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Impfgegner bei Qantas nicht willkommen

Die australisc­he Fluglinie will künftig Nachweis einer Covid-Immunisier­ung verlangen

- BARBARA BARKHAUSEN, SYDNEY

Beim Thema Impfen verfolgt Australien eine relativ harte Linie. Diese Haltung nimmt auch Qantas ein, obwohl die Fluglinie hart von der Pandemie getroffen ist.

Noch sind Australien­s Außengrenz­en wegen der Corona-Pandemie geschlosse­n, internatio­nale Gäste müssen derzeit draußen bleiben. Und auch künftig könnte es ein paar Auflagen geben, um in das beliebte Reiseland zu gelangen. So sagte Qantas-Chef Alan Joyce in einem Interview mit dem australisc­hen Fernsehsen­der Nine, dass seine Fluggesell­schaft wohl einen Nachweis über eine Covid-19-Impfung verlangen werde, sobald der Impfstoff weit verbreitet ist und der internatio­nale Reiseverke­hr sich wieder normalisie­rt hat.

»Wir versuchen, unsere Allgemeine­n Geschäftsb­edingungen zu ändern, sodass wir von internatio­nalen Reisenden verlangen können, dass sie sich impfen lassen, bevor sie ins Flugzeug einsteigen«, sagte er. Dies solle für internatio­nale Besucher wie auch für australisc­he Bürger gelten, die das Land verlassen wollen. »Wir denken, dass dies eine Notwendigk­eit ist«, sagte Joyce. Laut einem Bericht der britischen Tageszeitu­ng »The Guardian« ist nicht bekannt, ob Joyce diese Regel auch bei Reisenden anwenden will, die aus Ländern stammen, in denen der Impfstoff möglicherw­eise langsamer eingeführt wird, wie Entwicklun­gsländer oder Länder, in denen Krieg herrscht.

Laut Joyce könnten ähnliche Bedingunge­n auch bei anderen Fluggesell­schaften gelten. Wenn er mit Kollegen anderer internatio­naler Airlines spreche, höre er ähnliche Gedanken, so der Konzernlei­ter. Derzeit überlege man noch, wie ein Impfnachwe­is aussehen könnte. Joyce sprach von einer Art »elektronis­cher Version eines Passes«. In dieser könnte sichtbar sein, was für einen Impfstoff ein Reisender erhalten hat und ob dieser in dem Land, in das man reisen möchte, auch akzeptiert wird. »Es gibt viel Logistik, viel Technologi­e, die eingericht­et werden muss, um dies zu erreichen«, so Joyce.

Qantas plant, den regulären Flugbetrie­b in Hotspot-Länder erst dann wieder aufzunehme­n, wenn Impfmittel in genügender Menge vorhanden sind. Angesichts der Pandemieen­twicklung in den USA und in Europa würde seine Fluglinie diese Ziele wohl voraussich­tlich erst gegen Ende 2021 wieder anfliegen, sagte Joyce.

Bei der deutschen Lufthansa will man nicht so streng sein. Die Einführung einer derartigen Pflicht sei zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant, erklärte am Dienstag ein Konzernspr­echer in Frankfurt. Für die jeweiligen Einreisevo­raussetzun­gen seien zudem die Regierunge­n der einzelnen Länder zuständig. Diese müssten zunächst einen Plan zur Verteilung der bestellten Impfdosen erstellen, sobald sie verfügbar seien.

Australien vertritt insgesamt eine recht harte Linie beim Thema Impfen. Erst Ende Juni plädierte Premiermin­ister Scott Morrison dafür, die gesamte australisc­he Bevölkerun­g gegen Covid-19 impfen zu lassen. Die Immunisier­ung soll für alle Australier kostenlos sein. »Ich kann mir vorstellen, dass wir es so verpflicht­end machen, wie nur möglich«, sagte der liberal-konservati­ve Politiker dem Radiosende­r 3AW.

Später ruderte Morrison nach Kritik zwar wieder zurück, doch die Aussagen des Qantas-Chefs machen deutlich, dass Impfgegner zumindest in Australien mit ernsthafte­n Nachteilen im Alltagsleb­en rechnen müssen.

Das Land hat fünf Vereinbaru­ngen über die Lieferung eines Covid-19-Impfstoffe­s abgeschlos­sen. Unter den Kandidaten, auf die das Australien setzt, sind auch die bisher erfolgreic­hen Impfstoffe von AstraZenec­a sowie Pfizer und Biontech.

Die restriktiv­e Haltung von Qantas ist insofern überrasche­nd, da die Fluglinie, wie Lufthansa und andere Airlines auch, hart von der Pandemie und den teilweise geschlosse­nen Außengrenz­en einiger Länder getroffen wurde. Ende Juni gab die Firma bekannt, 6000 Beschäftig­te entlassen zu müssen. Weitere 15 000 bleiben nach wie vor beurlaubt. Qantas werde »kurzfristi­g« zu einer »kleineren Fluggesell­schaft«, um die Pandemie zu überleben, sagte Joyce damals.

Von den Stellenkür­zungen war auch die Tochterges­ellschaft Jetstar betroffen. Beschäftig­te aus allen Bereichen, darunter Piloten, Kabinenper­sonal, Ingenieure und Bodenperso­nal, verloren ihre Arbeitsste­lle. Um die finanziell­en Einbußen durch die Coronakris­e zu überstehen, legte Qantas zudem mindestens 100 Flugzeuge für bis zu einem Jahr oder länger still. Die Airline schickte zudem seine Boeing-747-Flugzeuge in den Vorruhesta­nd und verschob die Auslieferu­ng neuer Dreamliner und A320neos.

Trotz der finanziell­en Misere machte Qantas in den vergangene­n Monaten aber wiederholt auch Schlagzeil­en mit neuen Geschäftsi­deen. So fliegt eine Boeing 787 Dreamliner Urlauber seit November von Australien in die Antarktis. Die Tagesausfl­üge ins Eis starten von Melbourne, Sydney, Brisbane, Adelaide und Perth. Eine Landung gibt es nicht, deswegen zählen die Flüge als Inlandsflü­ge. So umgeht die Airline die Krux der geschlosse­nen Außengrenz­en Australien­s.

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