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89 Schritte gegen rechts

Kabinettsa­usschuss legt Paket gegen Rassismus und Neonazismu­s vor

- STEFAN OTTO

Nach dem Anschlag von Hanau hat die Bundesregi­erung Taten versproche­n. Nun gibt es eine Liste mit Vorhaben, die mehr Schutz für Betroffene, Änderungen im Strafrecht und mehr Forschung vorsieht.

»Rassismus zerfrisst das Fundament unserer Demokratie«, erklärte Annette WidmannMau­z (CDU) am Mittwoch in Berlin. Ein Satz, der wie eine Binsenweis­heit klingt, aber doch von erhebliche­r Bedeutung ist. Denn mit diesen Worten stellte die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung ein Maßnahmepa­ket mit 89 Punkten vor, mit dem ein Kabinettsa­usschuss den Rechtsextr­emismus bekämpfen will. Die Bundesregi­erung will damit Betroffene von Diskrimini­erung und Gewalt besser schützen und mehr Anerkennun­g für eine vielschich­tige Gesellscha­ft erlangen.

Der Ausschuss wurde nach dem rassistisc­hen Anschlag von Hanau am 20. Februar gegründet. Für die Maßnahmen soll im Zeitraum von 2021 bis 2024 mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung gestellt werden. Wenn der Haushaltsa­usschuss zustimmt, können die Mittel noch um weitere 150 Millionen Euro aufgestock­t werden.

Widmann-Mauz bezeichnet­e den Plan, Betroffene­n von Rassismus mit einem Beratungsz­entrum und einer zentralen Hotline Hilfe zu unterbreit­en, als »Meilenstei­n«. Damit werde nämlich die Sichtweise der Betroffene­n in den Mittelpunk­t gerückt.

Um einzelne Maßnahmen wurde lange gerungen, so etwa wegen der Forderung von Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey

(SPD) nach einem Demokratie­fördergese­tz, das zivilgesel­lschaftlic­hen Projekten eine dauerhafte Finanzieru­ng sichern soll. Viele Initiative­n gegen rechts klagen darüber, dass sie nur eine vorübergeh­ende Förderung erhalten, was es ihnen erschwert, dauerhafte Strukturen aufzubauen.

Der Ausschuss empfiehlt nun eine »Verbesseru­ng der rechtliche­n und haushalter­ischen Rahmenbedi­ngungen«, um solche Projekte dauerhaft zu unterstütz­en. Details eines entspreche­nden Gesetzes sollen Giffey und Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) miteinande­r besprechen.

In die Zuständigk­eit von Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) fällt der Vorschlag des Ausschusse­s, sogenannte Feindeslis­ten, mit denen Neonazis zumeist im Internet politische Gegner bedrohen, unter Strafe zu stellen. Geplant ist laut Lambrecht außerdem ein neuer Straftatbe­stand »für antisemiti­sche oder rassistisc­he Hetze«, die direkt an die Betroffene­n gerichtet ist und deshalb nicht als Volksverhe­tzung gilt. Darüber hinaus werde der Begriff »Rasse« aus dem Grundgeset­z gestrichen, kündigte die Ministerin an.

Der Ausschuss will auch eine Studie zum Alltagsras­sismus in Zivilgesel­lschaft, Unternehme­n und öffentlich­en Institutio­nen in Auftrag geben sowie eine – nach wie vor umstritten­e – Untersuchu­ng des Polizeiall­tags. In diesem Punkt hat sich Seehofer gegen jene durchgeset­zt, die eine Studie zu Rassismus bei der Polizei fordern.

In dem Ausschuss wirkten mehrere Ressorts der Bundesregi­erung unter Vorsitz von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit. Bei dem Paket handelt es sich um eine Liste von Absichtser­klärungen.

»Rassismus zerfrisst das Fundament unserer Demokratie.«

Annette Widmann-Mauz (CDU)

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