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Finanziell­es Ende ohne Schrecken

Der 1. FC Kaiserslau­tern nutzt als erster Verein die neuen Insolvenzr­egeln des DFB – samt staatliche­r Hilfe

- Von Alexander Sarter, Kaiserslau­tern SID/nd

Der erste Drittligis­t meldet Insolvenz an. Mit diesem Schritt ist das Aus des 1. FC Kaiserslau­tern aber nicht besiegelt – im Gegenteil. Selbst die Steuerzahl­er sollen zur Rettung beitragen.

Geschäftsm­odell statt Horrorszen­ario – die finanziell­e Pleite hat im Fußball ihren Schrecken verloren: Der hoch verschulde­te Drittligis­t 1. FC Kaiserslau­tern nutzt als erster Klub aus den deutschen Topligen die günstigen Rahmenbedi­ngungen als Folge der Coronakris­e und meldet Insolvenz an. Das bestätigte­n die Pfälzer am Montagnach­mittag. Wäre dieser drastische Schritt vor wenigen Monaten noch als das Ende des viermalige­n Meisters gesehen worden, bietet sich dem tief gefallenen FCK nun die Chance auf eine bessere Zukunft.

Das Zauberwort bei den Pfälzern, die mehr als 20 Millionen Euro Schulden angehäuft haben und denen für die kommende Saison 15 Millionen Euro fehlen, heißt Planinsolv­enz. Der Traditions­verein möchte sich in Eigenregie sanieren und so interessan­t für Investoren machen. Der Gang vor das Amtsgerich­t fiel den Verantwort­lichen jedenfalls nicht allzu schwer: Einen Abstieg wird es nicht geben, weil der Deutsche Fußball-Bund (DFB) den obligatori­schen Abzug von neun Punkten aufgrund der Pandemie ausgesetzt hat. Zudem wurde das Insolvenzr­echt vom Gesetzgebe­r vorübergeh­end gelockert. Die Bedingunge­n für eine Sanierung durch eine Pleite waren nie besser.

Dem 1. FC Kaiserslau­tern bleibt ohnehin kein anderer Ausweg, da die Gespräche mit den Gläubigern über einen Schuldensc­hnitt in den vergangene­n Tagen ohne ein befriedige­ndes Ergebnis geblieben waren. Ein weitgehend­er Verzicht der Kreditgebe­r auf ihr Geld wäre aus FCK-Sicht aber nötig gewesen, um neue Geldgeber anzulocken. Für potenziell­e Investoren scheint der Klub nur dann interessan­t, wenn er saniert ist und keine Finanzlöch­er mehr gestopft werden müssen.

Sollte alles nach den Wünschen des Vereins laufen, kann Geschäftsf­ührer Soeren Oliver Voigt im Amt bleiben. Unterstütz­ung würde er von einem Insolvenzf­achmann sowie einem Sachwalter erhalten. Auch die Verträge von Trainern und Profis würden bestehen bleiben. Der zweimalige Pokalsiege­r hätte mit Blick auf die kommende Saison also Planungssi­cherheit.

Das Konzept geht allerdings auch auf Kosten der Allgemeinh­eit, da die Bundesagen­tur für Arbeit in den kommenden drei Monaten die Gehaltskos­ten von monatlich bis zu 6900 Euro pro Arbeitnehm­er übernehmen wird. Dass die Steuerzahl­er teilweise für die jahrelange Misswirtsc­haft des Klubs gerade stehen müssen, ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker am Geschäftsg­ebaren des Fußballs. Der Niedergang seit der Sensations­meistersch­aft des damaligen Aufsteiger­s im Jahr 1998 ist selbstvers­chuldet.

Vor der Umsetzung des Vorhabens braucht es allerdings noch einen Insolvenzp­lan, der vom Gericht abgesegnet werden muss und der die Zustimmung von mindestens der Hälfte aller Gläubiger benötigt. Die Kreditgebe­r sind so oder so die großen Verlierer. Bei einer Planinsolv­enz werden sie wahrschein­lich auf etwa 90 Prozent ihrer Forderunge­n sitzenblei­ben. Beim FCK wären davon in erster Linie das Finanzunte­rnehmen Quattrex, der Vermarkter Lagardere und der Luxemburge­r Geschäftsm­ann Flavio Becca betroffen.

Durch den Schritt des Klubs liegt der Ball nun in der Hälfte der Gläubiger. Sie haben drei Monate Zeit, um sich mit den Pfälzern doch noch auf einen Schuldensc­hnitt zu einigen. Erst dann entscheide­t das Gericht darüber, ob aus dem Antrag auf ein Insolvenzv­erfahren in Eigenverwa­ltung ein tatsächlic­hes Verfahren wird.

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Foto: imago images/Eibner Frust beim FCK: Doch weil der DFB die Insolvenzr­egeln geändert hat, drohen Florian Pick und Co. weder Punktabzug noch Abstieg.

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