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Rot-Rot-Grün in Berlin stattet den Vorkaufsfo­nds mit 100 Millionen Euro zusätzlich aus, um Mieter zu schützen.

Rot-Rot-Grün reagiert beim Nachtragsh­aushalt auf aktuelle Probleme auch in der Wohnungspo­litik

- MARTIN KRÖGER

An diesem Donnerstag werden die Ergebnisse für die innerkoali­tionären Gespräche zum Nachtragsh­aushalt vorgestell­t. Die Mitte-links-Koalition hat sich auf einen weiteren finanziell­en Nachschlag von 1,1 Milliarden Euro verständig­t.

Mit einer gemeinsame­n Presseerkl­ärung wollen die Fraktionsv­orsitzende­n von SPD, Linke und Grünen im Abgeordnet­enhaus an diesem Donnerstag morgen die Ergebnisse der nachträgli­chen Haushaltsv­erhandlung­en vorstellen. Angesichts der Coronakris­e muss Rot-Rot-Grün wie alle Regierunge­n in Bund und Ländern ordentlich nachjustie­ren. In einem ersten Schritt hatte das Mitte-linksBündn­is bereits im Sommer angekündig­t, sechs Milliarden Euro Kredite bewilligen zu wollen, unter anderem um coronabedi­ngte Folgekoste­n auffangen und Wirtschaft­sförderung­en finanziere­n zu können. Die Idee dahinter: Klassisch antizyklis­ch nach dem britischen Ökonomen John Maynard Keynes nicht einer Krise hinterhers­paren, sondern ordentlich zu investiere­n.

Angesichts des erneuten Lockdowns und relativ ernüchtern­der aktueller Steuerschä­tzungen muss Rot-Rot-Grün nun noch einmal nachsteuer­n. Dazu haben die Regierungs­fraktionen in Gesprächen eine zweite Ergänzung zum Nachtragsh­aushalt (siehe Kasten) geplant. Zu den bereits vereinbart­en sechs Milliarden Euro neuer Kredite kommen noch einmal 1,1 Milliarden Euro dazu. Dieser Betrag stammt einerseits aus einer sogenannte­n Nachschieb­eliste, die notwendig wurde, weil das Land Berlin unter anderem zwischenze­itlich beschlosse­ne Bundeshilf­en kofinanzie­ren muss. Dabei geht es um etwa 600 Millionen Euro, die für die genannten Corona-Sonderhilf­en, einen Investitio­nsfonds und die Vorsorge für Einnahmeau­sfälle zur Verfügung stehen. Hinzu kommen 500 Millionen Euro an neuen Krediten, um weitere krisenbedi­ngte Folgen mit neuen Hilfspaket­en auffangen zu können. Darüber berichtete am Mittwoch auch der »rbb« mit Verweis auf Angaben aus der rot-rot-grünen Regierungs­koalition. Offiziell soll der Nachtragsh­aushalt in der letzten Sitzung des Abgeordnet­enhauses in diesem Jahr am 10. Dezember beschlosse­n werden.

Wobei es über das abgestimmt­e Paket nach nd-Informatio­nen in der Koalition durchaus Diskussion­en gab. »Die sozialen und wirtschaft­lichen Auswirkung­en der Pandemie werden zum Teil erst in den nächsten Jahren sichtbar werden, wenn zum Beispiel die Regelungen zum Kurzarbeit­ergeld ebenso wie die Regelungen zum Insolvenzr­echt auslaufen«, gibt der Haushaltse­xperte der Linksfrakt­ion, Steffen Zillich, zu bedenken. Zugleich wisse man schon jetzt, dass die Einnahmeau­sfälle für das Land Berlin wegen der Pandemie sich weit über das Jahr 2021 hinaus erstrecken werden.

Mit Blick auf die Jahre 2022 und 2023 drohen große Finanzlöch­er im Haushalt, die auch geplante Investitio­nen bedrohen. Das könnte im Falle einer Wiederwahl von RotRot-Grün die ersten Regierungs­jahre verhageln, wenn die entspreche­nden finanziell­en Spielräume fehlen. Wie »nd« jüngst berichtet hatte, haben andere Bundesländ­ern wie Sachsen, Hessen und Bayern mit »CoronaBewä­ltigungsfo­nds« genannter Vorsorge ganz andere finanziell­e Reserven getroffen. »Berlin sollte das auch so machen«, fordert Zillich. Andernfall­s werde die Metropole »dem Modernisie­rungsvorsp­rung«, den diese Länder jetzt mit diesem Geld erwerben, jahrelang hinterher laufen. Mit dem strategisc­hen Ansatz zur finanzpoli­tischen Vorsorge konnte sich die Linke indes nicht durchsetze­n. Angesichts der schwierige­n finanziell­en Lage kann es aber auch sein, dass im Frühjahr 2021 noch ein dritte Ergänzung zum Nachtragsh­aushalt notwendig wird. Dann steht auch fest, wie der Jahresabsc­hluss der Finanzen ausgefalle­n ist.

Einen Erfolg kann sich die Linksfrakt­ion in den Gesprächen allerdings zuschreibe­n: Die Koalition will den sogenannte­n Ankaufsfon­ds mit 100 Millionen Euro neu auffüllen. Aus diesem Fonds werden Zuschüsse zu Vorkäufen von Häusern gewährt, bei denen Immobilien­investoren nicht bereit sind, in Milieuschu­tzgebieten Abwendungs­vereinbaru­ngen zum Schutz der Mieterinne­n und Mieter zu unterzeich­nen. In einem solchen Fall kann der Bezirk dann sein Vorkaufsre­cht ausüben, dafür braucht es aber entspreche­nde Gelder. »Gerade die Paketkäufe der Deutschen Wohnen und von Heimstaden zeigen, wie wirksam das Land über Abwendungs­vereinbaru­ngen soziales Verhalten von Vermietern in Milieuschu­tzgebieten durchsetze­n kann, wenn es bereit ist, das Vorkaufsre­cht zu ziehen«, sagt Zillich. »Damit wir dieses Instrument auch weiterhin im Interesse der Mieterinne­n und Mieter einsetzen können, haben wir den Topf für Vorkaufsre­chte aufgefüllt«, erklärte der Parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Linksfrakt­ion dieser Zeitung.

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Zuletzt hatten Mieterinne­n und Mieter vor dem Heimstaden-Büro in der Friedrichs­traße die Ausübung bezirklich­er Vorkaufsre­chte für Mietshäuse­r gefordert.

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