nd.DerTag

Gegner im Land, mögliche Partner im Bund

Der Kanzlerkan­didat der Union, Armin Laschet, passt gesellscha­ftspolitis­ch zu den Grünen, in Klimafrage­n allerdings nicht

- SEBASTIAN WEIERMANN

Schwarz-Grün, Grün-Schwarz, das könnte nach der Bundestags­wahl die Regierungs­optionen sein. Wie gut passt der CDU-Chef Armin Laschet zu den Grünen?

Immer wenn es im nordrhein-westfälisc­hen Landtag um das Rheinische Revier geht, wird es laut. Seit der Entscheidu­ng zum Kohleausst­ieg und der Erneuerung der Abbaggerun­gspläne für das Rheinland spricht CDUMiniste­rpräsident Armin Laschet gerne davon, dass er den Hambacher Forst gerettet habe, dass seine Landesregi­erung dafür verantwort­lich sei, dass 1,2 Millionen Tonnen Braunkohle im Boden bleiben und damit eine große CO2-Reduzierun­g einhergeht. Gerne verbindet Laschet das auch mit Anwürfen an die rot-grüne Vorgängerr­egierung, speziell an die Grünen, mit ihrer Leitentsch­eidung 2016 hätten sie den Hambacher Forst zur Abbaggerun­g freigegebe­n. Er, Armin Laschet, habe den Kohleausst­ieg durchgeset­zt.

Eine Geschichte, mit der die Grünen nur schlecht leben können. Sie halten Laschet dann regelmäßig den riesigen Räumungsei­nsatz im Spätsommer 2018 vor und dass Laschet ja schon zugegeben habe, dass er damals nach einem Vorwand für die Räumung des besetzten Waldes gesucht habe.

Kathrin Henneberge­r, die auf dem aussichtsr­eichen Listenplat­z 20 der NRW-Grünen für die Bundestags­wahl steht und lange beim Anti-Kohle-Bündnis Ende Gelände aktiv war, hat eine klare Meinung zum Kanzlerkan­didaten der Union. Dem »nd« sagt sie: »Armin Laschet ist ein Politiker, der sich nicht der Realität von Krisen stellt. Das hat er sowohl in der Coronakris­e als auch in der Klimakrise bewiesen.« In Regierungs­verantwort­ung habe er »nichts mehr zu suchen«. Laschet vertrete eine Politik von »vorgestern«. Laschet kümmere sich nicht »um das Wohlergehe­n der Menschen im Rheinland«, so Henneberge­r, die die geplante Zerstörung der Dörfer am Rand des Tagebaus Garzweiler ebenso wie die Räumung des Hambacher Forsts kritisiert.

Auch in anderen für die Grünen wichtigen Fragen zeigte sich Laschet in seiner schwarzgel­ben Landesregi­erung als wenig kompatibel zu den Grünen. So plante die Landesregi­erung lange einen Abstand von 1500 Metern zwischen Wohngebiet­en und Windkrafta­nlagen. Erst Ende letzten Jahres lenkte Laschets FDP-Wirtschaft­sminister Andreas Pinkwart ein und legte den Abstand auf 1000 Meter fest, wie es Bundesstan­dard ist.

Auch ein anderes Herzenspro­jekt, das die Grünen in Nordrhein-Westfalen 2012 durchsetze­n konnten, wurde von Laschets Regierung schnell abgeräumt. Das Tariftreue- und Vergabeges­etz. In dem Gesetz wurde festgelegt, dass bei Ausschreib­ungen von Land und Kommunen zwingend soziale und ökologisch­e Aspekte einbezogen werden müssen. CDU und FDP kippten diese Regelung schnell. Jetzt können sich Kommunen an solche Aspekte halten, müssen es aber nicht mehr. Laschet und sein liberaler Koalitions­partner sehen dies als »Entfesselu­ng« von unnötiger Bürokratie.

Allerdings gibt es auch Aspekte, die dafür sprechen, dass sich Armin Laschet und die Grünen gut miteinande­r verstehen und koalieren könnten. Bevor die schwarz-gelbe Landesregi­erung gebildet wurde, galt Laschet immer als besonderer Grünen-Versteher in der CDU. In den 1990er Jahren gehörte er zu den ersten Konservati­ven, die sich regelmäßig mit den Grünen trafen.

Auch gesellscha­ftspolitis­ch sind die Grünen und Laschet nicht weit voneinande­r entfernt. Laschet stand 2015, als viele Geflüchtet­e nach Deutschlan­d kamen, an der Seite von Bundeskanz­lerin Angela Merkel und plädierte für die Willkommen­skultur. Im Kampf um den CDU-Vorsitz betonte er regelmäßig, diese Linie fortsetzen zu wollen. Auch seine Landesregi­erung setzt stärker auf Integratio­n, als es andere CDU-geführte Bundesländ­er machen. Erst vor knapp einem Monat wurde ein neues Teilhabe- und Integratio­nsgesetz auf den Weg gebracht. Migranten und Geflüchtet­en sollen bessere Aufstiegs- und Teilhabech­ancen gewährt werden. Allerdings wird auch in Nordrhein-Westfalen abgeschobe­n. Wenn es dabei um prominente Islamisten, wie vor knapp drei Jahren einen angebliche­n Ex-Leibwächte­r von Osama bin Laden geht, dann inszeniere­n Laschet und seine Landesregi­erung dies auch gerne und mit markigen Parolen. Eine Strategie, die nicht bei allen Grünen gut ankommen dürfte.

Ein anderes Themenfeld, bei dem Laschet und die Grünen gut miteinande­r harmoniere­n dürften, ist die Europapoli­tik. Im Gegensatz zu CSU-Chef Markus Söder, der die Nähe zu rechtspopu­listischen Regierunge­n wie in Ungarn gesucht hat, umgibt sich Laschet lieber mit den liberalen Regierunge­n aus Westeuropa. Mit dem Niederländ­er Mark Rutte gibt Laschet regelmäßig Erklärunge­n ab. Auch die Nähe zu Frankreich und Emmanuel Macron sucht er. In Reden betont Laschet oft, wie wichtig Europa sei, und spricht sich für mehr Zusammenar­beit aus. Laschet und die Grünen – das könnte passen. Klimapolit­isch müsste sich der Unions-Kanzlerkan­didat dafür allerdings neu erfinden.

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