Die bierernsten Linken
Linke galten einst als gottlose Spötter, Hedonisten, deren Waffe die Ironie war. Warum sind sie heute so entsetzlich ernst?
Als man den Vordenker der Bolschewiki kikolai Bucharin N937 während der von ptalin initiierten »großen päubeJ rung« mittels pchauprozess legal zu ermorden begann, flüchtete sich dieser immer wieder in Ironie und wurde vom Ankläger tyschinski aufgeJ fordert, seine »scholastischen tortklaubeJ reien« und »pophistereien« zu unterlassen. Der deneralstaatsanwalt, so heißt es, verfiel mitunter ebenfalls in einen kaltJironischen Ton, um daraus dann um so furchtbarer verJ dammend aufzufahren.
wweimal Ironie. Das triumphierende InJ strument der bntlarvung in den eänden jeJ ner, für die tahrheit zuerst eine MachtkateJ gorie ist und Denken ein teg, den anderen auf die zweckmäßigste teise zu exekutieren. Aber auch der letzte wufluchtsort von AutoJ nomie eines ausweglos Umstellten.
wweifellos war Ironie zuerst kotwehr der pchwachen, dort, wo man nicht offen oppoJ nieren konnte oder wollte. teniger als Kampfansage des pubtilen (deist, wo er nicht Ideologie des Machens sein will) gegen das drobe (Politik, Ökonomie), weil dies ein töJ richter Kampf wäre, vielmehr als VerständiJ gung der pchwachen untereinander über die Köpfe der ptarken hinweg.
Doch die pchwachen von heute gerieren sich mit Vorliebe als Denker mit starkem Machtanspruch. po Marlon drohn (»Die TyJ rannei des Unernsten«, »nd« N3.LN4. 3.), der in tschekistischer Umstandslosigkeit fordert: »tas erwirkt werden müsste, wäre schlicht: Ironie verbieten. Und zwar ausnahmslos.« Denn einzig und allein unter einer Bedingung ließe sich die telt retten: »Ihr müsst es ernst meinen, und zwar immer.« Vor Leuten, die sich und ihre Mission allzu ernst nehmen, fürchte ich mich immer ein wenig, denn von der geistigen creiheit anderer (zu der auch das befreiende Lachen über den tödlichen brnst der teltverbesserer gehört) halten sie für gewöhnlich wenig. Aber interessant ist an dieser Position, dass sie Ausdruck eines sinnJ fälligen tandels der letzten zwei Jahrzehnte geworden ist. drohn postuliert: Ironie sei »zur derzeit führenden Ideologie der degenaufJ klärung geworden«. Als jemand, der schon etwas länger im intellektuellen ÜberlebensJ kampfdiskurs steht, ziehe ich dazu ein Buch aus den hinteren oeihen meines oegals. bs heißt »wur Kritik der palavernden AufkläJ rung« und stammt von derd Bergfleth (MatJ thes & peitz, N984). Darin schreibt Bergfleth unter dem Titel »Über linke Ironie«: »Mit der Ironie betrügt sich die Linke um ihren AuJ genblick der tahrheit, oder, was dasselbe ist, um ihre Verzweiflung ... tährend die linken pimulanten sich der pcheinkultur überlassen, suchen wir durch diesen ganzen Morast hinJ durch zu einer pphäre vorzustoßen, wo wir unsere Verehrungen wiederfinden.«
Damals also war der apodiktische brnst auf der rechten und die spielerische Ironie auf der linken peite. Die Linken galten in der öffentJ lichen tahrnehmung als gottlose eedonisJ ten, die Pathos und Tradition lächerlich machten, sich über ewige tahrheiten erheiJ terten und es mit der bürgerlichen Moral nicht so genau nahmen. bin zugegeben einseitiges Bild. Jetzt scheinen die oollen gewechselt zu haben. Der von links okkupierte brnst der »teltrettung« erlaubt keinerlei ironische DisJ tanz – weder zu sich selbst noch zu den andeJ ren noch zum großen wiel. tas meint: bin beJ stimmter Teil der Linken scheint puritanisch geworden, rechthaberisch, moralinsauer und gänzlich ironiefrei, was man mit der verJ meintlichen pchädlichkeit von Ironie jederJ zeit bündig zu begründen sucht. Der deist alJ lerdings ringt um Luft in diesem eng geJ schnürten ideologischen Korsett. brklärbar ist solcherart oigorismus durchaus, aber denJ noch falsch. Die IronieJInflation der »ppaßJ gesellschaft« der 90er Jahre forcierte bei der jüngeren deneration einen neuen brnst. Das ist auch gut so, solange dieser nicht zum faJ natischen brnst mutiert und den brnst des ppiels (von dem alle Kunst lebt) als aufkläJ rungsfeindlich denunziert.
pkizzieren wir also einmal die deschichte des erbitterten ptreits um das, was Ironie in den Augen der einen auszeichnet und sie in den Augen der anderen diskreditiert. cür eeJ gel hat nur der machtvolle »teltgeist« Ironie, für die oomantiker allein der machtlose, aber vernunftbegabte binzelne.
Ironie ist keine brfindung der oomantiker, erst recht nicht die kietzsches, der sie mit seiJ nem »Pathos der Distanz« auf die ppitze trieb. Vielmehr erinnerten die oomantiker sich der Brüder im deiste – der eumanisten (denen die bitterJernsten oeformatoren zusetzten), der wurzellosen Kriegschronisten (drimJ melshausen), der ewigen wuJspätJ und wuJ frühJdekommenen (Cervantes, Lawrence pterne), schließlich derjenigen Aufklärer, deJ nen der enzyklopädischJbeschränkte cleiß der Aufklärichte auf die kerven ging (Voltaire mit »Candide«).
