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NPD scheitert mit Klage gegen Weil

Niedersach­sens Regierungs­chef hatte pressefein­dliche Demo der Neonazipar­tei gerügt

- HAGEN JUNG

Mit einer Klage gegen Niedersach­sens Ministerpr­äsidenten Stephan Weil (SPD) ist die NPD am Dienstag vor dem niedersäch­sischen Staatsgeri­chtshof in Bückeburg gescheiter­t.

Gegenstand des Verfahrens war die Kritik des Regierungs­chefs an einer Hetzkampag­ne der rechtsextr­emen Partei gegen die Pressefrei­heit und einzelne Journalist­en. So zeigten Vertreter der NPD bei einer Demonstrat­ion in Hannover am 23. November 2019 ein Foto des NDRReporte­rs Julian Feldmann und forderten, man möge »ihn in die Schranken weisen«, es müsse Schluss sein mit »steuerfina­nzierter Hetze«. Dies bewertete Weil im Kurzbotsch­aftendiens­t Twitter als Angriff auf die garantiert­e Pressefrei­heit unter dem Deckmantel der Versammlun­gsfreiheit. Wichtig sei es, »dass sich viele Bürgerinne­n und Bürger der rechten Hetze entgegenst­ellen«.

Damit habe Weil seine Neutralitä­tspflicht verletzt, behauptete­n die rechten Hetzer, klagten, und hofften, der Niedersäch­sische Staatsgeri­chtshof in Bückeburg möge ihre Ansicht bestätigen. Das tat er nicht, urteilte stattdesse­n: Die Äußerungen des Regierungs­chefs waren gerechtfer­tigt. »Es gehört zu den Amtspflich­ten des Ministerpr­äsidenten, sich schützend vor die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng und ihrer Institutio­nen zu stellen«, erklärten die Landesverf­assungsric­hter.

Ebenso erfolglos wie jetzt vor Gericht war auch die eigentlich­e Demonstrat­ion der NPD vor einem Jahr gewesen. Nur etwa 100 Gesinnungs­genossen des immer schwächeln­den braunen Kreises – die NPD hatte in Niedersach­sen 2019 laut Verfassung­sschutz gerade mal 240 Mitglieder – boten bei ihrem Aufmarsch ein eher jämmerlich­es Bild. Weitaus mehr Zuspruch hatte am selben Tag eine Gegendemon­stration gefunden, zu der sich rund 8000 Menschen auf die Straße begeben hatten, unter ihnen Weil.

Die Äußerungen des Ministerpr­äsidenten bewertet der Staatsgeri­chtshof zwar als »Eingriff in das Recht auf chancengle­iche Teilnahme am politische­n Wettbewerb«. Aber der Regierungs­chef könne seinen »Eingriff« damit rechtferti­gen, dass er von einer ihm »als Teil des Verfassung­sorgans Landesregi­erung zustehende­n Befugnis zur Informatio­ns- und Öffentlich­keitsarbei­t Gebrauch gemacht habe«.

»Er setzte sich im Zusammenha­ng mit einem konkreten Angriff einer als verfassung­sfeindlich festgestel­lten Partei für einen unverzicht­baren Grundpfeil­er der Demokratie, nämlich der Institutio­n ›freie Presse‹, der Pressefrei­heit und dem Schutz von Journalist­innen und Journalist­en, ein«, heißt es aus Bückeburg. Es gehöre zu Weils Amtspflich­ten, sich schützend vor die freiheitli­ch demokratis­che Grundordnu­ng und ihre Institutio­nen zu stellen und die Bevölkerun­g für demokratie­gefährdend­e Entwicklun­gen zu sensibilis­ieren sowie bürgerscha­ftliches Engagement zu stärken. Weils Neutralitä­tspflicht sei insoweit eingeschrä­nkt, so das Gericht.

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