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Ex-Bamf-Chefin nun »ohne Strafmakel«

Verfahren gegen frühere Leiterin der Bremer Behörde eingestell­t – gegen 10 000 Euro Geldauflag­e

- HAGEN JUNG

Das Strafverfa­hren gegen die frühere Leiterin der Bremer Außenstell­e des Bundesamte­s für Migration und Flüchtling­e (Bamf) ist wegen Geringfügi­gkeit eingestell­t worden. Ulrike B. wurde jedoch zur Auflage gemacht, 10 000 Euro zu zahlen, teilte die Vorsitzend­e Richterin am Landgerich­t, Maike Wilkens, am Dienstag in Bremen. Alle Seiten hätten sich auf die Einstellun­g des Prozesses geeinigt.

Die bereits 2017 ihres Amtes enthobene Behördenle­iterin war wegen 14 Fällen von vermeintli­chen Verstößen gegen das Dienstgehe­imnis, Dokumenten­fälschung und Vorteilsna­hme angeklagt. Zunächst hatte die Staatsanwa­ltschaft ihr 121 Vergehen im Zusammenha­ng mit vermeintli­chen Missstände­n im Bremer Flüchtling­samt vorgeworfe­n. 2018 standen B. und zwei Anwälte, mit denen sie zusammenar­beitete, unter dem Verdacht, Hunderten Menschen illegal zu einem positiven Asylbesche­id verholfen zu haben. Diese Vorwürfe erwiesen sich jedoch als haltlos, im November 2020 waren sie endgültig vom Tisch. Schon am ersten Prozesstag am vergangene­n Donnerstag hatte ein Gerichtssp­recher mitgeteilt, es sei mit einer Verfahrens­einstellun­g gegen Geldauflag­e zu rechnen (siehe »nd« vom 16.4.).

Vom Frühjahr 2018 an hatte der Verdacht gegen Ulrike B. bundesweit für Wirbel gesorgt. In zahlreiche­n Medienberi­chten wurde der Eindruck erweckt, von der Bremer Dienststel­le aus würden die Grundfeste­n des deutschen Staates erschütter­t. Bundesinne­nminister Horst Seehofer (CSU) erregte sich über einen vermeintli­chen »handfesten, schlimmen Skandal«. Die Bundespoli­zei beteiligte sich an den Untersuchu­ngen im Rahmen einer Ermittlung­sgruppe, der auch die »Zentrale Antikorrup­tionsstell­e« und das Landeskrim­inalamt angehörten. Selbst der Innenaussc­huss des Bundestage­s befasste sich mit der Angelegenh­eit.

Am Ende blieb nur der Vorwurf, B. habe sich von einem Asylrechts­anwalt zwei Hotelübern­achtungen bezahlen lassen, ihm widerrecht­lich Dokumente weitergele­itet und einzelne Unterlagen aus Akten entfernt. Die Verteidigu­ng sah darin keine rechtswidr­igen Handlungen.

Mit B. stand ein Anwalt aus Hildesheim vor Gericht, dem unter anderem vorgeworfe­n wird, Flüchtling­en zum »Untertauch­en« geraten zu haben und andere zum Stellen unberechti­gter Asylanträg­e animiert zu haben. Er muss am Donnerstag erneut vor Gericht erscheinen. Auch ihm wurde eine Verfahrens­einstellun­g angeboten – gegen 5000 Euro Geldauflag­e. Mit dieser Summe ist der 42-Jährige jedoch nicht einverstan­den.

Die Anwälte von Ulrike B. hätten gern einen Freispruch erzielt. Das aber hätte weitere Belastunge­n für ihre Mandantin bedeutet, teilten sie mit. Verteidige­r Johannes Eisenberg sprach von einer »prozessöko­nomischen Verfahrens­einstellun­g«. B. gehe »ohne Strafmakel« aus dem Verfahren hervor. Zugleich kritisiert­e er erneut die Vorverurte­ilung der ehemaligen Behördenle­iterin durch die Medien.

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