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Das Virus kennt keine Grenzen, die Solidaritä­t auch nicht

Einwohner von Frankfurt (Oder) spenden der Covid-19-Klinik in der polnischen Nachbarsta­dt Słubice dringend benötigte Dinge

- ANDREAS FRITSCHE slubfurt.net

Das Hospital in Słubice benötigt für die Versorgung von Corona-Patienten einige Dinge. Spenden auch aus Frankfurt (Oder) helfen. Patienten dürfen aber nicht über die Grenze gebracht werden.

Das Krankenhau­s in der polnischen Grenzstadt Słubice ist vor ein paar Wochen kurzfristi­g zum reinen Covid-19-Hospital umgewandel­t worden. Patienten mit anderen Beschwerde­n wurden verlegt. Für das kleine Krankenhau­s mit nur 115 Betten war die schnelle Umstellung eine große Herausford­erung. Polen kam in der ersten Welle der Pandemie im Frühjahr ziemlich glimpflich davon, ist aber jetzt schwer getroffen. Es tauchten nun die Schwierigk­eiten auf, die Deutschlan­d im März und April hatte. Es fehlte erst einmal an Masken, an Desinfekti­onsmitteln, auch an Klopapier – und in der Słubicer Klinik zusätzlich beispielsw­eise an großen Müllsäcken.

Doch ein Aufruf an die Bevölkerun­g, die benötigten Dinge zu spenden, schaffte bereits einigermaß­en Abhilfe. So ist inzwischen ein Vorrat an Desinfekti­onsmitteln vorhanden, wie Geschäftsf­ührer Łukasz Kaczmarek berichten konnte. Bereitwill­ig geholfen haben nicht allein Einwohner von Słubice, sondern auch etliche Bürger der deutschen Nachbarsta­dt Frankfurt (Oder).

Michael Kurzwelly vom deutsch-polnischen Verein Słubfurt koordinier­t die grenzübers­chreitende Solidaritä­t. In einer alten Turnhalle am Brückenpla­tz von Frankfurt (Oder) nimmt er mittwochs und samstags zwischen 15 und 18 Uhr Spenden aus Frankfurt (Oder) und Umgebung entgegen und organisier­t den Transport an den Bestimmung­sort. »Wir waren beeindruck­t«, freut sich Kurzwelly über die große Spendenber­eitschaft. Noch immer werde einiges benötigt, erklärt er gegenüber »nd«. Etwa Windeln in den Größen L und XL, Feuchttüch­er, Papiertasc­hentücher und Papierhand­tücher, weiterhin große Müllsäcke, außerdem Wasser in kleinen Flaschen sowie Nachthemde­n und Unterwäsch­e. Die Wäsche wird gebraucht, weil viele Patienten mit hohem Fieber

eingeliefe­rt werden, die ihre Kleidung schnell durchschwi­tzen. Die Angehörige­n befinden sich jedoch oftmals in Quarantäne und dürfen deshalb nicht zum Krankenhau­s kommen, um frische Wäsche zu bringen.

Listen mit den Dingen, die aktuell vonnöten sind, bekommt Kurzwelly vom Krankenhau­s übermittel­t und veröffentl­icht sie im Internet. Es handelt sich um Dinge, die jedermann auftreiben kann. Schutzanzü­ge gehören nicht dazu. Die besorgte Kurzwelly von der Stadt Frankfurt (Oder), wie er sagt.

Den ersten Anstoß zu der Hilfsaktio­n gaben laut Kurzwelly die Grünen. Auch die Linke hat gesammelt und übergab am Mittwochna­chmittag am Brückenpla­tz eine Sachspende im Wert von 800 Euro, wie der Kreisvorsi­tzende Stefan Kunath mitteilt. Seine Genossen aus dem benachbart­en Landkreis Oder-Spree haben mitgemacht. So steuerte ein Apotheker 30 Liter Desinfekti­onsmittel bei. Auch Wäsche und Windeln sind in der Sachspende enthalten. »Wenn ein befreundet­er Nachbar in Not ist und du helfen kannst, dann tust du es«, begründet Kunath

das Engagement. Der 31-Jährige ist für die Bundestags­wahl 2021 nominiert und möchte die Situation auch politisch einschätze­n. »Wir in der Grenzregio­n spüren besonders stark die mangelhaft­e Abstimmung zwischen Deutschlan­d und Polen in der Corona-Pandemie«, bedauert er. »Bisher scheitert eine grenzübers­chreitende Gesundheit­sversorgun­g am bürokratis­chen Klein-Klein. Das fällt uns jetzt auf die Füße.«

Es gab zuvor Zeitungsbe­richte darüber, dass keine Einigung über den Rettungsdi­enst erzielt werden konnte. Sinnvoll wäre es, Patienten immer in das nächstgele­gene Krankenhau­s zu bringen, egal, ob sich die Klinik nun auf deutscher oder polnischer Seite der Oder befindet. Corona-Patienten aus Słubice auch im Klinikum in Frankfurt (Oder) zu behandeln, scheitert offenbar daran, dass die polnische Krankenkas­se NFZ, das ist der Nationale Gesundheit­sfonds, die höheren deutschen Rechnungen nicht so einfach bezahlen könnte.

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