nd.DerTag

Belastete Bundeswehr

Im ersten Jahresberi­cht kommt die Wehrbeauft­ragte nicht um das Thema Munitionsk­lau herum

- DANIEL LÜCKING

Welche Schwerpunk­te und welcher Stil: Das waren die beiden großen Fragen vor der Präsentati­on des Jahresberi­chts der Wehrbeauft­ragten. Viele Fragen betrafen indes den Kommandeur des Kommandos Spezialkrä­fte Markus Kreitmayr.

Ein paar Bilder für die Presse, den Bericht lächelnd präsentier­en – ein immer gleiches Ritual in Berlin, wenn Politiker*innen ihre Arbeit in der Bundespres­sekonferen­z vorstellen. Und doch: Ein wenig Spannung machte sich im Vorfeld breit, denn es war der erste Jahresberi­cht, den Eva Högl (SPD) als Wehrbeauft­ragte verantwort­ete. Ihre sonst überwiegen­d als Mängelberi­cht aufgefasst­e Unterricht­ung möchte sie allerdings nicht ausschließ­lich mit negativen Aspekten füllen. »Ich habe mir vorgenomme­n, auch über gute Beispiele zu sprechen«, beginnt Högl. Über das, auf was man stolz sein könne, was erreicht wurde und was auf gutem Wege sei. Eine Passage, in der ein positives Beispiel auftaucht, ist der knapp einseitige Abschnitt,

in dem es um »17-Jährige in der Bundeswehr« geht. Högl hebt dort das mustergült­ige Verhalten einer Bundeswehr­einheit aus Hammelburg hervor. Im Bericht weist sie jedoch auch darauf hin, dass die Einstellun­g Minderjähr­iger eine Ausnahme bleiben müsse. Dann kommt sie zu den Zahlen: Insgesamt wurden 1148 Soldat*innen eingestell­t, die jünger als 18 waren, davon 231 Frauen. Der Anteil der 17-Jährigen liege bei sieben Prozent der Neueinstel­lungen. »Ich bin sehr kritisch, was das Engagement Minderjähr­iger in der Bundeswehr angeht«, sagte Högl auf »nd«-Nachfrage. »Ich fände es in Ordnung zu sagen: Bundeswehr erst ab Volljährig­keit.« Sie werde weiterhin ein waches Auge darauf haben. Mehr als nur beobachten will Christine Buchholz, die für die Linksfrakt­ion im Verteidigu­ngsausschu­ss arbeitet. »Es muss Schluss sein mit den teuren Werbekampa­gnen, die Jugendlich­e gezielt als Rekruten für eine Armee im Dauerausla­ndseinsatz

gewinnen wollen«, kritisiert Buchholz und fordert: »Zivile Ausbildung­sperspekti­ven statt Soldatenka­rrieren.«

Zahlreiche Fragen warf das Kommando Spezialkrä­fte auf. Nachdem mehrere Medien über die mutmaßlich­e Strafverei­telung im Amt bei der widerrecht­lichen Gewährung von Amnestie berichtet hatten, warten die Politiker*innen in Berlin derzeit auf ein Statement aus dem Verteidigu­ngsministe­rium. Die Hausspitze des KSK, allen voran der Kommandeur Markus Kreitmayr, soll KSK-Soldat*innen im Fall der Rückgabe von Waffen, Munition und Granaten Straffreih­eit zugesicher­t haben. In mehreren Pressekonf­erenzen, bei denen die Spitze des Verteidigu­ngsministe­riums den Fortgang der umfassende­n Ermittlung­en im badenwürtt­embergisch­en Calw geschilder­t hatte, war von einer Amnestie allerdings keine Rede. »Diese Sammelakti­on war bei den Vorgesetzt­en im Heer und auch im BMVg bekannt und ist bereits seit längerem Gegenstand von Ermittlung­en.«, zitiert die dpa am Dienstagna­chmittag einen Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums. Die Staatsanwa­ltschaft in Tübingen teilte dem »nd« mit, dass seit Beginn der Berichters­tattung im WDR vergangene­n Freitag »allgemeine Vorermittl­ungen« geführt werden. Diese richteten sich nicht allein gegen Kreitmayr, sondern seien »breit aufgestell­t«.

Ermittlung­en würden laufen und erste personelle Konsequenz­en wurden für »spätestens am Dienstag« angekündig­t, hieß es noch am Montag aus dem Verteidigu­ngsministe­rium. Ministerin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) ist für Mittwoch in den Verteidigu­ngsausschu­ss einbestell­t. Wehrbeauft­ragte Högl will die Antworten abwarten, die die Hausspitze derzeit im KSK sucht. Dass es weiterhin bei rein internen Ermittlung­en in der KSK-Affäre bleibt, scheint Högl hinzunehme­n. Ein Generalver­dacht gegenüber der Bundeswehr, was Rechtsextr­emismus angeht, will sie nicht ausspreche­n, aber jedem Einzelfall sei nachzugehe­n: »Die Ministerin hat selbst gesagt: Das KSK ist auf Bewährung. Die müssen jetzt hinschauen.« Innerhalb der Linksfrakt­ion sehen viele Parlamenta­rier*innen derzeit keine Zukunft für die Elitetrupp­e. »Die Halbherzig­keit im Umgang ist zu beenden. Das KSK gehört aufgelöst«, forderte Christine Buchholz.

»Ich habe mir vorgenomme­n, auch über gute Beispiele zu sprechen« Eva Högl Wehrbeauft­ragte

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Mann? Frau? Minderjähr­ig? Geklaute Munition? Die Tarnung wirft einige Fragen auf.

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