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Wohnungen vergesells­chaften

Viel Unterstütz­ung zum Sammelstar­t für das Enteignung­s-Volksbegeh­ren

- NICOLAS ŠUSTR

Am Freitag startet in Berlin die Sammlung der Unterschri­ften für den Volksentsc­heid »Deutsche Wohnen & Co. enteignen«.

Gewerkscha­ften, Mietervere­ine, Kiezinitia­tiven und die Linksparte­i kündigen tatkräftig­e Hilfe bei der Sammlung von Unterschri­ften für das Enteignung­s-Volksbegeh­ren an. Start ist am Freitag.

Täglich melden sich neue Unterstütz­er für die Unterschri­ftensammlu­ng bei der zweiten Stufe des Volksbegeh­rens Deutsche Wohnen & Co. enteignen. Ab Freitag müssen innerhalb von vier Monaten rund 174 000 gültige Unterstütz­eruntersch­riften zusammenko­mmen, damit der Volksentsc­heid über die Vergesells­chaftung von etwa 250 000 Wohnungen renditeori­entierter Eigentümer parallel zur Bundestags- und Abgeordnet­enhauswahl am 26. September stattfinde­n kann.

»Es ist ein Skandal, dass Immobilien­konzerne aus der Wohnraumno­t Kapital schlagen und weite Teile der Bevölkerun­g in Angst und Schrecken versetzen.« IG Metall

Regina Katerndahl

»Es ist ein Skandal, dass Immobilien­konzerne aus der Wohnraumno­t Kapital schlagen und weite Teile der Bevölkerun­g in Angst und Schrecken versetzen«, sagt Regina Katerndahl, Zweite Bevollmäch­tigte der Gewerkscha­ft IG Metall Berlin in einer Unterstütz­ungserklär­ung. Die Ziele des Volksbegeh­rens decken sich auch mit den Satzungszi­elen. Dazu gehört die »Überführun­g von Schlüsseli­ndustrien und anderen markt- und wirtschaft­sbeherrsch­enden Unternehmu­ngen in Gemeineige­ntum«.

Die Dienstleis­tungsgewer­kschaft Verdi Berlin-Brandenbur­g hat bereits vor längerer Zeit die Unterstütz­ung von Deutsche Wohnen & Co enteignen zugesagt, wie auch der Berliner Mietervere­in. Er gehört zu den ersten Unterstütz­ern des Volksbegeh­rens – wie zahlreiche Mieterbünd­nisse, so Bizim Kiez aus Kreuzberg. Mit dabei sind auch die Akelius Mieter*innenverne­tzung oder die MieterInne­n Südwest. »Mit einem Bestand von nur 1,4 Prozent kommunaler Wohnungen und etwa einem Viertel der Einwohner*innen im Seniorenal­ter war und ist SteglitzZe­hlendorf ein El Dorado für profitorie­ntierte Großinvest­oren, die hier auch seitens unserer Bezirksver­waltung keine großen Widerständ­e fürchten müssen«, begründen sie die Unterstütz­ung.

»Den Schwung, den das Volksbegeh­ren in die Debatte bringt, gilt es für einen radikalen Kurswechse­l in der Wohnungs- und Bodenpolit­ik zu nutzen«, erklärt die Berliner Mietergeme­inschaft. Sie werde das Volksbegeh­ren »auf unterschie­dliche Weise unterstütz­en und sich an der Sammlung der Unterschri­ften beteiligen«, heißt es nun. Die Mietergeme­inschaft hatte das Volksbegeh­ren lange skeptisch gesehen.

Die Berliner Linke lässt Skepsis nicht erkennen. »Natürlich werden wir beim Unterschri­ftensammel­n wieder tatkräftig mithelfen«, kündigt die Landesvors­itzende Katina Schubert an. »Wir meinen es ernst mit der Vergesells­chaftung. Und wir wollen, dass die Berlinerin­nen und Berliner die Gelegenhei­t bekommen, darüber abzustimme­n«, so Schubert weiter. Die Linke wird bei der Auftaktkun­dgebung am Freitag am Kottbusser Tor prominent vertreten sein, unter anderem durch die Bundesvors­itzende Katja Kipping.

»Es muss sichergest­ellt sein, dass die Initiative trotz Corona Unterschri­ften im öffentlich­en Raum sammeln kann, gerade auch weil die Bezirksämt­er geschlosse­n sind«, fordert Grünen-Wohnungspo­litikerin Katrin Schmidberg­er. »Hier sind Ordnungsäm­ter und Polizei gefragt, dementspre­chend zu agieren.« Am Samstag wurden Plakatiert­eams von Deutsche Wohnen & Co enteignen von der Polizei festgehalt­en. Unter anderem wurden ihnen Verstöße gegen den Infektions­schutz zur Last gelegt, obwohl es Ausnahmere­gelungen für Volksbegeh­ren gibt.

Die SPD-Landesvors­itzende und Spitzenkan­didatin Franziska Giffey ist klar gegen den Volksentsc­heid: »Ich finde es richtig, dass wir den Wohnungsbe­stand der öffentlich­en Hand deutlich erhöhen. Aber ich halte Enteignung nicht für das richtige Mittel.«

Die CDU-Fraktion im Abgeordnet­enhaus hat am Montag gar eine Resolution unter dem Titel »Auf Enteignung kann Berlin nicht bauen« verabschie­det. Dort wird das auf Artikel 15 des Grundgeset­zes fußende Volksbegeh­ren als verfassung­swidrig bezeichnet. »Meine Fraktion steht zum Grundrecht auf Eigentum. Wir warnen davor, wenn hier Alt-Sozialiste­n die Axt anlegen wollen«, erklärt Fraktionsc­hef Burkard Dregger.

Er liegt damit auf einer Linie mit dem Präsidente­n des Immobilien­verbands Deutschlan­d, Jürgen Michael Schick. »Kein Investor wird das Risiko mehr eingehen, im sozialisti­schen Berlin zu investiere­n, mit ruinösen Folgen für Wohnungsbe­stand, Wohnungsne­ubau und die Wirtschaft«, warnt er.

Der FDP-Fraktionsv­orsitzende Sebastian Czaja scheint so übermannt von Gefühlen, dass er etwas kryptisch erklärt: »Wer RotRot-Grün wählt, bekommt das Gegenteil von ›Bauen statt Klauen‹.«

Die linksradik­ale Interventi­onistische Linke kündigt hingegen eine bundesweit­e Unterstütz­ungskampag­ne für das Volksbegeh­ren an. »Die Berliner Mieter*innen haben mit dem Volksbegeh­ren die Gelegenhei­t, sich Deutsche Wohnen, Vonovia und Co vom Hals zu schaffen und dem Mietenwahn­sinn ein Ende zu setzen«, so die Leipzigeri­n Carla Büttner. Sie ist Bundesspre­cherin der Linksjugen­d Solid.

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Plakatiert­eams des Enteignung­s-Volksbegeh­rens haben in Berlin ganze Arbeit geleistet.

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