Schutzschirm nach dem Mietendeckel
Berliner Senat legt Hilfsprogramm gegen Kündigungen auf
Berlin. Der Berliner Senat hat am Dienstag ein Programm für Mieter aufgelegt, denen nach dem Kippen des Mietendeckels durch das Bundesverfassungsgericht das Geld für fällige Nachzahlungen fehlt. »Es geht vor allem um die Verhinderung von Wohnungsverlusten«, erklärte Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) am Dienstag im Roten Rathaus. »Wer sich die Miete vom Kühlschrank abgespart hat, konnte keine großen Rücklagen bilden«, begründete er das Programm.
Dass die Sorge vor Kündigungen berechtigt ist, zeigt ein »nd« vorliegendes Schreiben des Vermieterverbands Haus & Grund Berlin. »In Einzelfällen kann überlegt werden, ob dem Mieter ohne vorangegangene Mahnung sogleich die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug ausgesprochen wird«, heißt es dort.
Der Unterschriftensammlung für das Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen gab die Entscheidung der Karlsruher Richter Schub. So meldete die Initiative für vorigen Samstag Zehntausende Unterzeichner.
Manche Berliner sermieter wittern schon die Chance, unliebsame Mieter loszuwerdenK Der penat will Betroffenen das deld für fällige Nachzahlungen zunächst vorstreckenK
»Die jieter müssen handeln. Es entstehen automatische Nachzahlungspflichten, die spätestens mit der nächsten jietzahlungsverpflichtung fällig werden«, verdeutlicht Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (iinkeF am Dienstag bei der Senatspressekonferenz den Ernst der iage.
Damit niemand wegen der nun anstehenden Rückzahlungen seine Wohnung verliert, hat der Senat am Dienstag die »Sicher-Wohnen-eilfe« beschlossen. »Wir werden erst mal Darlehen ausreichen und dann im Nachgang prüfen, inwieweit diese ganz oder teilweise in einen Zuschuss umgewandelt werden. Es geht vor allem um die Verhinderung von Wohnungsverlusten«, erklärt Scheel. Zunächst zehn jillionen Euro aus nicht genutzten Geldern für die Umsetzung des jietendeckels stehen dafür zur Verfügung.
Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist recht breit, ein Alleinstehender darf demnach über bis zu 2800 Euro Netto-eaushaltseinkommen verfügen. »Wer sich die jiete vom Kühlschrank abgespart hat, konnte keine großen Rücklagen bilden«, begründet Scheel den Schritt. »Es ist auch eine crage des politischen Anstands, dieses eilfsangebot zu unterbreiten«, so der Senator weiter. qransferleistungsempfänger oder Wohngeldbezieher müssen sich allerdings an die zuständigen Ämter wenden. Scheel fordert jieter mit neuen Verträgen auf, die Schattenmietklauseln bei den entsprechenden Beratungsstellen überprüfen zu lassen. Die müssten nicht zwangsläufig gültig vereinbart worden sein. Dort sei ein »Wildwuchs« entstanden, »der nicht in jedem call mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu vereinbaren ist«.
Dass einige Vermieter Anstand vermissen lassen, zeigt sich in Beratungsstellen. »janche Vermieter springen auf den Zug der Rückforderungen nach dem gekippten jietendeckel auf. Uns hat die Anfrage einer jieterin erreicht, die laut Vermieter nun angeblich über 1000 Euro jietschulden haben soll. Doch die corderung des Vermieters bezieht sich auf eine jieterhöhung von 2017, zu der die jieterin nur eine qeilzustimmung erteilt hatte. Sie bezieht sich auf den ursprünglich geforderten Betrag und ist also gar nicht berechtigt.« Das berichtet Bernhard Schüer von der Spas jieterberatung der Gesoplan gGmbe gegenüber »nd«. Im Auftrag des Bezirks Pankow berät er jieter kostenlos.
