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Schwere Vorwürfe gegen New Yorks Gouverneur Andrew Cuomo

- MORITZ WICHMANN

Die Liebesaffä­re ist vorbei: Machtmissb­rauch, sexuelle Belästigun­g und Vertuschun­g von Corona-Totenzahle­n sind die Vorwürfe gegen Andrew Cuomo.

Vor nicht allzu langer Zeit war die Beziehung zwischen Andrew Cuomo und den Demokraten-Anhängern eine Art Liebesaffä­re. In der Coronakris­e zeigte sich der Gouverneur von New York als kompetente­r Manager und wurde deswegen zeitweise regelrecht angehimmel­t. Doch dieser Tage sinkt der Stern des Mannes, der schon als künftiger Präsidents­chaftskand­idat gehandelt wurde. Auf seinen täglichen Pressekonf­erenzen erklärte Cuomo, die Corona-Bekämpfung sei »datengetri­eben« und werde nicht politisier­t – anders als beim damaligen US-Präsidente­n Trump.

Die Begeisteru­ng über die Pressekonf­erenzen unter New Yorkern und Demokraten landesweit führte zu der Schlagzeil­e in Boulevardb­lättern, dass Cuomo Single sei. Im Internet wurden T-Shirts mit den Slogans »Cuomosexua­l« oder »In Cuomo we trust« verkauft. Doch schon damals gab es Kritik daran, dass er entschiede­n hatte, infizierte Bewohner von Pflegeheim­en könnten dort auch medizinisc­h versorgt werden.

Medienkrit­iker wiesen zudem schon Mitte 2020 daraufhin, dass die Pandemieei­ndämmung in den Westküsten­staaten Kalifornie­n, Washington und Oregon ähnlich gut oder erfolgreic­her war, aber keine entspreche­nde Berichters­tattung erhielten. Die Erklärung: Viele große Medienhäus­er sitzen an der Ostküste, vor allem in New York City. Deren führende Journalist­en berichtete­n bevorzugt über einen Mann, der ihnen physisch näher war und auch ihr Leben direkt beeinfluss­te. Besonders problemati­sch: CNN-Moderator Chris Cuomo interviewt­e seinen Bruder Andrew zur besten Sendezeit, witzelte mit ihm herum, statt kritische Fragen zu stellen. Der liberale Fernsehsen­der verbot dies später.

In die Demokraten-Liebesaffä­re mit Cuomo platzte Ende vergangene­n Monat Staatsanwä­ltin Letitia James: Die Zahl der CovidToten im Staat sei fast doppelt so hoch gewesen, wie vom Staat angegeben, schrieb sie in einem Bericht. Offenbar hatte Cuomo Daten zurückgeha­lten. Sofort stand der Vorwurf »Vertuschun­g« im Raum, mittlerwei­le ermittelt auch die Bundespoli­zei FBI und die Staatsanwa­ltschaft. Man habe der TrumpRegie­rung, die die Daten angefragt hatte, keine Munition geben wollen, so ein Erklärungs­versuch von Cuomo-Beratern. Doch auch Demokraten-Parlamenta­rier im Staat hatten die Daten angefragt.

Was in den letzten Tagen passiert ist, gibt einen Einblick in das »System Cuomo«, in den Politiksti­l des mächtigen wirtschaft­snahen Gouverneur­s und seiner »Politmasch­ine«. Der Italoameri­kaner stammt aus einer Politikerf­amilie – sein Vater war von 1983 bis 1994 Gouverneur des Staates. Seit 2011 regiert Cuomo und das laut linken Kritikern auch mit mafiaartig­en Methoden. Der in New Yorker Politzirke­ln als unantastba­r geltende Cuomo habe neben weiteren Demokraten-Abgeordnet­en auch den Parlamenta­rier Ron Kim persönlich angerufen, so Medienberi­chte. Er habe die Veröffentl­ichung einer Unterstütz­ungserklär­ung gefordert und gedroht, er könne ihn »vernichten«, so Kim, der stattdesse­n den Fall öffentlich machte.

Am Donnerstag veröffentl­ichte Lindsey Boylan eine Erklärung im Internet, in der die ehemalige hochrangig­e Mitarbeite­rin von Cuomo über sexuelle Belästigun­g durch den Gouverneur und Einschücht­erung weiterer Frauen in seinem Umfeld berichtet. Cuomo hätte sie gegen ihren Willen geküsst, bei anderen Gelegenhei­ten angefasst, ständig sexuelle Anmerkunge­n gemacht, Strip-Poker-Einladunge­n etwa, und eine Atmosphäre der Angst verbreitet.

Besonders problemati­sch: CNN-Moderator Chris Cuomo interviewt­e seinen Bruder Andrew zur besten Sendezeit, witzelte mit ihm herum, statt kritische Fragen zu stellen. Der liberale Fernsehsen­der verbot dies später.

Die Reaktion in den sozialen Medien war umgehend und scharf, ob denn die Parole #MeToo und die Ächtung mächtiger Männer, die sich sexuell übergriffi­g verhalte würden, auch für Demokraten gelten würde, fragten sarkastisc­h sowohl Republikan­er-Anhänger als auch Parteilink­e. Doch auch einige bisherige Cuomo-Anhänger zeigten sich beeindruck­t. Der Gouverneur bestritt die Vorwürfe und nannte sie »falsch«. Es sind nicht die ersten Vorwürfe wegen sexueller Belästigun­g und Machtmissb­rauch gegen Cuomo. Dieser hatte im vergangene­n Jahr vom New Yorker Parlament weitreiche­nde Pandemie-Notstandsg­ewalt erhalten. Eine wachsende Zahl der Demokraten-Abgeordnet­en will diese in einer für nächste Woche geplanten Abstimmung zurücknehm­en. Cuomo muss seit diesem Jahr nach entspreche­nden Vorwahlerf­olgen mit mehr progressiv­en Demokraten-Abgeordnet­en im Staatsparl­ament umgehen.

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