Laschet wird Kanzlerkandidat der Union
Markus Söder sagt nach Machtkampf Unterstützung zu. Teilweise Unzufriedenheit an der CDU-Basis Nach nächtlicher Debatte hat sich der CDU-Vorstand für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten ausgesprochen. Die Linke kritisierte das Vorgehen der Union.
Während die wichtigen K-Fragen rund um Klima, Krise und Korruption weiter unbeantwortet bleiben, hat die Union sich nach einer hitzigen nächtlichen Debatte zumindest auf ihren Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl im Herbst geeinigt. »Die Würfel sind gefallen, Armin Laschet wird Kanzlerkandidat der Union«, bekräftigte so der bayerische Ministerpräsident Markus Söder am Dienstag in München. Der CSU-Vorsitzende hatte damit seinen Konkurrenten aus Nordrhein-Westfalen empfohlen und einen Schlussstrich unter den rund einwöchigen Machtkampf mit dem CDU-Chef gezogen.
In einer digitalen Sondersitzung des CDUVorstands hatten 31 von 46 stimmberechtigten Vorstandsmitgliedern in geheimer Wahl für den eigenen Parteivorsitzenden Laschet als Kanzlerkandidaten plädiert (77,5 Prozent). Nur neun stimmten für Söder (22,5 Prozent), sechs enthielten sich. Medien hatten regelmäßig über Entwicklungen aus der nichtöffentlichen Sitzung berichtet. Die Abstimmung des Vorstands dürfte nur teilweise die Stimmung der Basis widerspiegeln: Söder hatte in Umfragen massiv vor Laschet gelegen, auch von Gliederungen der CDU-Basis gab es immer wieder für ihn Zuspruch.
Die Reaktionen über die Abstimmung fielen entsprechend verhalten aus. Kritik kam von CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die CDU-Führung habe für die Unterstützung Laschets ein Verfahren gewählt, das »durchaus einige Fragen hinterlässt«, sagte Dobrindt. Er erwarte »Nachwirkungen« des von Laschet durchgesetzten Wegs zur Kandidatur. Zum Wettstreits sagte er: »Den Abschluss hätte ich mir anders vorgestellt.« Die Junge Union forderte Laschet nun auf, für Geschlossenheit zu sorgen. Die Mehrheit der Landesverbände und der JU-Mitglieder habe sich Söder als Kanzlerkandidaten gewünscht, erklärte der Chef des Unionsnachwuchses, Tilman Kuban. Diese Position habe man auch in allen Gremien vertreten. Nun müsse Laschet »beweisen, dass er zusammenführen kann und es keine Verlierer in der Union gibt«.
Die Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, hat das Vorgehen der Union bei der Bestimmung ihres Kandidaten kritisiert. »Man fragt sich, ob die Beteiligten eigentlich noch mitbekommen, was hier draußen los ist, nämlich dass wir hier immer noch eine Pandemie haben und viele Menschen in Not sind«, sagte sie am Dienstag vor einer Fraktionssitzung. Das »lange Hin und Her« in der Union sei »äußerst befremdlich« gewesen.
Nach langen Auseinandersetzungen hat sich Armin Laschet gegen Markus Söder durchgesetzt und wird nun Kanzlerkandidat der Union. Um Erfolg zu haben, muss er aber auch seinen internen Kritikern entgegenkommen.
Armin Laschet hat zwar den Machtkampf um die Kanzlerkandidatur der Union für sich entschieden, aber ihm ist es noch nicht gelungen, die gesamte Partei hinter sich zu bringen. Insbesondere in den ostdeutschen Landesverbänden der CDU hatten sich viele Politiker für den CSU-Vorsitzenden Markus Söder ausgesprochen. Doch dieser hat sich nun nach dem Votum im CDU-Bundesvorstand für Laschet aus dem Rennen zurückgezogen.
Der Konflikt zwischen Laschet und den ostdeutschen Konservativen hat eine Vorgeschichte. Letztere wollten nicht, dass der nordrhein-westfälische Ministerpräsident überhaupt Parteivorsitzender wird. Sie hatten sich auf die Seite von Friedrich Merz gestellt. Der frühere Unionsfraktionschef wollte mit einem knallharten Rechtskurs Wähler zurückgewinnen, die zur AfD abgewandert sind. Insbesondere in ostdeutschen Regionen ist die rechte Partei stark vertreten. Doch Merz unterlag bei einer Parteitagsabstimmung im Januar gegen Laschet. Dieser hat seine Machtbasis im heimischen Landesverband Nordrhein-Westfalen und unter Anhängern der scheidenden Bundeskanzlerin Angela Merkel.
