Ex-Rebellenführer in Monrovia vor Gericht
Erstmals Zeugenanhörungen im Zusammenhang mit Kriegsverbrecherprozess in Liberia
Monrovia. Erstmals sind im westafrikanischen Liberia am Dienstag Zeugen im Zuge eines Kriegsverbrecherprozesses befragt worden. Ein finnisches Gericht hörte die erste Zeugin im Verfahren gegen den früheren Rebellenführer Gibril Massaquoi an, dem die Verantwortung für zwischen 1999 und 2003 begangene Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zur Last gelegt wird. Der finnische Ermittler Thomas Elfgren sprach von einem »historischen« Verfahren.
Massaquoi, der die Staatsbürgerschaft von Sierra Leone besitzt und seit 2008 in Finnland lebt, war im März 2020 festgenommen worden. Am 3. Februar 2021 hatte in Finnland ein Kriegsverbrecherprozess gegen den Ex-Anführer der Rebellenarmee Revolutionäre Vereinigte Front (RUF) begonnen.
Während der beiden Bürgerkriege in Liberia von 1989 bis 1996 sowie 1999 bis 2003 waren etwa 250 000 Menschen getötet worden. Nur wenige Menschen mussten sich bisher für die Verbrechen vor Gericht verantworten – aber niemand im Land selbst. Die Anklage wirft Massaquoi vor, Kriegsverbrechen begangen oder angeordnet zu haben, darunter Mord, Vergewaltigung, Versklavung und den Einsatz von Kindersoldaten.
Die Entscheidung der finnischen Richter, die Beweisaufnahme in Liberia selbst vorzunehmen, bezeichnete Ermittler Elfgren deshalb als historisch. Allerdings sei der Prozess gegen Massaquoi nicht mit einem internationalen Kriegsverbrechertribunal vergleichbar. »Am Ende des Tages wird ein finnisches Gericht in Finnland ein Urteil fällen.«
Massaquoi weist die Vorwürfe zurück. Er hatte 2003 vor dem Strafgerichtshof in Den Haag in einem Prozess um Verbrechen während des Bürgerkriegs in Sierra Leone ausgesagt. Im Gegenzug für seine Aussage erhielt der ehemalige RUF-Anführer Immunität für seine Rolle im dortigen Konflikt. Für die Verbrechen, derer er in Liberia beschuldigt wird, gilt die Straffreiheit nicht.