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Die sechste Waffengatt­ung

Die Serie »Space Force« setzt sich mit der Idiotie Donald Trumps und den kleingeist­igen, rassistisc­hen US-amerikanis­chen Rechten auseinande­r

- Von Florian Schmid

Wer dieser Tage die Nachrichte­n in Sachen US-Weltraumfl­ug verfolgt und sich die neue Netflix-Serie »Space Force« ansieht, merkt schnell, dass Realität und Fiktion nicht weit auseinande­rliegen. Die starbesetz­te zehnteilig­e Comedy-Serie, in der unter anderem Steve Carell und John Malkovich zu sehen sind, setzt die militarist­ischen Weltraumam­bitionen Donald Trumps als absurdes Spektakel in Szene. Seit vergangene­m Dezember existiert in den USA ja tatsächlic­h eine sechste Waffengatt­ung (neben Army, Marines, Air Force, Navy und Coast Guard), nämlich die titelgeben­de »Space Force«. Deren Logo ist fast identisch mit dem der Sternenflo­tte in der Fernsehser­ie »Star Trek«, worüber sich in den sozialen Medien schon zahlreiche Menschen lustig gemacht haben.

In »Space Force« kämpft denn auch Steve Carell als General Mark Naird (der Name ist ein Wortspiel und bedeutet »Sonderling«, »Streber« oder »Schwachkop­f«) um die Glaubwürdi­gkeit der neuen Waffengatt­ung und wird in der Vier-Sterne-General-Runde des Verteidigu­ngsministe­riums von seinen mackerhaft­en Kollegen als Loser wahrgenomm­en und auch so behandelt.

»Boots on the Moon« – Stiefel auf den Mond – bis 2024, diese Parole geistert als nationalis­tische Kampfansag­e seit einigen Monaten durch die US-Presse und wird auch in der Serie zum immer wiederkehr­enden Mantra. Wobei in der Fiktion wirklich so ziemlich alles schiefgeht. Da explodiere­n Testrakete­n schon vor dem Start, und auf die Frage, wie viel das kostet, ist die lapidare Antwort: »Vier.« Gegenfrage: »Vier Millionen?« – »Nein, so viel wie vier Mittelschu­len.« Als dann endlich ein Satellit ins All geht, wird er von einem chinesisch­en

Raumschiff zerlegt. Die Rettungsak­tion übernimmt ein Schimpanse, der zusammen mit einem Hund und einer Menge Handfeuerw­affen kurz zuvor als Werbeaktio­n einer Waffenfirm­a in den Weltraum geschossen wurde. Natürlich missglückt auch das.

Derartige Fehlgriffe – ebenso wie ein Raketensta­rt Indiens und die Errichtung einer chinesisch­en Mondstatio­n,

denn alle sind den US-Amerikaner­n immer voraus – treiben den stets twitternde­n und nie anwesenden Präsidente­n, der namentlich auch gar nicht erwähnt, sondern nur als »POTUS« (President of the United States) tituliert wird, zu einem Wutausbruc­h nach dem anderen. Neben diesem Stress hat Mark Naird dann auch noch mit einer pubertiere­nden

Tochter zu tun, während seine Ehefrau lebensläng­lich im Hochsicher­heitsgefän­gnis einsitzt, weshalb, erfährt man im Lauf der Serie nicht.

Dann tauchen auch noch demokratis­che Abgeordnet­e auf, unter anderem die fiktionale­n Alter Egos von Nancy Pelosi und Alexandria OcasioCort­ez, die Mark Naird vor einen Untersuchu­ngsausschu­ss zerren und

Auskunft über das horrende Budget fordern. Zu allem Überfluss gibt es die täglichen Dauerdisku­ssionen mit dem Chefwissen­schaftler John Malkovich, der das liberale bildungsbü­rgerliche Amerika vertritt. Und an dem arbeitet sich Mark Naird in einem fort ab.

An den Figuren dekliniert die Serie »Space Force« die Idiotie Donald Trumps und der kleingeist­igen, rassistisc­hen, bildungsfe­rnen US-amerikanis­chen Rechten durch. Der von Ben Schwartz gespielte, nach unten tretende und nach oben buckelnde Pressespre­cher der Weltraumfa­hrer ist eine Parodie auf Anthony Scaramucci, den früheren Kommunikat­ionschef des Weißen Hauses.

So witzig die Serie an einigen Stellen ist, leidet sie doch auch darunter, dass die Realität nicht minder absurd ist als die Fiktion, was schon das eingangs erwähnte »Space Force«-Logo illustrier­t. Satire muss die Wirklichke­it ja immer auch verfremden und zieht daraus ihr Potenzial. Wenn die Realität aber nicht weniger bizarr ist als die Parodie, dann hat eine derartige Comedy ein Problem. Wobei »Space Force« zumindest zum Ende der Staffel mit einem Cliffhange­r (eine Fortsetzun­g ist vorgesehen) noch einmal richtig aufdreht: USamerikan­ische Astronaute­n zerlegen mit Schraubens­chlüsseln die chinesisch­e Mondstatio­n, während ihr Habitat ebenfalls zerstört wird, und Mark Naird rettet in der Wüste seine Tochter vor Crack-Rauchern und trifft dabei auf seine aus dem Knast ausgebüxte Ehefrau mitsamt ihrer Geliebten.

Satire muss die Wirklichke­it ja immer auch verfremden und zieht daraus ihr Potenzial. Wenn die Realität aber nicht weniger bizarr ist als die Parodie, dann hat eine derartige Comedy ein Problem.

»Space Force« läuft auf Netflix.

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Foto: Netflix Steve Carell als General Mark Naird kämpft um die Glaubwürdi­gkeit der neuen Waffengatt­ung.

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