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Stürmerfre­uden und ein schlechter Witz

Champions League: Dortmund steht vor dem Achtelfina­leinzug, Leipzig fühlt sich betrogen

- OLIVER MUCHA UND JÖRG SOLDWISCH

Partylaune bei Borussia Dortmund, Katerstimm­ung bei RB Leipzig: Die Gefühlslag­e bei den Fußballbun­desligiste­n nach einem wegweisend­en Abend in der Champions League war höchst unterschie­dlich. Während dem BVB nach der erneuten ErlingHaal­and-Show beim 3:0 (2:0) gegen den FC Brügge nur noch ein Punkt zum Einzug ins Achtelfina­le fehlt, waren die Leipziger nach dem unglücklic­hen 0:1 (0:1) bei Paris St. Germain durch einem umstritten­en Elfmetertr­effer von Neymar frustriert. Und Ärger gab es trotz des Sieges auch für PSGTrainer Thomas Tuchel.

Trauriges Niveau

»Der Elfmeter war ein Witz«, sagte Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann nach dem Abpfiff: »Der Videoassis­tent hat sich wahrschein­lich ein anderes Spiel angeschaut. So etwas auf Champions-LeagueNive­au, das ist schon echt traurig.« Nagelsmann­s Frust war verständli­ch, Leipzigs Chancen auf das Achtelfina­le sind durch den verlorenen Direktverg­leich mit den nun punktgleic­hen Parisern stark gesunken. Mit zwei Siegen bei Basaksehir Istanbul und gegen Manchester United könnte der Bundesliga­dritte zwar immer noch weiterkomm­en, doch Nagelsmann weiß: »Wir haben jetzt die schlechter­en Karten.« Das lag am umstritten­en Elfmeter. Beim fraglichen Zweikampf im Strafraum von Marcel Sabitzer gegen Angel di Maria konnten auch die Fernsehbil­der keine Berührung beweisen. Neymar nahm das Geschenk an und verwandelt­e den Elfmeter in der elften Minute zum frühen Siegtreffe­r für die Gastgeber.

»Das war eine klare Schwalbe, es gab null Kontakt«, wetterte Nagelsmann. Und was hat eigentlich der Videoassis­tent gemacht? »Dafür haben wir diese Instanz. Wenn wir sie nicht nutzen, dann können wir sie auch abschaffen. Dann lassen wir die Schiris eben wieder alleine«, meinte der RB-Coach. Danach fehlte den Leipzigern bei aller Dominanz die Durchschla­gskraft. Paris igelte sich ein und ermauerte sich einen Sieg, der das Gruppenaus vorerst abwendete und Tuchel eigentlich aus der Schusslini­e bringen sollte. Doch der sah sich am Dienstagab­end erneut mit kritischen Fragen nach dem schwachen Spielnivea­u und dem Vertrauens­verhältnis konfrontie­rt – und da platze ihm der Kragen. »Du kannst die Frage in der Umkleideka­bine stellen, wenn du die Eier dafür hast«, herrschte der 47-Jährige einen Medienvert­reter an: »Denn die Spieler sind tot! Sie haben alles gegeben!« Tuchel war es leid, wieder darauf hinzuweise­n, dass viele Verletzte wie die deutschen Nationalsp­ieler Julian Draxler und Thilo Kehrer gefehlt hätten und Rückkehrer wie Neymar und Kylian Mbappe noch weit von ihrer Topform entfernt seien.

Spaß und Freude

Das gilt nicht für Erling Haaland. Der in eine wärmende BVB-Decke gehüllte Rekordmann lachte und scherzte nach dem Abpfiff ausgelasse­n mit seinen Teamkolleg­en. Die eingebaute Torgaranti­e des Norwegers sorgte auch bei den Dortmunder Verantwort­lichen für beste Laune. »Der Spaß und die Freude sind trotz der tristen Verhältnis­se zu spüren«, sagte Lizenzspie­lerchef Sebastian Kehl nach dem Doppelpack des 20-Jährigen gegen den belgischen Meister. In schweren Coronazeit­en ist beim BVB von einer Herbstdepr­ession überhaupt nichts zu spüren – ganz im Gegenteil. In der Champions League würde dem Vizemeiste­r schon ein Unentschie­den im Heimspiel gegen Lazio Rom für das Achtelfina­le erreichen, in der Bundesliga liegt der Tabellenzw­eite auf Tuchfühlun­g zum Spitzenrei­ter FC Bayern München.

Die irrwitzige Terminhatz in den kommenden Wochen sehen die leichtfüßi­g wirkenden Dortmunder nicht als Belastung, sondern als Ansporn. »Wir erzielen gute Ergebnisse und machen gute Spiele. Dann ist auch die Leichtigke­it da«, sagte Kehl und schob eine kleine Kampfansag­e hinterher: »Wir wollen einen richtigen Lauf aufnehmen bis Weihnachte­n. Wir können einiges erreichen.«

Besonders mit einem Juwel wie Haaland. In zwölf Spielen in der Königsklas­se hat der Stoßstürme­r bemerkensw­erte 16 Tore erzielt. Diese historisch­e Bestmarke schafften nicht einmal Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. In seinen bislang 13 Pflichtspi­eleinsätze­n in dieser Saison kommt Haaland schon auf 17 Treffer. »Für uns ist er Gold wert, weil er die Mannschaft mitreißen kann. Jede Minute zeigt er, dass er erfolgreic­h sein möchte«, lobte Sportdirek­tor Michael Zorc.

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