Die gesamte Überwachung unter die Lupe nehmen
Vom Staats trojaner bis zurKont rolle von Sozi alle istungsbeziehern: Der Staatüb erwacht die Bürger intensiv. Experten fordern einen Überblick über die Maßnahmen
Inder Parlaments anhörung am Montag ginge s auch um eine»Üb er wachungs gesamt rechnung «. Sie könnte deutlich machen, was der Staat über uns weiß.
Üb er wachungs gesamt rechnung–was für ein Wort. Es füllt hier fast eine Zeile und ist als Konzept bisher weitgehend unbekannt. Dabei ist die Idee dahinter eigentlich ganz einfach. Zahlreiche staatliche Maßnahmen tragen zur Überwachung der Bürger bei. Das fängt bei Maßnahmen wie der Einführung von Online durchsuchungen mit Hilfe von Staats trojanern oder der Vorrats datenspeicherung an und geht bis zur Offenlegung von persönlichen Daten und der Kontrolle der Lebensverhältnisse von Empfängern von Sozialleistungen. Der Staat hat Zugriff auf allerlei Daten der Bevölkerung und kann sich daraus, ein ziemlich gutes Bild von einzelnen Menschen machen.
Dies sa hauch schon das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Vorrats datenspeicherung ausgeführt, dass der Gesetzgeber beider Einführung neuer Speicher pflichten» in Blick auf die Gesamtheit der verschiedenen schon vorhandenen Datensammlungen zu größerer Zurückhaltung« verpflichtet sei. Die» Fr ei heits wahrnehmung der Bürger« dürfe nicht» total erfasst und registriert« werden. Dies stehe der »verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik Deutschland« entgegen. Aus dieser Entscheidung lässt sich ableiten, dass der Staat vor der Einführung neuer Maßnahmen, die zur Überwachung beitragen, einen Überblick über bestehende Maßnahmen braucht. Das sieht auch Martina Renner von der Linken so, die am Montag an der Veranstaltung des Bundestags innenausschusses zurÜb er wachungsge samt rechnung teilnahm .» Die Anhörung hat vor Augen geführt: Es gibt einfach nirgendwo einen Überblick über den Umfang und die Nutzung von Befugnissen, mit denen Polizei und Geheimdienste in unsere Grundrechte eingreifen«, erklärt die Innenpolitikerin. Renner fordert, es dürfe nicht bei einer »einmaligen, umfassenden Bilanz« bleiben. Die Bundesregierung dürfe sich nicht weiter weigern ,» Daten und Fakten zu Grundrechts eingriffen zuliefern «. Nur mit solchen Daten sei es dem Parlament möglich, »die Auswirkungen vonSic her heits gesetzen auch wirklich einzuschätzen«.
Beantragt worden war die Anhörung von der FDP, die die Bundesregierung auffordert, eine Methodik für die Einführung einer Üb er wachungsge samt rechnung zu entwickeln. Damit wollen die Liberalen zu einer Versachlichung der Debatte um neueSic her heits gesetze beitragen. Der FDP-Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle,d er inder Debatte um dieÜb er wachungsge samt rechnung führend ist, nannte es» frustrierend «, dass bei» Befugnissen für die Sicherheitsbehörden seit Jahren dieselben Schaukämpfe geführt werden«.
Bei den gehörten Experten sorgte die Idee derÜb er wachungsge samt rechnung für Zustimmung und Skepsis. Benjamin Bremert vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein sieht im Urteil des Bundesverfassungsgericht seinen Auftrag anden Gesetzgeber, dieÜb er wachungs gesamtsituation umfassend zu prüfen. Für ihn ist es selbstverständlich, dass der Gesetzgeber sich für den Schutz von Grundrechten einsetzt.
Ähnlich äußertesic hauch der Bundes datenschutzbe auftragt eUllrichKelb er. Immer wieder habe das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren Gesetzes vorhabens tutzen müssen. Mite in erÜb er wachungs gesamt rechnung sei es möglich, Gesetze mitwissens chaftlichenMeth oden und empirisch belastbar zu überprüfen.
MarkusMöstlvond er Universität Bayreuth betrachtet dieÜb er wachungsge samt rechnung kritisch. Teilaspekte davon seien in jedem Gesetzgebungsprozess vorgesehen. Auch ein von der FDP vorgeschlagenes Sich er heitsg es etz-M oratorium hält er für falsch. Dadurch würde die Weiterentwicklung vonÜb er wachungs befugnissen gestoppt. Im Zweifel könne es zu einer» strukturellen Schutz pflichtverletzung staatlicher Organe« kommen, wenn diese ihre Maßnahmen nicht an neue Gefährdungslagen anpassen könnten.
Ralf Po scher vom Freiburger Max-Planck Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht erarbeitet seitdem vergangenen Herbste in Konzept zurOpe rationalisierung derÜb er wachungsge samt rechnung. Das Ziel: mehr Transparenz in Bezug auf staatliche Maßnahmen und die Erstellung eines Üb er wachungsba rom et ers,dasv ermitteln soll, wie intensivüb erwacht wird.