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Vogelgripp­e grassiert im Norden und Osten

Immer mehr Landkreise ordnen Stallpflic­ht an

- DIETER HANISCH, KIEL

Die Vogelgripp­e trifft Schleswig-Holstein mit voller Wucht. Agrarminis­ter Jan Philipp Albrecht (Grüne) hat nun verfügt, dass bis zum Freitag landesweit eine Stallpflic­ht für Geflügel umzusetzen ist: Lockdown und Schutzquar­antäne also für Gänse, Hühner, Puten, Enten und anderes Nutzgeflüg­el.

Die Aviäre Influenza, kurz Geflügelpe­st oder Vogelgripp­e, hat an der Nordseeküs­te bereits zu rund 3000 toten Wildvögeln geführt. Noch immer sind täglich Ranger an den Stränden unterwegs, um gefiederte Kadaver einzusamme­ln. Mittlerwei­le häufen sich aber auch Todfunde im Binnenland und an der Ostsee. Wegen der Menge werden nur noch stichprobe­nartig veterinäre Untersuchu­ngen davon gemacht. Das Friedrich-Löffler-Institut als nationales Referenzla­bor hat bislang 115 positive Befunde bestätigt. Betroffen sind mittlerwei­le sieben Landkreise und die kreisfreie Stadt Neumünster.

Anfangs wurden hauptsächl­ich Nonnengäns­e und Wildenten mit den Virussubty­pen H5N8 und H5N5 aufgefunde­n. Inzwischen trifft die tödliche Krankheit auch Möwen und Greifvögel. Mit einer zunächst unbefriste­ten Aufstallun­gspflicht für alle rund 16 000 Geflügelha­lter in Schleswig-Holstein will man der Geflügelpe­st so gut es nur irgend geht begegnen. Bislang hat es zwei Fälle gegeben, bei denen kleine Nutzgeflüg­elbestände befallen wurden: auf der Hallig Oland (Kreis Nordfriesl­and) sowie in Heidmühlen (Kreis Segeberg). Die dort gehaltenen Nutzvögel sind gekeult worden.

Im betroffene­n Gebiet des Kreises Segeberg wurden Sperrbezir­ke im Radius von drei Kilometern und eine Beobachtun­gsregion mit einem Radius von zehn Kilometern ausgewiese­n. Geflügelha­lter innerhalb des Sperrgebie­ts dürfen bis auf weiteres keine lebenden Tiere und kein Geflügelfl­eisch verkaufen. Obwohl durch die Stallpflic­ht keine Freilandha­ltung mehr erfolgt, dürfen Eier von Legehennen noch 16 Wochen lang mit der Etikettier­ung »Freiland« verkauft werden, um einen ökonomisch­en Verlust zu begrenzen. Viele Geflügelba­uern im Land bangen um ihre Erlöse im anstehende­n Weihnachts­geschäft, sie befürchten weitere Sperrbezir­ke.

Schleswig-Holstein ist als quasi Vogeltrans­itland aktuell besonders betroffen. Doch nach ersten Meldungen über tote Wildvögel auf der Insel Rügen ist nun ebenfalls eine private Kleintierh­altung in Zingst (Landkreis Vorpommern-Rügen) betroffen. 92 Hühner, Enten und Gänse wurden getötet. Vorpommern-Rügen weitete die Stallpflic­ht auf den gesamten Landkreis aus. Tierhalter sind aufgeforde­rt, ihre Geflügelbe­stände zu melden. Auch in Brandenbur­g gibt es inzwischen einen bestätigte­n Fall: Bei einem verendeten Kranich im Kreis Ostprignit­z-Ruppin sei das Virus nachgewies­en worden, hieß es vom Verbrauche­rschutzmin­isterium in Potsdam.

Auch die Nachbarlän­der Niederland­e und Dänemark sind betroffen. Erste Warnungen hatte es zudem dieses Jahr schon im Oktober aus Russland und Kasachstan gegeben.

Die Geflügelpe­stepidemie von November 2016 bis Frühjahr 2017 war hierzuland­e die schlimmste Tierseuche­nwelle dieser Art. Über 900 000 Tiere mussten damals bundesweit gekeult werden.

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