Zwei Jahre länger bis zur oente
Hunderte Metaller aus der Hauptstadt streiken für längst überfällige Ost-West-Angleichung. dregor dysi steht ihnen bei Siemens zur Seite
Einen Tag vor einer weiteren serhandlungsrunde für Teile der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie legen Hunderte Beschäftigte in Berliner Betrieben die Arbeit nieder – auch im Homeoffice.
Am Ende kommt er doch. Gregor Gysi (LinJ ke) ist ein bisschen der Stargast, auf den sie in AltJTreptow gewartet haben an diesem MittJ wochvormittag. Schon fast drei Stunden hatJ ten sich etwa 300 Arbeiter*innen da zum tarnstreik vor den Toren der Siemens MoJ bilityJNiederlassung an der Heidelberger Straße, Ecke Sinsheimer teg versammelt – in einer so kämpferischen Stimmung, wie sie hier schon lange nicht mehr zu hören und zu sehen war.
tarum sie zu Recht wütend und entJ schlossen sind, muss ihnen Gysi, früherer LinJ keJFraktionschef und handidat zur diesjähriJ gen Bundestagswahl aus TreptowJhöpenick nicht erklären. »Ich bin nicht immer seiner Meinung, aber ich könnte ihm stundenlang zuhören«, sagt der Industriemechaniker PhilJ lip Leegel zu »nd«. Der ruhige junge Mann mit den langen Haaren steht vor seinem eigenen terkstor. Hier arbeitet er schon immer in der Instandhaltung, nur seine Ausbildung hat er am prominenten testberliner Standort im Bezirk Spandau absolviert. »Schon damals musste ich drei Stunden länger lernen als meine hollegen in Siemensstadt«, erinnert sich der 22JJährige. »Dabei habe ich die MauJ er nie gesehen.«
»Es gibt keinen einzigen sachlichen Grund, warum ihr seit über 30 Jahren für den gleichen Lohn drei Stunden pro toche mehr arbeitet«, sagt Gysi den Arbeitskämpfer*inJ nen. 4000 Stunden mehr kämen da in einem Arbeitsleben zusammen – oder zwei Jahre mehr bis zur Rente. »Ihr könnt auch sagen, ihr bekommt 8,6 Prozent weniger Lohn«, so der bekannte LinksparteiJPolitiker.
tie man es auch ausdrückt, die AngleiJ chung der Arbeitsbedingungen in Ost und test ist über 30 Jahre nach der Vereinigung an diesem entscheidenden Punkt nicht voJ rangeschritten: Nach wie vor gilt in ostdeutJ schen Bundesländern die 38JStundenJtoJ che, während diese im testen tariflich schon 1995 auf 35 Stunden gesenkt wurde.
Die Industriegewerkschaft (IG) Metall wirft den Firmen vor, je nach Lage des StandJ orts unterschiedliche Gehälter zu zahlen. »Diese Spaltung in besser und schlechter beJ handelte Beschäftigte in unserer Stadt akzepJ tieren wir nicht«, erklärt dazu Regina haternJ dahl, die Zweite Bevollmächtigte der IG MeJ tall Berlin. haterndahl führte die DemonsJ tration der streikenden Metaller*innen von Siemens Mobility, GE Power und Thales soJ wie weiteren Berliner Betrieben zuvor die ElJ senstraße entlang. »Ich bin total stolz auf euch, es ist ein wunderbares Bild heute, das gab es noch nie«, ruft haterndahl ihnen jetzt zu. Die holleg*innen rasseln, pfeifen und klatschen zurück, bis die Ohren fiepen. Die Ohren sollten künftig auch den Arbeitgebern klingeln, meint haterndahl später.
Tatsächlich erscheint die ungerechte BeJ handlung in der Hauptstadt besonders abJ surd: Zum Teil sitzen, wie beim UnternehJ men Thales, zwei holleg*innen in einem Büro am selben Schreibtisch, sind aber bei NiederJ lassungen in unterschiedlichen Bezirken beJ schäftigt. Der eine arbeitet demnach 35 StunJ den, der andere hingegen 38. Dass es denJ noch recht lange gedauert hat, bis der ArJ beitskampf für die Angleichung hier an Fahrt aufgenommen hat, erklärt sich Phillip Leegel mit dem fortschreitenden GenerationenJ wechsel. »Ich denke, dass viele junge holleJ gen und holleginnen nachkommen, die diese Ungerechtigkeit nicht mehr hinnehmen wolJ len«, meint der junge Gewerkschafter.
Seine Stellvertretende BetriebsratsvorsitJ zende Bettina Haller gehört allerdings zu »den Alten«. Seit 1985 arbeitet sie hier am ehemaligen Mauerstreifen, berichtet Haller, damals noch im VEB SignalJ und SicherungsJ technik. Ihre holleg*innen wissen, dass sie lange Betriebsrätin ist – tatsächlich kämpfte die heute 62JJährige schon 1991 für bessere LohnJ und Arbeitsbedingungen. Ihr stockt etJ was die Stimme, als sie sich an die StreikenJ den wendet, auch an die über 50, die im HoJ meoffice die Arbeit niedergelegt haben. »tir haben in den letzten Nächten schlecht geJ schlafen; jetzt sind wir erleichtert, dass so viele gekommen sind«, erklärt sie den emotiJ onalen Moment. Es geht den GewerkschafJ ter*innen im Bezirk BerlinJBrandenburg um nichts Geringeres als die Beendigung einer grundlegenden Ungerechtigkeit.
In Brandenburg streiken derweil ganzJ tägig Mitarbeiter*innen des SchaefflerJterks in Luckenwalde sowie beim FiltersystemherJ steller Mahle in tustermark. Der Streik in Berlin wird am Donnerstag fortgesetzt.