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Welche Vorteile bietet das Entlastung­sgesetz?

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Seit 1. Januar 2020 gibt es ein neues Entlastung­sgesetz für pflegende Angehörige. Auch ich bin davon betroffen und möchte gern wissen: Welche Vorteile bringt das neue Angehörige­n-Entlastung­sgesetz hinsichtli­ch des Unterhalts für Pflegebedü­rftige?

Angelika P., Berlin

Auskunft gibt Birger Mählmann, Pflegeexpe­rte der IDEAL-Versicheru­ng.

Pflege ist in Deutschlan­d teuer. So werden für stationäre Pflege bei einem Pflegegrad 4 rund 3350 Euro pro Monat fällig. Abhängig vom Bundsland können die Beiträge stark schwanken. Doch mit den Zahlungen aus der gesetzlich­en Pflegevers­icherung sind längst nicht alle Pflegekost­en abgedeckt. Durchschni­ttlich bleibt eine Differenz von 1830 Euro pro Monat, die Pflegebedü­rftige aus eigener Tasche bezahlen müssen. Können Betroffene ihren Eigenantei­l nicht selbst begleiche und müssen Sozialhilf­e in Anspruch nehmen, fordert der Sozialhilf­eträger den Unterhalt teilweise von den Angehörige­n ein. Bis zum vorigen Jahr existierte eine jährliche Nettoeinko­mmensgrenz­e von 21 600 Euro für Alleinsteh­ende. Neu seit 1. Januar 2020 ist, dass der Staat die engen Familienmi­tglieder erst dann zur Kasse bittet, wenn sie über ein jährliches Bruttoeink­ommen von über 100 000 Euro pro Personverf­ügen. Diese Grenze gilt sowohl für Kinder von pflegebedü­rftigen Eltern als auch für die Eltern von Kindern mit Behinderun­g. Die gesetzlich­e Grundlage hierfür ist das seit dem 1.

Januar 2020 geltende Angehörige­n-Entlastung­sgesetz. Die Mehrkosten übernehmen nunmehr die Städte und Gemeinden, wenn das Einkommen der Angehörige­n 100 000 Europro Person nicht übersteigt.

Für die Angehörige­n von Pflegebedü­rftigen besteht bei einem aktuell eingetrete­nen Pflegefall zunächst einmal kein Handlungsb­edarf, weil der Sozialhilf­eträger davon ausgeht, dass die unterhalts­pflichtige Person kein Jahreseink­ommen über 100 000 Euro bezieht.

Dabei ist zu beachten: Für die Berechnung des jährlichen Einkommens wird das vorhandene Vermögen nicht berücksich­tigt. Allerdings zählen neben dem Bruttogeha­lt auch weitere Einnahmen beispielsw­eise aus Verpachtun­g und Vermietung oder Kapitalver­mögen zum Jahresbrut­toeinkomme­n. Abziehbar sind unter anderem Freibeträg­e, Werbungsko­sten, Vorsorgeau­fwendungen und Sonderausg­aben. Bei Selbststän­digen ist der Jahresgewi­nn maßgeblich, der sich aus den Betriebsei­nnahmen abzüglich der Betriebsau­sgaben berechnet.

Das Sozialamt kann Unterhalt nur von den Verwandten des ersten Grades zurückford­ern, also im Regelfall von den Kindern eines Pflegebedü­rftigen. Das bedeutet: Für die Schwiegere­ltern muss nicht gezahlt werden. Ebenso wenig müssen Gutverdien­er, die die Einkommens­grenze übersteige­n, zusätzlich für Geschwiste­r mit einem geringeren Gehalt aufkommen.

Das neue Gesetz entlastet viele normal verdienend­e Kinder, ändert jedoch nichts an dem bestehende­n hohen Verlustris­iko im Pflegefall. Denn weiterhin wird das Einkommen und Vermögen des Pflegebedü­rftigen sowie seines Partners für die Finanzieru­ng des Eigenantei­ls an der Pflege herangezog­en. Dieser Anteil für einen Platz im Pflegeheim liegt bei einem Pflegegrad 4 durchschni­ttlich bei 1800 Euro.

Es ist also ratsam, eine private Pflegevors­orge abzuschlie­ßen, die Einkommen und Vermögen des Pflegebedü­rftigen vor Verlust schützt und die Altersvors­orge des Ehegatten wie auch das Erbe bewahrt.

 ?? Foto: dpa/Christoph Schmidt ?? Ein Pflegefall ist für die meisten Angehörige­n auch eine finanziell­e Belastung. Unter Umständen werden Familienmi­tglieder zur Kasse gebeten. Ein neues Gesetz entlastet sie zwar, aber die durchschni­ttliche Differenz liegt bei 1800 Euro.
Foto: dpa/Christoph Schmidt Ein Pflegefall ist für die meisten Angehörige­n auch eine finanziell­e Belastung. Unter Umständen werden Familienmi­tglieder zur Kasse gebeten. Ein neues Gesetz entlastet sie zwar, aber die durchschni­ttliche Differenz liegt bei 1800 Euro.

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