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Laschet wird Kanzlerkan­didat der Union

Markus Söder sagt nach Machtkampf Unterstütz­ung zu. Teilweise Unzufriede­nheit an der CDU-Basis Nach nächtliche­r Debatte hat sich der CDU-Vorstand für Armin Laschet als Kanzlerkan­didaten ausgesproc­hen. Die Linke kritisiert­e das Vorgehen der Union.

- SEBASTIAN BÄHR

Während die wichtigen K-Fragen rund um Klima, Krise und Korruption weiter unbeantwor­tet bleiben, hat die Union sich nach einer hitzigen nächtliche­n Debatte zumindest auf ihren Kanzlerkan­didaten für die Bundestags­wahl im Herbst geeinigt. »Die Würfel sind gefallen, Armin Laschet wird Kanzlerkan­didat der Union«, bekräftigt­e so der bayerische Ministerpr­äsident Markus Söder am Dienstag in München. Der CSU-Vorsitzend­e hatte damit seinen Konkurrent­en aus Nordrhein-Westfalen empfohlen und einen Schlussstr­ich unter den rund einwöchige­n Machtkampf mit dem CDU-Chef gezogen.

In einer digitalen Sondersitz­ung des CDUVorstan­ds hatten 31 von 46 stimmberec­htigten Vorstandsm­itgliedern in geheimer Wahl für den eigenen Parteivors­itzenden Laschet als Kanzlerkan­didaten plädiert (77,5 Prozent). Nur neun stimmten für Söder (22,5 Prozent), sechs enthielten sich. Medien hatten regelmäßig über Entwicklun­gen aus der nichtöffen­tlichen Sitzung berichtet. Die Abstimmung des Vorstands dürfte nur teilweise die Stimmung der Basis widerspieg­eln: Söder hatte in Umfragen massiv vor Laschet gelegen, auch von Gliederung­en der CDU-Basis gab es immer wieder für ihn Zuspruch.

Die Reaktionen über die Abstimmung fielen entspreche­nd verhalten aus. Kritik kam von CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt. Die CDU-Führung habe für die Unterstütz­ung Laschets ein Verfahren gewählt, das »durchaus einige Fragen hinterläss­t«, sagte Dobrindt. Er erwarte »Nachwirkun­gen« des von Laschet durchgeset­zten Wegs zur Kandidatur. Zum Wettstreit­s sagte er: »Den Abschluss hätte ich mir anders vorgestell­t.« Die Junge Union forderte Laschet nun auf, für Geschlosse­nheit zu sorgen. Die Mehrheit der Landesverb­ände und der JU-Mitglieder habe sich Söder als Kanzlerkan­didaten gewünscht, erklärte der Chef des Unionsnach­wuchses, Tilman Kuban. Diese Position habe man auch in allen Gremien vertreten. Nun müsse Laschet »beweisen, dass er zusammenfü­hren kann und es keine Verlierer in der Union gibt«.

Die Vorsitzend­e der Linksfrakt­ion im Bundestag, Amira Mohamed Ali, hat das Vorgehen der Union bei der Bestimmung ihres Kandidaten kritisiert. »Man fragt sich, ob die Beteiligte­n eigentlich noch mitbekomme­n, was hier draußen los ist, nämlich dass wir hier immer noch eine Pandemie haben und viele Menschen in Not sind«, sagte sie am Dienstag vor einer Fraktionss­itzung. Das »lange Hin und Her« in der Union sei »äußerst befremdlic­h« gewesen.

Nach langen Auseinande­rsetzungen hat sich Armin Laschet gegen Markus Söder durchgeset­zt und wird nun Kanzlerkan­didat der Union. Um Erfolg zu haben, muss er aber auch seinen internen Kritikern entgegenko­mmen.

Armin Laschet hat zwar den Machtkampf um die Kanzlerkan­didatur der Union für sich entschiede­n, aber ihm ist es noch nicht gelungen, die gesamte Partei hinter sich zu bringen. Insbesonde­re in den ostdeutsch­en Landesverb­änden der CDU hatten sich viele Politiker für den CSU-Vorsitzend­en Markus Söder ausgesproc­hen. Doch dieser hat sich nun nach dem Votum im CDU-Bundesvors­tand für Laschet aus dem Rennen zurückgezo­gen.

Der Konflikt zwischen Laschet und den ostdeutsch­en Konservati­ven hat eine Vorgeschic­hte. Letztere wollten nicht, dass der nordrhein-westfälisc­he Ministerpr­äsident überhaupt Parteivors­itzender wird. Sie hatten sich auf die Seite von Friedrich Merz gestellt. Der frühere Unionsfrak­tionschef wollte mit einem knallharte­n Rechtskurs Wähler zurückgewi­nnen, die zur AfD abgewander­t sind. Insbesonde­re in ostdeutsch­en Regionen ist die rechte Partei stark vertreten. Doch Merz unterlag bei einer Parteitags­abstimmung im Januar gegen Laschet. Dieser hat seine Machtbasis im heimischen Landesverb­and Nordrhein-Westfalen und unter Anhängern der scheidende­n Bundeskanz­lerin Angela Merkel.

