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Mehr Platz unterm Corona-Schutzschi­rm

Obdachlose sollen rasch Impfangebo­te erhalten – Priorität auch für Polizisten und chronisch Kranke

- TOMAS MORGENSTER­N Mit dpa

Berlin will jedem der 3000 Obdachlose­n in der Stadt unbürokrat­isch eine CoronaImpf­ung anbieten. Vorgezogen können sich Polizisten schützen lassen, und es gibt bald Termine für chronisch Kranke.

Der rot-rot-grüne Senat erweitert den Kreis der Personen in der Stadt, die wegen ihres erhöhten Infektions­risikos in der Covid-19Pandemie ein vorgezogen­es Impfangebo­t erhalten sollen. Wie die Senatsverw­altung für Arbeit und Soziales am Mittwoch mitteilte, soll bald auch die Impfung von obdachlose­n Menschen in einigen Einrichtun­gen der Kältehilfe ermöglicht werden. Dafür sollen in den Notunterkü­nften, die die räumlichen Möglichkei­ten und genügend medizinisc­h geschultes Personal bieten, sogenannte Impfinseln eingericht­et werden, teilte Sprecher Stefan Strauß am Mittwoch mit. Die Impfkampag­ne werde in Absprache mit der Gesundheit­sverwaltun­g derzeit mit Hochdruck vorbereite­t.

Man wolle Obdachlose unter anderem mit Flyern in mehreren Sprachen und auch in einer möglichst leicht verständli­chen Form über das Impfen informiere­n, sagte Strauß. Ein genauer Starttermi­n stehe noch nicht fest, voraussich­tlich werde man in der nächsten Woche mit den Impfungen beginnen.

Sozialsena­torin Elke Breitenbac­h (Linke) will die rund 3000 Obdachlose­n in den Notunterkü­nften mit einem Teil der bisher nicht verwendete­n Astra-Zeneca-Dosen gegen Corona impfen lassen. »Es ist in der aktuellen Situation nicht hinnehmbar, dass Impfdosen ungenutzt herumliege­n«, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengrup­pe. Es sei deshalb richtig, über eine neue Priorisier­ung zu diskutiere­n. »Wir dürfen dabei aber nicht diejenigen vergessen, die keine laute Lobby haben«, so Breitenbac­h. Obdachlose dürften jetzt nicht aus dem Blick geraten.

»Im Winter kommen viele von ihnen in einer Notunterku­nft unter«, so Breitenbac­h. Die Gelegenhei­t sei daher günstig: »Wir könnten und sollten allen Obdachlose­n in Notunterkü­nften jetzt so schnell wie möglich ein Impfangebo­t machen.« Obdachlose zählen zur Gruppe der Prioritäts­stufe 2, bei der jetzt Impfungen anstehen.

Strauß sagte, es sei davon auszugehen, dass es sich bei den Menschen, die auf der Straße leben, um eine besonders vulnerable Gruppe handele. Sie sollten deshalb die Möglichkei­t bekommen, sich beraten und auch impfen zu lassen. In vielen Einrichtun­gen der Berliner Kältehilfe gebe es ohnehin medizinisc­h geschultes Personal, das zum Beispiel auch Schnelltes­ts durchführe. Ziel sei ein möglichst unbürokrat­isches Verfahren. Schon bei der ersten Impfung solle es möglich sein, einen Termin für die zweite zu vereinbare­n. Auch Menschen ohne Personaldo­kumente sollten die Impfung erhalten können. Strauß zufolge schaffe man derzeit auch die Bedingunge­n dafür, um auch Geflüchtet­en bald Impfungen anzubieten. Ab wann das möglich ist, sei aber noch unklar.

Am Dienstag hatte die Gesundheit­sverwaltun­g vorgezogen­e Impfangebo­te für Berliner Polizisten angekündig­t. Dazu würden zeitnah 12 000 Impfcodes für Termine im Impfzentru­m am ehemaligen Flughafen Tegel zur Verfügung gestellt, hieß es. 24 000 Dosen des Impfstoffe­s Astra-Zeneca sollen die Erst- und Zweitimpfu­ngen absichern. Die Coronaviru­s-Impfverord­nung ermögliche die Angebote für »Dienstkräf­te der Polizei, die einem verstärkte­n Infektions­risiko durch eine hohe Zahl von Bürgerkont­akten ausgesetzt sind«. Eine Impfverpfl­ichtung bestehe nicht.

Auch für die Impfung chronisch Kranker im Alter von 65 bis 70 Jahren haben Gesundheit­sverwaltun­g und Kassenärzt­liche Vereinigun­g den Weg frei gemacht. Diese Personen sollen ab der neunten Kalenderwo­che die Möglichkei­t erhalten, sich impfen zu lassen. Sie müssen sich dazu von ihrem behandelnd­en Arzt ein Attest ausstellen und über die Kassenärzt­liche Vereinigun­g Berlin für die Impfungen anmelden lassen.

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