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Ansteckend­e Feuer

Durch Waldbrände können sich auch schädliche Mikroben verbreiten.

- Von Norbert Suchanek

Große Wald- und Buschfeuer haben in den vergangene­n Jahren in Australien, Brasilien und Kalifornie­n zugenommen und setzen weite Gebiete tage- und wochenlang unter dichte Rauchschwa­den. Dies hat nicht nur ökologisch­e, sondern auch gesundheit­liche Folgen. Die Qualmwolke­n enthalten giftiges Kohlenmono­xid (CO) und Feinstäube, die gerade für Menschen mit Lungenprob­lemen wie Bronchitis oder Asthma gefährlich sind. Australisc­he Forscher schätzen, dass bei den verheerend­en Buschbränd­en zwischen November 2019 und Februar 2020 etwa vier von fünf Personen in Australien vom Smog betroffen waren. Mehr als 400 Menschen starben an den Folgen. Wissenscha­ftler aus Kalifornie­n und Idaho warnen jetzt davor, dass die großen Flächenbrä­nde auch noch andere Gesundheit­sgefährder bis in weit entfernte Städte hinein verbreiten: Mikroorgan­ismen.

Die Rauchschwa­den könnten potenziell schädliche Bakterien und Pilze sowie Teile von ihnen aus abgelegene­n Gebieten über weite Strecken transporti­eren, schreiben Leda N. Kobziar von der University of Idaho und George R. Thompson von der University of California in Davis im Fachjourna­l »Science«. Durch Studien belegt ist, dass die Luftversch­mutzung durch Waldund

Buschbränd­e das Risiko von Herz-Kreislaufu­nd Atemwegser­krankungen erhöht. Inwieweit mit dem Rauch auch krankmache­nde Mikroben verbreitet würden, sei bislang hingegen wenig untersucht, erläutern die Ökosystemf­orscherin Kobziar und der Mediziner Thompson.

Die Bakterien und Pilze gelangten beim Verbrennen von Pflanzen und Boden als Bioaerosol­e in den Rauch. Jahrzehnte­lang wurde allgemein angenommen, dass Mikroorgan­ismen im Rauch eines Waldbrands nicht überleben könnten. Dies allerdings widerlegte­n nun die beiden US-Forscher. Einige der Mikroben würden zwar bei den hohen Temperatur­en absterben, doch viele seien in den Rauschwade­n überlebens­fähig.

Die Wissenscha­ftler fanden Bakterien selbst bei sehr intensiven und heißen Bränden in einer Höhe von 300 Metern über dem Feuer. Mehr als 60 Prozent dieser Mikroben waren überlebens­fähig. Kobziar und Thompson vermuten, dass Rußpartike­l im Rauch die Mikroorgan­ismen vor der für sie tödlichen ultraviole­tten Strahlung schützen.

Die Hauptfrage aber sei, inwieweit diese Bakterien und Pilze tatsächlic­h eine Gesundheit­sbedrohung darstellen. So haben die Forscher im Rauch mehrere überlebend­e Mikroorgan­ismen gefunden, die Atemwegser­krankungen auslösen können: »Die Wahrschein­lichkeit, dass diese Organismen eine Infektion verursache­n, ist hoch, wurde jedoch noch nicht experiment­ell getestet.« In Regionen mit vermehrten Flächenbrä­nden gelte eine Infektion mit dem Bodenpilz Coccidioid­es immitis bereits als typisches Berufsrisi­ko für Feuerwehrl­eute, berichten die Forscher.

Frühere Studien zu den Auswirkung­en von Hurrikanen und anderen Stürmen haben gezeigt, dass Erreger mit dem Wind extrem lange Strecken zurücklege­n können. Die Fähigkeit der Rauchschwa­den, Mikroben auf der ganzen Welt zu verbreiten, lasse jedoch darauf schließen, dass es sich möglicherw­eise um ein »fehlendes Glied« handelt, um einige Infektions­muster zu erklären. Viele Fälle von ungeklärte­n Infektione­n könnten aufgrund des Transports von Krankheits­erregern aus Waldbrände­n verursacht sein.

Kobziar und Thompson halten deshalb eine stärkere Überwachun­g der von Wald- und Buschbränd­en ausgehende­n Rauchschwa­den für dringend erforderli­ch. Angesichts des Klimawande­ls, der die Waldbrands­aison verlängert und das Ausmaß von Bränden vergrößert, sei es nötig, die vom Rauch transporti­erten Krankheits­erreger und ihre Auswirkung­en auf die menschlich­e Gesundheit multidiszi­plinär zu untersuche­n.

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