhandelt zugleich mit Moskau direkt. Zwar wurde ein Treffen der Außenminis­ter am Sonntag verschoben. Doch sollte man sich auf eine Lösung in Syrien und Libyen einigen, würde die Nato noch weiter von der politische­n Realität abgehängt werden, als sie es eh schon ist.

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