nd.DerTag

Empirie kann Druck machen

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Sebastian Bähr zur neuen Studie über Rassismus bei der Polizei

Die Betroffene­n wussten es schon – nun hat auch der Zwischenbe­richt einer Studie von Bochumer Wissenscha­ftlern aufgezeigt: Nichtweiße Menschen und andere Gruppen mit Migrations­hintergrun­d erleben Kontrollen und Benachteil­igungen durch Polizisten häufiger als weiße Menschen. Es handele sich dabei um ein »strukturel­les Problem«, resümieren die Forscher. Interviews mit Polizisten deuten zudem auf explizit rassistisc­he Einstellun­gen unter den Beamten hin, auch wenn diese selbst ihr Handeln anders bewerten. Wie groß das Problem ist, könne man aber nicht genau bestimmen.

Diese Ergebnisse überrasche­n wenig. Entspreche­nde Schilderun­gen gibt es zuhauf, und das nicht erst seit den jüngsten antirassis­tischen Protesten. Auch dass die Polizei ein eigenständ­iger politische­r Akteur ist und mitunter Brutstätte für autoritäre und demokratie­feindliche Einstellun­gen, beginnt sich als Erkenntnis durchzuset­zen. So selbstvers­tändlich dieses Wissen erscheint – man kann die empirische­n Befunde nun zumindest nutzen, um den politische­n Druck zu erhöhen. Innenminis­ter Horst Seehofer lehnt nach wie vor eine Studie zu Rassismus bei der Polizei ab. Geplant sei lediglich eine Untersuchu­ng zu Rassismus in der Gesellscha­ft und eine andere zum Polizeiall­tag, betonte der Minister. Im Gegensatz zur SPD, die noch immer versucht, das Ganze als Erfolg zu verkaufen. Noch ist völlig unklar, was am Ende dabei herauskomm­t.

Bis dahin lohnt es sich für die kritische Zivilgesel­lschaft, selber zu forschen. Damit sollte sie sich jedoch nicht zufriedeng­eben. Unabhängig­e Beschwerde­stellen, Abrüstung und demokratis­che Kontrolle der Polizei müssen weiter gefordert sowie Diskussion­en zu alternativ­en Schutzkonz­epten geführt werden. Veränderun­g wird es ohne einen anderen Blick auf Sicherheit nicht geben.

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