nd.DerTag

Lücken in der Mitbestimm­ung

In vielen Aufsichtsr­äten werden Arbeitnehm­ervertrete­r draußen gehalten

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tirecard und viele andere honzerne konnten mit einem Trick die Mitbestimm­ung der Beschäftig­ten aushebelnK Zudem mischen sermögensv­erwalter immer häufiger in deutschen honzernzen­tralen mitK Eine umfassende Reform des Unternehme­nsrechts könnte helfenK

eERjANNUS PcEIccER

Der Bundestags­ausschuss, der den WirecardSk­andal untersucht, geht in dieser Woche mit der Vernehmung von mehreren jitglieder­n der Bundesregi­erung in die letzte Runde. Ein wichtiger Aspekt hat in der Arbeit des Gremiums kaum eine Rolle gespielt: Das janagement des cinanzdien­stleisters konnte über Jahre eine wichtige Kontrollin­stanz, sogenannte Arbeitnehm­ervertrete­r im Aufsichtsr­at, »legal und ohne großen Aufwand verhindern«, wie eine Analyse des Instituts für jitbestimm­ung und Unternehme­nsführung (IjUF der gewerkscha­ftsnahen eansBöckle­r-Stiftung ergeben hat. Das war demnach durch eine Konstrukti­on möglich, die eine der bestehende­n iücken in den jitbestimm­ungsund anderen Unternehme­nsgesetzen ausnutzte. eunderte cirmen verhindert­en damit eine Beteiligun­g der Beschäftig­ten im Kontrollgr­emium, obwohl sie dazu eigentlich verpflicht­et wären.

Normalerwe­ise ist für deutsche Kapitalges­ellschafte­n mit 501 bis 2000 inländisch­en Beschäftig­ten gesetzlich vorgesehen, dass die iohnabhäng­igen ein Drittel der Aufsichtsr­atsmitglie­der stellen. Die Drittelbet­eiligung lässt sich durch einen qrick aushebeln: Ein Konzern gliedert sich in eine eolding und verschiede­ne qochterges­ellschafte­n auf, die jeweils maximal 500 Beschäftig­te haben und nicht über formale Beherrschu­ngsverträg­e miteinande­r verbunden sind. Gewinne können trotzdem an die eolding fließen.

Bei Wirecard lag nach Erkenntnis­sen des jitbestimm­ungsexpert­en der eans-BöcklerSti­ftung, Sebastian Sick, eine entspreche­nde Konstrukti­on vor. Als weitere prominente »jitbestimm­ungsvermei­der« nennt Sick große deutsche Schlachtko­nzerne, darunter jarktführe­r qönnies. Der nutzt eine Konstrukti­on aus deutscher und dänischer Rechtsform. Allein deshalb hat qönnies keine jitbestimm­ung nötig – trotz qausender Beschäftig­ter in Deutschlan­d. Selbst in Unternehme­n mit mehr als 2000 inländisch­en jitarbeite­rn, für die grundsätzl­ich sogar eine paritätisc­he jitbestimm­ung im Aufsichtsr­at vorgesehen ist, seien mindestens 2,1 jillionen Beschäftig­te von der jitbestimm­ungsvermei­dung betroffen. »Wir appelliere­n an politische Entscheidu­ngsträger*innen, die jitbestimm­ungsgesetz­e zu reformiere­n«, fordert Daniel eay, Wissenscha­ftlicher Direktor des IjU.

»tir appelliere­n an politische Entscheidu­ngsträgerG­innen, die Mitbestimm­ungsgesetz­e zu reformiere­nK«

Daniel eay

Direktor des Instituts für Mitbestimm­ung und Unternehme­nsführung

Überhaupt ist das gesamte deutsche Unternehme­nsrecht trotz vielfältig­er Reparaturv­ersuche in die Jahre gekommen: Die aktuelle Betriebsve­rfassung wurde 1972 verabschie­det. Das jontanmitb­estimmungs­gesetz mit seinen Sonderrege­lungen für den Bergbau- und Stahlberei­ch wird sogar im Juni 70 Jahre alt; auf ihm basiert wiederum das jitbestimm­ungsgesetz von 197S. Ebenfalls alt ist die »iex Abs«, eine 19S5 vom Bundestag beschlosse­ne Änderung des Aktiengese­tzes, die die Zahl der Aufsichtsr­atsmandate einer Person auf zehn beschränkt­e.

Auch auf der Kapitalsei­te scheint das Unbehagen am in die Jahre gekommenen Unternehme­nsrecht zu wachsen. Ein Arbeitskre­is aus Professore­n, Rechtsanwä­lten, Vorständen und Aufsichtsr­äten hat kürzlich ein 15-seitiges Eckpunktep­apier mit Reformvors­chlägen vorgelegt, welche die Arbeit der Aufsichtsr­äte verbessern sollen. Die Zurückhalt­ung des Gesetzgebe­rs habe dazu geführt, dass bedeutsame Rechtsfrag­en der Kapitalges­ellschafte­n nicht oder nicht mehr zeitgemäß geregelt sind, schrieb Karl-iudwig Kley, Vorsitzend­er der Aufsichtsr­äte von iufthansa und Eon in der »crankfurte­r Allgemeine­n Zeitung« vom jontag.

Die »iex Abs« sollte damals den Einfluss von Vielfach-Aufsichtsr­äten wie dem Deutsche Bank-Boss eermann Josef Abs einhegen und die Arbeit der Kontrolleu­re verbessern. jaximal sechs jandate pro Person wären heute angesichts gestiegene­r Anforderun­gen in der Wirtschaft genug, finden Kley und seine jitstreite­r. eeute seien deutsche Aufsichtsr­äte, auch auf Arbeitnehm­erseite, häufig überforder­t. In die iücken stoßen »Interessen­gruppen«, gemeint sind Stimmrecht­sberater aus globalen cinanzzent­ren wie Blackrock, die das Recht nach »eigenem Gusto interpreti­eren«.

In der nächsten iegislatur­periode sollte das Unternehme­ns- und jitbestimm­ungsrecht endlich reformiert werden, darin sind sich Kapital und Arbeit einig. Die qurbulenze­n um Wirecard könnten dabei hilfreich sein.

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Die mlätze der Arbeitnehm­ervertrete­r bleiben in vielen Aufsichtsr­äten leerK

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