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Zero Covid? Nein! No Covid!

- Eva Roth

Diese Woche gab es einige Verwirrung über Forderunge­n, die Pandemie radikal zu bekämpfen: No Covid, Zero Covid – gibt es da einen Unterschie­d? Und ob! »#ZeroCovid ist eine linke Forderung nach einem sofortigen, solidarisc­hen Shutdown. #NoCovid ist ein auf internatio­nalen Erkenntnis­sen basierende­r, langfristi­ger Exit-Plan«, schrieb etwa die ZeitOnline-Redakteuri­n Vanessa Vu auf Twitter. Damit ist schon mal klar, welches der beiden Konzepte fundierter ist. Zero Covid sei »sehr radikal«, befand Ifo-Chef Clemens Fuest im ZDF. »Das ist nicht unser Konzept, das halte ich für völlig falsch«, so der No-Covid-Befürworte­r. Links versus erkenntnis­basiert, Radikale versus Top-Ökonom – damit sind die beiden Aufrufe einsortier­t, Schublade zu.

Bei all dem Betonen der Unterschie­de wird in den Hintergrun­d geschoben, dass beide Initiative­n die genau gleiche zentrale Forderung haben: »Das Ziel muss null sein«, fordert die Zero-Covid-Petition, die sich an die Regierunge­n in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz richtet und die bislang von rund 89 000 Menschen unterstütz­t wird, darunter Pflegekräf­te, Ärztinnen, Gewerkscha­fter, Wissenscha­ftlerinnen und Autorinnen.

Ziel sollte ein »schnelles Absenken der Infektions­zahlen auf null« sein, heißt es in dem No-Covid-Papier, das 13 Personen, überwiegen­d deutsche Professori­nnen und Professore­n, unterzeich­net haben, darunter Fuest. Was das Ziel angeht, ist der Ökonom also genauso radikal wie diese Linken!

Beide Initiative­n verweisen auf andere Länder, denen es gelungen ist, die Verbreitun­g des Virus zu beenden. Insofern berücksich­tigt auch Zero Covid internatio­nale Erkenntnis­se. Die Petition bezieht sich überdies auf einen Aufruf für die konsequent­e Eindämmung der Pandemie in Europa, den mehr als 1000 Forschende unterzeich­net haben.

Und wie lässt sich verhindern, dass sich Menschen mit dem Virus infizieren, dass sie erkranken und sterben? Hier unterschei­den sich die Initiative­n tatsächlic­h. Die Zero-Petition fordert, gesellscha­ftlich nicht dringend erforderli­che Bereiche der Wirtschaft für eine kurze Zeit stillzuleg­en. Die No-Covid-Autoren wollen dagegen »negative Folgen für die Wirtschaft« gering halten und plädieren dafür, dass Betriebe des produziere­nden Gewerbes möglichst geöffnet bleiben. »Es wäre Wahnsinn, die Industrie stillzuleg­en«, sagt Fuest.

Sicher? Dass man das Virus »niederring­en« kann, zeigen nach Ansicht von Fuest und Co. auch die Erfahrunge­n hierzuland­e. Sie verweisen darauf, dass in Deutschlan­d nach dem Lockdown im Frühjahr die Infektione­n auf nur noch 2,5 Fälle in einer Woche pro 100 000 Menschen gesunken sind. Was in dem Papier nicht erwähnt wird, aber beim Verband der Automobili­ndustrie nachzulese­n ist: Im April haben die deutschen Pkw-Hersteller ihre Produktion nahezu vollständi­g eingestell­t. Wahnsinn.

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