nd.DerTag

Fahrlässig­er Kahlschlag

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Stefan Otto über Waldschäde­n, die außer Kontrolle geraten

Der Wald wird in Deutschlan­d nicht ausreichen­d wertgeschä­tzt. Er ist für einen Spaziergan­g gut, und sein Holz wird als Rohstoff ausgebeute­t. Aber in unserem Alltag spielt er doch meistens nur als Kulisse eine Rolle, wenn wir in der Bahn oder im Auto sitzen und rausgucken. Dann mag der Anblick von abgestorbe­nen Fichten stören, der uns daran erinnert, dass es um den Wald schlecht bestellt ist. Aber über die fatalen Auswirkung­en sind wir uns oft ebenso wenig bewusst wie die Bauern in Brasilien, die den Amazonas-Regenwald abfackeln.

Tatsächlic­h leben wir in einem symbiotisc­hen Verhältnis mit dem Wald, der noch immer ein Drittel der Fläche in Deutschlan­d ausmacht. Er wird mit seinem komplexen Ökosystem gebraucht, um das Klima zu regulieren und den Temperatur­anstieg abzumilder­n. Schon die leichteren Kronenverl­ichtungen greifen empfindlic­h in seinen Lebensraum ein, weil sich durch die fehlende Verschattu­ng der Boden aufheizt. Sterben wie jetzt aber ganze Forste ab, werden auch große Mengen Kohlendiox­id freigesetz­t, was fatale Auswirkung­en hat.

Angesichts der geschädigt­en Bäume verbietet es sich eigentlich, in die noch intakten Wälder einzugreif­en. Aber überall im Land werden weiterhin die Kettensäge­n angeworfen, um Platz für Neubauten zu schaffen. Immer geht es um Wachstum und Wohlstand, auch wenn längst klar ist, dass dadurch unsere Lebensgrun­dlage aufs Spiel gesetzt wird. Selbst wenn es für den Flächenfra­ß mittlerwei­le Ausgleichs­maßnahmen gibt, auf die etwa Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) beim Dannenröde­r Forst hinweist. Aber es darf bezweifelt werden, dass die kleinen Setzlinge es schaffen, große Bäume zu werden. Längst scheint nämlich das Waldsterbe­n durch den bereits begonnenen Klimawande­l außer Kontrolle geraten zu sein.

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