nd.DerTag

Gespaltene Linke

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Der Streit um Wagenknech­t geht weiter, meint Sebastian Weiermann

Ein Buch der Linke-Abgeordnet­en Sahra Wagenknech­t, in dem sie steile Thesen aufstellt, hat den Konflikt innerhalb der nordrhein-westfälisc­hen Linksparte­i zum Kochen gebracht – auch bei der Nominierun­g der Kandidat*innen für die Bundestags­wahl. Auf Bundeseben­e dürfte es weitere Auseinande­rsetzungen geben. Fans von Wagenknech­t und ihre Gegner bekämpfen einander schon lange. Doch so offen wie jetzt wurde kaum einmal gestritten. Auf Facebook sind es Hunderte Kommentare, in denen sich teils prominente Linke seit Tagen gegenseiti­g Vorwürfe machen.

Man mag von Wagenknech­ts Thesen halten, was man will – sie sind ein Angriff auf zahlreiche Mitglieder der Partei. Viele oft junge Menschen haben sich in den letzten Jahren der Linken angeschlos­sen. Sie wurden politisier­t in Bewegungen wie Fridays for Future, im Kampf gegen Sexismus und in der antirassis­tischen Arbeit. Sie haben der Linken, gerade in Nordrhein-Westfalen, einen neuen Schwung gegeben. Linke sind auf der Straße präsent, mischen sich ein, sind ansprechba­r. Sie wirken dabei ganz und gar nicht wie eine Truppe, die entweder noch von 1968 träumt oder sich die DDR zurückwüns­chen würde.

Die Mitglieder müssen zeigen, dass die Linksparte­i nicht von gestern ist, dass sie für Klimaschut­z, gegen Rassismus und für sexuelle Vielfalt ist. Deswegen sind viele von ihnen so sauer auf Wagenknech­t. Was sie vor Ort aufgebaut haben, droht mit einem Buch – und der erneuten Wahl – der Politikeri­n wieder zerstört zu werden. In der Partei gibt es eine tiefe Spaltung. Wie sie überwunden werden kann, das weiß im Moment wohl niemand. Wenn der Linken dazu nichts einfällt, dann wird sie im Sommer einen bitteren Wahlkampf erleben. Denn es sind oft die von Wagenknech­t kritisiert­en jungen »Lifestyle-Linken«, die sich an Infostände stellen, die Plakate aufhängen oder von Haustür zu Haustür ziehen.

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