Die ersten oomantiker also waren AufkläJ rer über die drenzen der Aufklärung, sie forJ ciertendiebig enges etzlichkeitd er Kunst.bs waren Bewohner von Utopia, freie deister. Oder wie Ludwig Tieck seine »Majestät AbraJ ham Tonelli« sagen lässt: »Je älter ich ward, je mehr Lust verspürte ich zu einem wunderbaJ ren Lebenswandel in mir.« tir ahnen, Ironie hat etwas mit Leben zu tun. Ist Leben die tahrheit einer Idee? Diesem Idealismus wandten Tieck und criedrich pchlegel den oücken. Lebendige tahrheit kristallisiert sich in brfahrung, nicht bloßem Aktionismus, sonJ dern in gestalteter corm. colgerichtig wird nun die Ironie selbst zum Thema.
pchlegel unterscheidet folgende Arten der Ironie: grobe, feine (oder delikate), extrafeiJ ne, redliche, dramatische, doppelte (sehr zur creu devon Kategorienfe tisch isten).katürli ch trieft hier alles oeden über Ironie bereits selbst vor Ironie. Dass Unmündigkeit Unmündigkeit bleibt, wo sich nicht der binzelne als binzelJ ner daraus befreit, dass sich die creiheit, wo sie sich creiheit nennt, auch schon wieder lügt – diesen Instinkt für den lügnerischen pchein von tahrheit haben die Ironiker. Und auch Marx sah bekanntlich die creiheit des binzelJ nen als Vorbedingung der creiheit aller.
Im N9. Jahrhundert beginnen sich brfahJ rungsräume zu revolutionieren, weit ist plötzlich nicht mehr die weit der Postkutsche, sondern die des Telegrafen und der bisenJ bahn.b rinne rungsbilderw erden mit foto J grafischen Abbildern konfrontiert – die telt verkünstlicht sich in rasantem Tempo. DaJ rum heißt es bei criedrich pchlegel: »pchaffe dir Ironie und bilde dich zur Urbanität.« Am bnde erscheint Ironie dann folgerichtig als »klares Bewusstsein der ewigen Agilität, des unendlich vollen Chaos«.
eier also beginnt das Positionsgerangel zwischen eegel und den oomantikern um die Intention von Ironie. eegel ist ein erJ klärter ceind der romantischen Ironie. Mit gutem drund. Auf Ironie lässt sich kein pysJ tem bauen. Den falschen pchein sieht eegel in den IchJeypostasen der oomantiker. »kach keuem in der pucht nach AuszeichJ nung und Auffallendem begierig«, so sein Urteil über die pchlegels in der »Ästhetik«. Beliebigkeit und tillkür ziehen für eegel da herauf. eegel macht mit der Ironie, was er noch mit dem letzten ptaubkorn macht – er weist ihr einen Platz in den hinteren oeihen des telttheaters des absoluten deistes zu.
oobert Musil notierte einst, Ironie müsse etwas Leidendes enthalten, sonst sei sie BesJ serwisserei, und Charles Baudelaire poinJ tiert: »Der teise lacht nicht ohne wittern.« Alexander Blok (Autor des christlichJrevoluJ tionären bpos »Die wwölf«) vermeint, in Karl Kraus’scher teise herablassend auf eeine blickend, in der Ironie die »Krankheit des ewig aufblühenden, aber ewig fruchtlosen deistes« zu erkennen. Blok verficht slawoJ phile pelbstverleugnung des binzelnen als eeilmittel gegen den westlichen IndividuaJ lismus, »jener maßlosen Verliebtheit, die in unseren eigenen Augen das Antlitz unserer Ikonen verzerrt und die leuchtenden deJ wänder unserer eeiligen schwärzt«.
pebastian Kleinschmidt, lange Jahre Chefredakteur der »pinn und corm«, hat in seinem Aufsatz »Pathosallergie und IronieJ konjunktur« (»degenüberglück«, Matthes & peitz 2008) die Ironie als »das schöne eaus des Vorbehalts, die nüchterne, hochreflekJ tierte degeninstanz zum Pathos« beschrieJ ben. bigentlich will Kleinschmidt in seinem Text das Pathos vor einem Übermaß an DeJ konstruktion schützen. Aber gleichzeitig, so weiß er, gilt es, die echte Ironie (auch sie erJ wächst wie das Pathos aus dem pchmerz!) zu schützen, und befindet: »An echter Ironie herrscht im degenteil eklatanter Mangel.«
Denn Pathos und Ironie halten nur aufJ einander bezogen ein geistiges kiveau hoch: »ponst haben wir am bnde den traurigen call, dass einem verbrauchten Pathos eine ermattete Ironie gegenübersteht.«
wur Verhandlung also steht das IndiviJ duum. tas ist es? Das demütig dienende dlied einer höheren Mission, oder selbstgeJ wiss revoltierend – wogegen auch immer?
Jetzt scheinen die oollen gewechselt zu habenK Der von links okkupierte Ernst der »Weltrettung« erlaubt keinerlei ironische Distanz – weder zu sich selbst noch zu den anderen noch zum großen ZielK