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Schule aus dem Baukasten

Friedrichs­hain-Kreuzberg baut in Rekordzeit aus Holzmodule­n Unterricht­sgebäude

- NICOLAS ŠUSTR

In neun Tagen wird ein neuer Schulbau vom Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg montiert. Möglich machen das Holzmodule, die sogar wie Möbel demontiert und woanders neu aufgebaut werden können.

Der riesige Baukran hebt gerade Modul Nummer 38 an seinen Platz. Am Mittwochvo­rmittag steht damit am fünften Tag der Montage bereits die Hälfte des Erweiterun­gsbaus der Hausburg-Grundschul­e an der Otto-Ostrowski-Straße. Die Fläche liegt im Bezirk Pankow, doch Bauherr ist Friedrichs­hain-Kreuzberg. Zwölf Klassenräu­me, Lehrerund Aufenthalt­sräume sowie einen Mensaraum umfasst das dreigescho­ssige Gebäude, das Anfang März 2021 betriebsbe­reit sein soll.

»Von der allererste­n Idee zu dem Bau auf der Schulbaume­sse 2018 bis zur Fertigstel­lung werden somit nur zweieinhal­b Jahre vergangen sein«, sagt stolz Sascha Hoke, Projektlei­ter Hochbau im Fachbereic­h Facility Management des Bezirks. Baustadtra­t Florian Schmidt (Grüne) nennt gleich drei Vorteile des in Holzmodulb­auweise erstellten Gebäudes. »Es ist ökologisch, weil es aus Holz ist, einem recyclebar­en Material mit guter Dämmung«, so der erste Pluspunkt.

Außerdem sei der Bau flexibel einsetzbar. »Das Gebäude kann mit diesen Modulen auch zu anderen Standorten weitergezo­gen werden«, erklärt Schmidt. Zunächst soll es jedoch für acht Jahre – so lange gilt die Baugenehmi­gung – der aus allen Nähten platzenden Hausburg-Grundschul­e mehr Kapazität verschaffe­n. Zu guter Letzt sei der Bau auch recht kostengüns­tig. Während die üblicherwe­ise für temporäre Schulbaute­n genutzten Stahlconta­iner nach acht Jahren verschliss­en sind, soll in diesem Fall die Nutzungsda­uer 30 Jahre betragen – inklusive mehrmalige­r Umzugsmögl­ichkeit.

Dabei müssen die herkömmlic­hen Metallcont­ainer trotz deutlich reduzierte­r Nutzungsze­it nicht einmal günstiger sein. Wegen des sehr überschaub­aren Marktes – die Anbieter könne man an einer Hand abzählen – schwankten die Preise je nach Auslastung der Hersteller extrem, berichtet Projektlei­ter Hoke. So habe ein Anbieter, der bereits für den Bezirk gearbeitet habe, bei einem fast identische­n Projekt später den doppelten Preis verlangt.

»Zentrales Thema ist die Versetzbar­keit. Deswegen sind wir auch jeden Tag hier vor Ort, um zu überprüfen, ob beispielsw­eise eine Schraube reingedreh­t wird, die wir nicht auf dem Plan haben«, erläutert Projektlei­ter Hoke. Sonst könnten beim späteren Abbau Module beschädigt werden.

6,15 Millionen Euro kostet die Errichtung des Schulgebäu­des mit einer Geschossfl­äche von 2010 Quadratmet­ern – auf die Fläche gerechnet fast ein Drittel mehr als das vom Bezirk Tempelhof-Schöneberg entwickelt­e, sogenannte Fliegende Klassenzim­mer. 2,2 Millionen Euro hatte der Bau mit 1000 Quadratmet­ern Geschossfl­äche gekostet.

»Das Fliegende Klassenzim­mer hilft uns aber nicht, weil es eine sehr große Grundfläch­e

verbraucht und relativ wenig Platz für Klassenräu­me bietet«, sagt der Friedrichs­hain-Kreuzberge­r Schulstadt­rat Andy Hehmke (SPD). Tatsächlic­h ist dort nur Platz für sechs Klassenräu­me. Außerdem müsse man auf das Verhältnis von Preis und Leistung gucken. »Was hier an Qualität entsteht, mit den drei Metern Raumhöhe in Holz«, schwärmt er. »Es wäre der Schulgemei­nschaft nicht zu vermitteln, acht Jahre im Metallcont­ainer untergebra­cht zu sein«, so Hehmke. Allein im Ortsteil Friedrichs­hain würden bis zur Mitte des Jahrzehnts 1000 neue Grundschul­plätze benötigt, erklärt er.

Fortschrit­te gibt es von der Brache zwischen Langer Straße und Eisenbahnv­iadukt westlich des Ostbahnhof­s zu vermelden. Ende letzen Jahres hat der Bezirk beschlosse­n, das rund 27 000 Quadratmet­er messende Areal im Eigentum des Investors CESA Investment GmbH als Gemeinbeda­rfsfläche für eine neue Grundschul­e auszuweise­n. Inzwischen gibt es einen Entwurf mit gestapelte­r Nutzung inklusive Turnhalle, bei dem für die geplante zweizügige Schule 5000 Quadratmet­er Grundfläch­e ausreichen würden. »Es wird ein sehr spezieller Bau, bei dem auch die Dachfläche pädagogisc­h genutzt wird«, sagt Andy Hehmke. Die Senatsbild­ungsverwal­tung habe inzwischen schriftlic­h versichert, dass sie den Entwurf für realisierb­ar hält. »Die Grundstück­seigentüme­r sind zumindest offen für eine Lösung«, sagt der Schulstadt­rat. »Wir hoffen, demnächst ein städtebaul­iches Werkstattv­erfahren zu starten«, kündigt Baustadtra­t Schmidt an.

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