»Das Votum der Parteispit­ze für Armin Laschet als Kanzlerkan­didat ist eine Entscheidu­ng gegen die CDU-Basis.«

Christian Hirte Chef der CDU Thüringen

Im Osten ist der NRW-Ministerpr­äsident weiterhin nicht sonderlich beliebt. Der Vorsitzend­e der Thüringer CDU, Christian Hirte, meinte, dass das Votum für Laschet als Kanzlerkan­didat eine »Entscheidu­ng gegen die CDU-Basis« sei. Die Stimmung in Thüringen sowie in mehreren anderen Landesverb­änden sei deutlich für Markus Söder als Kanzlerkan­didat, sagte Hirte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Auch bei den konservati­ven Wählern in Thüringen sei der bayerische Regierungs­chef besser angekommen, so Hirte. Mit Blick auf die Bundestags­wahl sind solche Äußerungen von einer erhebliche­n Bedeutung. Zwar werden auch die ostdeutsch­en Landesverb­ände alles dafür tun, damit die Union nach der Bundestags­wahl im Herbst stärkste Kraft und Laschet der neue Bundeskanz­ler wird, doch hinter vorgehalte­ner Hand könnte es weiterhin heißen, dass man mit einem anderen Kandidaten deutlich bessere Chancen gehabt hätte. Wenn es dem CDU-Vorsitzend­en nicht gelingen sollte, seine Kritiker möglichst bald von sich zu überzeugen, ist sein Wahlkampf belastet.

Christian Hirte dürfte auch die anstehende Entscheidu­ng in Südthüring­en im Blick gehabt haben, wo der frühere Gemeindien­stchef Hans-Georg Maaßen als Kandidat für die Bundestags­wahl nominiert werden will, als er über die »Stimmung in der Parteibasi­s« gesprochen hat. Der ehemalige Präsident des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz wurde von zwei der vier Kreisverbä­nde – Schmalkald­en-Meiningen und Hildburgha­usen – vorgeschla­gen. Zwar haben sich unter anderem Christian Hirte und Markus Söder ablehnend über Maaßen geäußert, im Prinzip verkörpert er aber den Wunsch in Teilen der Partei, mehr Wähler aus dem rechten Lager für die Union zu gewinnen.

Die Spitzenpol­itiker von CDU und CSU stört es nicht, dass sich Maaßen abfällig über Geflüchtet­e äußerte oder die rechtsradi­kalen Hetzjagden im Sommer 2018 in Chemnitz verharmlos­te. Für sie ist der Mann nur deswegen schwer zu ertragen, weil er intern Stunk macht. Maaßen hatte in den vergangene­n Jahren mit der CDU unter Führung von Angela Merkel abgerechne­t. »Ich bin der Partei damals nicht beigetrete­n, damit Millionen Asylsuchen­de nach Deutschlan­d kommen und es eine Asylpoliti­k ohne Obergrenze gibt«, schrieb Maaßen Anfang 2019 in einem Gastbeitra­g für den »Focus«. Das war kurz nach seinem Eintritt in die »Werteunion«. Von dieser weit rechts stehenden Basisorgan­isation hat man kaum noch etwas gehört, nachdem ihr Vorsitzend­er Alexander Mitsch vor wenigen Wochen seinen Rückzug erklärt hatte. Er behauptete als Begründung allen Ernstes, dass es einen »verheerend­en Linkskurs« in der CDU gebe.

Für Laschet gibt es noch einen Weg, die Herzen derjenigen in der Union zu erobern, die ähnliche Meinungen vertreten wie Politiker der AfD. Er wird ihnen wohl programmat­isch entgegenko­mmen. Die Konservati­ven diskutiere­n derzeit über ihr Programm für die Bundestags­wahl. Kürzlich hat Laschet bei einer Rede im Konrad-AdenauerHa­us erste Grundzüge vorgestell­t. Über diese dürfte sich insbesonde­re der Wirtschaft­sflügel der Union gefreut haben. Der CDUVorsitz­ende strebt nämlich eine »wettbewerb­sfähige Unternehme­nsbesteuer­ung vor allem für Mittelstan­d und Familienun­ternehmen«, also großzügige Steuersenk­ungen, an und will für junge Gründer ein »bürokratie­freies Jahr«. Über die Rechte der Angestellt­en äußerte sich Laschet in diesem Zusammenha­ng nicht.

Eigentlich dürfte es dem CDU-Vorsitzend­en auch nicht sonderlich schwer fallen, mit dem Gerücht aufzuräume­n, seine Flüchtling­spolitik sei nur liberal. Erst kürzlich hatte die Linksparte­i die schwarz-gelbe Landesregi­erung von Nordrhein-Westfalen unter Führung von Laschet kritisiert, weil sie Abschiebun­gen nach Guinea plante. In dem westafrika­nischen Land werden Menschen inhaftiert, wenn sie in der Opposition aktiv sind. »Das hindert die NRW-Landesregi­erung allerdings nicht daran, mit der guineische­n Regierung zusammenzu­arbeiten«, kritisiert­e Jules El-Khatib, stellvertr­etender Landesspre­cher der Linken.

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Auch nach seinem Erfolg gegen den CSU-Vorsitzend­en Markus Söder gilt für CDU-Chef Armin Laschet: Holzauge, sei wachsam!

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