»Das Votum der Parteispitze für Armin Laschet als Kanzlerkandidat ist eine Entscheidung gegen die CDU-Basis.«
Christian Hirte Chef der CDU Thüringen
Im Osten ist der NRW-Ministerpräsident weiterhin nicht sonderlich beliebt. Der Vorsitzende der Thüringer CDU, Christian Hirte, meinte, dass das Votum für Laschet als Kanzlerkandidat eine »Entscheidung gegen die CDU-Basis« sei. Die Stimmung in Thüringen sowie in mehreren anderen Landesverbänden sei deutlich für Markus Söder als Kanzlerkandidat, sagte Hirte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei den konservativen Wählern in Thüringen sei der bayerische Regierungschef besser angekommen, so Hirte. Mit Blick auf die Bundestagswahl sind solche Äußerungen von einer erheblichen Bedeutung. Zwar werden auch die ostdeutschen Landesverbände alles dafür tun, damit die Union nach der Bundestagswahl im Herbst stärkste Kraft und Laschet der neue Bundeskanzler wird, doch hinter vorgehaltener Hand könnte es weiterhin heißen, dass man mit einem anderen Kandidaten deutlich bessere Chancen gehabt hätte. Wenn es dem CDU-Vorsitzenden nicht gelingen sollte, seine Kritiker möglichst bald von sich zu überzeugen, ist sein Wahlkampf belastet.
Christian Hirte dürfte auch die anstehende Entscheidung in Südthüringen im Blick gehabt haben, wo der frühere Gemeindienstchef Hans-Georg Maaßen als Kandidat für die Bundestagswahl nominiert werden will, als er über die »Stimmung in der Parteibasis« gesprochen hat. Der ehemalige Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde von zwei der vier Kreisverbände – Schmalkalden-Meiningen und Hildburghausen – vorgeschlagen. Zwar haben sich unter anderem Christian Hirte und Markus Söder ablehnend über Maaßen geäußert, im Prinzip verkörpert er aber den Wunsch in Teilen der Partei, mehr Wähler aus dem rechten Lager für die Union zu gewinnen.
Die Spitzenpolitiker von CDU und CSU stört es nicht, dass sich Maaßen abfällig über Geflüchtete äußerte oder die rechtsradikalen Hetzjagden im Sommer 2018 in Chemnitz verharmloste. Für sie ist der Mann nur deswegen schwer zu ertragen, weil er intern Stunk macht. Maaßen hatte in den vergangenen Jahren mit der CDU unter Führung von Angela Merkel abgerechnet. »Ich bin der Partei damals nicht beigetreten, damit Millionen Asylsuchende nach Deutschland kommen und es eine Asylpolitik ohne Obergrenze gibt«, schrieb Maaßen Anfang 2019 in einem Gastbeitrag für den »Focus«. Das war kurz nach seinem Eintritt in die »Werteunion«. Von dieser weit rechts stehenden Basisorganisation hat man kaum noch etwas gehört, nachdem ihr Vorsitzender Alexander Mitsch vor wenigen Wochen seinen Rückzug erklärt hatte. Er behauptete als Begründung allen Ernstes, dass es einen »verheerenden Linkskurs« in der CDU gebe.
Für Laschet gibt es noch einen Weg, die Herzen derjenigen in der Union zu erobern, die ähnliche Meinungen vertreten wie Politiker der AfD. Er wird ihnen wohl programmatisch entgegenkommen. Die Konservativen diskutieren derzeit über ihr Programm für die Bundestagswahl. Kürzlich hat Laschet bei einer Rede im Konrad-AdenauerHaus erste Grundzüge vorgestellt. Über diese dürfte sich insbesondere der Wirtschaftsflügel der Union gefreut haben. Der CDUVorsitzende strebt nämlich eine »wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung vor allem für Mittelstand und Familienunternehmen«, also großzügige Steuersenkungen, an und will für junge Gründer ein »bürokratiefreies Jahr«. Über die Rechte der Angestellten äußerte sich Laschet in diesem Zusammenhang nicht.
Eigentlich dürfte es dem CDU-Vorsitzenden auch nicht sonderlich schwer fallen, mit dem Gerücht aufzuräumen, seine Flüchtlingspolitik sei nur liberal. Erst kürzlich hatte die Linkspartei die schwarz-gelbe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen unter Führung von Laschet kritisiert, weil sie Abschiebungen nach Guinea plante. In dem westafrikanischen Land werden Menschen inhaftiert, wenn sie in der Opposition aktiv sind. »Das hindert die NRW-Landesregierung allerdings nicht daran, mit der guineischen Regierung zusammenzuarbeiten«, kritisierte Jules El-Khatib, stellvertretender Landessprecher der Linken.