nd.DerTag

Antifaschi­stin

- Andreas Fritsche

Noch nie hatte die brandenbur­gische Abgeordnet­e Andrea Johlige (Linke) den Landtagsvi­zepräsiden­ten Andreas Galau (AfD) zu Beginn ihrer Reden im Parlament begrüßt. Andere hatten auch darauf verzichtet. Doch jetzt legt er Wert darauf und verteilt Ordnungsru­fe, wenn es unterlasse­n wird. Am Mittwoch erwischte es Marlen Block (Linke), am Donnerstag dann Johlige. Die 43-Jährige sagte, sie sei ihrem Gewissen verpflicht­et und könne niemandem ihre Ehrerbietu­ng erweisen, der sich mit Rechtsextr­emen und Antisemite­n treffe und dem das Verfassung­sgericht bescheinig­t habe, dass er sein Amt nicht neutral ausübe. Galau sprach daraufhin von einer »Respektlos­igkeit«, entzog Johlige das Wort und verwies sie des Saals. Linksfrakt­ionschef Sebastian Walter, der sich über diese drastische Maßnahme beschwerte, kassierte ebenfalls einen Ordnungsru­f.

Schließlic­h wurde die Sitzung für eine Stunde unterbroch­en. Das Präsidium entschied in dieser Zeit einstimmig, dass Johlige nur einen zweiten Ordnungsru­f bekommt und ihre Rede halten darf. Im zweiten Anlauf sprach die Frau mit den roten Haaren den AfD-Politiker dann mit »Herr Vizepräsid­ent« an, wie es parlamenta­rische Sitte ist.

»Ich nehme zur Kenntnis, dass das Präsidium entscheide­t, dass an dieser Stelle eine Gewissense­ntscheidun­g nicht zählt«, sagte Johlige am Freitag. »Der Grundfehle­r war, so einen Mann in so ein Amt zu wählen. Was dabei rauskommt, sieht man jetzt.«

2019 hatte Galau bei seiner Wahl zum Vizepräsid­enten 36 Stimmen erhalten und damit mehr, als die AfD Abgeordnet­e hat. Es gab in geheimer Abstimmung 31 Enthaltung­en und 20 Nein-Stimmen. Die Grünen schlossen damals aus, dass jemand von ihnen für Galau stimmte. Die Linke hatte angekündig­t, ihn geschlosse­n abzulehnen.

Andrea Johlige sitzt seit 2009 im Landtag. Als Jugendlich­e in Dessau musste sie in den 1990er Jahren mehrfach vor Neonazis flüchten. Wegen ihres Engagement­s für Asyl und Antifaschi­smus wird sie immer wieder beleidigt und bedroht.

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Foto: dpa/Bernd Settnik Andrea Johlige

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