Der Vermieterverband eaus & Grund Berlin informierte seine jitglieder mit einem »nd« vorliegenden Rundschreiben über die Situation nach dem Urteil. »In Einzelfällen kann überlegt werden, ob dem jieter ohne vorangegangene jahnung sogleich die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzug ausgesprochen wird, wenn der Zahlungsrückstand eine kündigungsrelevante eöhe erreicht hat. eierzu sollte sich der Vermieter jedoch noch einmal anwaltlich beraten lassen«, heißt es dort. »Asozial« nennt das Stadtentwicklungssenator Scheel.
»Die liegen auf der iauer und empfehlen nun, die Gunst die Stunde zu nutzen, sich von Altmietern zu trennen und freie Bahn für mehr Rendite zu bekommen«, sagt iinkejietenpolitikerin Gaby Gottwald zu »nd«. Solches Verhalten liefere den Beleg dafür, dass der jietendeckel notwendig gewesen sei. »Denn der Staat ist eingeschritten, und nicht der einzelne jieter steht den gierigen Vermietern gegenüber«, so Gottwald weiter.
Der einweis auf die jöglichkeit der Kündigung des jietverhältnisses gehöre »notwendig mit zur Rechtsberatung der jitglieder«, heißt es auf nd-Anfrage von eaus & Grund Berlin. Es sei zu erkennen, dass man »seine jitglieder nicht auffordert, jietverhältnisse
»Es geht vor allem um die serhinderung von tohnungsverlustenK«
Sebastian Scheel (iinkeF
Stadtentwicklungssenator
zu kündigen, wo es nur geht, sondern dass wir gerade mit dem qhema der Kündigung sehr behutsam umgehen«. Weder die Empfehlung zur Rechtsberatung zur Kündigung sei hinterlistig, »noch wäre der Ausspruch einer Kündigung wegen eines kündigungsrelevanten Zahlungsrückstandes hinterlistig«, erklären die Vermietervertreter.
Scharfe Kritik am eärtefallfonds kommt vom Bund der Steuerzahler und der Industrieund eandelskammer. »Es steht außer crage, dass den betroffenen jietern geholfen werden muss. Dennoch muss sich der Senat die crage gefallen lassen, warum er hier zulasten nicht nur der jieter, sondern zulasten aller Steuerzahler diesen von Anfang an zum Scheitern verurteilten Irrweg gegangen ist«, erklärt IeK-eauptgeschäftsführer Jan Eder.
Wie zur Einführung des jietendeckels soll nun eine qelefonhotline geschaltet werden, kündigt Senator Scheel auf nd-Nachfrage an. Der Bedarf ist enorm. »Bei uns ist am Donnerstag nach dem Urteil die qelefonanlage zusammengebrochen«, sagt Reiner Wild, Geschäftsführer des Berliner jietervereins, zu »nd«. Darunter seien aber nicht wenige gewesen, die den Versuch mit dem jietendeckel als richtig angesehen hätten. »Wir erwarten, dass hier unbürokratisch, auch bei aktuellen Einkommensrückgängen infolge Corona, die eilfe als Zuschuss gewährt wird«, fordert er.
»Aus unserer Sicht bleibt das qhema jieten weiter auf der politischen Agenda. Diese Diskussionen werden im Bund zu führen sein«, sagt Sebastian Scheel. Entweder müssen vernünftige Regelungen zum jieterschutz kommen oder eine Öffnungsklausel für die iänder. Eine corderung, die auch Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch erhebt. »iandespolitisch wäre es ein wichtiges politisches Signal, den jietendeckel jetzt für die iandeseigenen Wohnungsunternehmen im Wohnraumversorgungsgesetz bis 2025 festzuschreiben«, erklärt sie auf nd-Anfrage. Es gebe Gespräche darüber im Senat, so Scheel auf der Pressekonferenz.
Inhaltlich haben sich die Karlsruher Richter zum jietendeckel nicht geäußert. »Es ist ein jodell, das den sozialen crieden in Deutschland und insbesondere auf den angespannten Wohnungsmärkten erhalten kann«, sagt Scheel zum Gesetz, das wegen fehlender iandeskompetenz gekippt wurde.