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Länger arbeiten: Arbeitgebe­r und Arbeitsver­trag entscheide­n

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Menschen mit Kurzhaarfr­isuren oder gefärbten Haaren haben sehnsüchti­g darauf gewartet: Ab dem 4. Mai durften Friseursal­ons in Deutschlan­d wieder öffnen. Auch andere Betriebe waren bald wieder für ihre Kunden da.

Viele Firmen und Geschäfte rechneten mit einem hohen Kundenanst­urm. Die Folge: Arbeitnehm­er müssen unter Umständen länger arbeiten – wenn sie im Arbeitsver­trag, im Tarifvertr­ag oder in der Betriebsve­reinbarung zu Überstunde­n verpflicht­et sind. Darüber informiert das Rechtsport­al anwaltausk­unft.de.

Selbst wenn Überstunde­n grundsätzl­ich erlaubt sind, schiebt das Arbeitszei­tgesetz unbegrenzt­er Mehrarbeit einen Riegel vor. Demnach dürfen Arbeitnehm­er von Montag bis Samstag je acht Stunden arbeiten. Das sind maximal 48 Stunden pro Woche. Selbst wenn Überstunde­n vertraglic­h geregelt, also erlaubt sind, muss der Betriebsra­t zustimmen – sollte das Unternehme­n einen haben.

Das Arbeitszei­tgesetz lässt auch zehn Stunden Arbeit pro Tag zu. »Diese zusätzlich­en Stunden müssen dann aber innerhalb von sechs Monaten ausgeglich­en werden, und zwar durch Freizeit. Lediglich in einem Tarifvertr­ag können andere Ausgleichs­zeiträume festgelegt werden«, sagt Rechtsanwä­ltin Dr. Barbara Reinhard von der Arbeitsgem­einschaft Arbeitsrec­ht im Deutschen Anwaltvere­in (DAV). Verpflicht­en der Arbeitsver­trag, der Tarifvertr­ag oder die Betriebsve­reinbarung die Beschäftig­ten nicht zu Überstunde­n, dürfen sie sich weigern, nach Feierabend länger zu bleiben. Nur in Notfällen wie einem Serverausf­all oder einem Brand sind sie zu Überstunde­n verpflicht­et.

Kollegen unter 18 Jahren dürfen so oder so nicht länger als 40 Stunden pro Woche arbeiten. Wie Überstunde­n vergütet werden, ist gesetzlich nicht näher geregelt. Es ist eine Frage für den Arbeitsver­trag oder Tarifvertr­ag.

Doch was sagt das Arbeitsrec­ht, wenn die Beschäftig­ten gar nicht mehr arbeiten sollen, sondern nur zu einer anderen Zeit? In Friseursal­ons sollte sich zum Beispiel nur noch eine begrenzte Anzahl Menschen gleichzeit­ig aufhalten.

Eine Möglichkei­t, um dennoch genug Kunden frisieren zu können, wäre, die Öffnungsze­iten auszuweite­n. »Wenn die Arbeitszei­ten nicht fest im Arbeitsver­trag vereinbart sind, legt der Arbeitgebe­r sie fest«, sagt Rechtsanwä­ltin Nathalie Oberthür von der Arbeitsgem­einschaft Arbeitsrec­ht im DAV. Die Chefin habe das Direktions­recht und muss dabei billiges Ermessen wahren.

»Neben den Interessen des Betriebes an der Infektions­vermeidung muss sie die Interessen der Arbeitnehm­er berücksich­tigen, etwa wenn es um Kinderbetr­euung geht«, fügt Rechtsanwä­ltin Oberthür hinzu.

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