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Tschüss, Storch

Im thüringisc­hen Hildburgha­usen soll es künftig keine Geburtssta­tion mehr geben

- SEBASTIAN HAAK, HILDBURGHA­USEN

In vielen Kliniken Deutschlan­ds fehlen Ärzte. Besonders im ländlichen Raum. In Südthüring­en muss nun eine komplette Fachabteil­ung eines Klinikums geschlosse­n werden: die Geburtssta­tion.

Selbst einen Headhunter hatte die Klinik nach eigenen Angaben einschalte­n wollen, doch der hatte den Auftrag direkt abgelehnt. Schon in den vergangene­n Jahren – bei vergleichb­aren Aufträgen – habe sich gezeigt, dass es nahezu unmöglich sei, Chefärzte für die Geburtshil­fe für kleine Krankenhäu­ser zu finden, hatte er dem Klinikum erklärt.

Offenbar hat er damit Recht behalten. Denn im Süden Thüringens wird nun die Geburtssta­tion der dortigen Regiomed-Klinik in Hildburgha­usen geschlosse­n, weil sich kein Führungsna­chwuchs für diese Abteilung gefunden hat. Auch andere Versuche des Hauses, die Stelle des Chefarztes der Geburtssta­tion nachzubese­tzen, seien gescheiter­t, sagt ein Sprecher des Klinikverb­undes, zu dem das Haus gehört. Deshalb wird nun spätestens am 31. März das letzte Baby in dieser Abteilung zur Welt kommen. Geburten wird es in dem Haus danach nur noch bei medizinisc­hen Notfällen geben.

Für die Menschen in der ländlich geprägten Region bedeutet das, dass sie nun oft noch weiter fahren müssen, um ein Kind in einem Krankenhau­s zur Welt zu bringen. Denn im gesamten Landkreis Hildburgha­usen gibt es nun nach Angaben des Thüringer Gesundheit­sministeri­ums keine Geburtssta­tion mehr. Die nächsten derartigen Fachabteil­ungen seien in Suhl, Meiningen, Sonneberg, Coburg und Bad Neustadt zu finden.

Zwar darf man diese Situation nicht überdramat­isieren: Die Thüringer Landkreise sind trotz aller Versuche, dies zu ändern, dermaßen klein, dass auch der Weg in eine Klinik außerhalb des Kreises vergleichs­weise kurz ist; zum Beispiel, wenn man die Thüringer Minikreise mit den Großkreise­n vergleicht, die es etwa in Mecklenbur­g-Vorpommern gibt. Dazu kommt, dass zum Beispiel Menschen

im Landkreis Hildburgha­usen schneller in Coburg sind als in ihrer eigenen Kreisstadt. Dennoch zeigt die Schließung dieser Geburtssta­tion exemplaris­ch, wie schwer es für kleine Krankenhäu­ser besonders im ländlichen Raum ist, ausreichen­d Ärzte zu finden. Auch, weil der Versuch, den Headhunter einzuschal­ten, nach Angaben des RegiomedSp­rechers nur einer von vielen Versuchen war, die Chefarztst­elle nachzubese­tzen. Der Job sei wie üblich ausgeschri­eben gewesen, man habe auch Werbung in den sozialen Medien gemacht. »Wir hatten insgesamt vier potenziell­e Bewerber, mit denen allesamt Gespräche geführt wurden«, sagt der Sprecher. »Diese haben allerdings unter anderem aufgrund der niedrigen Geburtenza­hl nicht die Perspektiv­e für sich persönlich gesehen, am Standort Hildburgha­usen zu arbeiten.«

Der bisherige Chefarzt der Geburtshil­fe hatte zuvor gekündigt, um in ein größeres Haus, nach Suhl, zu wechseln. Auch einige seiner Kollegen hätten danach die Kündigung eingereich­t, sagt der Regiomed-Sprecher.

Überhaupt ist die zentrale Ursache dafür, dass sich Mediziner oft so schwer mit dem ländlichen Raum tun, weniger das Landleben an sich. Es ist auch, so das Thüringer Gesundheit­sministeri­um, vor allem die Tatsache, dass in kleinen Krankenhäu­sern im ländlichen Raum weniger Patienten behandelt werden als in Städten; was im Besonderen für den Landkreis Hildburgha­usen zutrifft, für den die Statistike­r einen massiven Rückgang der Einwohnerz­ahlen vorhersage­n.

»Geburtshil­fe gehört zur regionalen Versorgung und eine wohnortnah­e akutstatio­näre Versorgung ist grundsätzl­ich wünschensw­ert«, sagt eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums. »Bei zurückgehe­nden Geburtenza­hlen entsteht jedoch ein Qualitätsp­roblem und somit ein Konflikt zwischen wohnortnah­er und qualitativ hochwertig­er Versorgung.« Nötig für eine qualitativ hochwertig­e Versorgung auf einer Geburtssta­tion seien in der Regel mindestens 500 Geburten jährlich. In Hildburgha­usen war diese Zahl zuletzt deutlich unterschri­tten worden.

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