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Teile der CDU wollten nach rechtsauße­n ausbrechen

Sebastian Striegel betont die Verlässlic­hkeit der Grünen in der Magdeburge­r Koalition. Seine Partei will nach der Wahl weiterregi­eren

- Sebastian Striegel ist Ko-Landeschef der Grünen in Sachsen-Anhalt und Mitglied des Landtags. Vor dem Landespart­eitag der Grünen am Wochenende sprach Max Zeising mit dem 39-Jährigen.

Herr Striegel, fünf Jahre Kenia-Koalition mit CDU und SPD gehen nun zu Ende. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Wir haben als kleinster Partner in dieser Koalition eine Menge erreicht. Mehr, als man uns am Anfang zugetraut hatte. Die Landesregi­erung hat ein Klima- und Energiekon­zept aufgelegt. Den Anteil ökologisch­er Flächen in der Landwirtsc­haft haben wir um 78 Prozent steigern können. Das Grüne Band (Geländestr­eifen entlang der ehemaligen DDR-Grenze zur BRD, Anm. d. Red.) ist Nationales Naturmonum­ent. Sachsen-Anhalts Polizisten tragen eine individuel­le Kennzeichn­ung. Die grüne Erfolgsbil­anz kann sich sehen lassen.

Das klingt zunächst einmal positiv. Aber es gab auch Rückschläg­e. Schauen wir auf den Koalitions­streit um die Erhöhung des Rundfunkbe­itrages, der das Aus von Kenia hätte bedeuten können.

Diese Koalition hat fünf Jahre damit ringen müssen, dass Teile der CDU versucht haben, nach rechtsauße­n auszubrech­en und mit der AfD zusammenzu­arbeiten. Wir Grüne haben dagegen verlässlic­h Kurs gehalten. Beim Rundfunkbe­itrag ist die CDU-Fraktion von der Fahne gegangen, der Ministerpr­äsident Reiner Haseloff hat die Koalition vor dem Scheitern bewahrt und die Sache liegt jetzt vor dem Bundesverf­assungsger­icht. Der Ministerpr­äsident hat durch das Verhindern der Abstimmung den Staatsvert­rag geopfert. In der Tat: Hier haben diejenigen, die ein inhaltlich­es Problem mit dem öffentlich­rechtliche­n Rundfunk haben, diesen gemeinsam erfolgreic­h angegriffe­n.

Was muss passieren, damit sich der positive Trend der Grünen auch in SachsenAnh­alt auswirkt, wo die Grünen wie im gesamten Osten traditione­ll größere Probleme haben?

Unsere Mitglieder­zahlen wachsen stetig, in Sachsen-Anhalt wie im Bund. Und das Spannende: Auch in den ländlichen Regionen gibt beständige­n Zulauf. Mit derzeit gut 1100 Mitglieder­n haben wir Potenzial zum Wachsen.

Und unsere Wahlergebn­isse zeigen: Bei der Europawahl haben 90 000 Menschen in Sachsen-Anhalt die Grünen gewählt. Wir bauen unsere Basis in Sachsen-Anhalt aus. Die Bäume wachsen nicht in den Himmel, aber sie wachsen stetig, Stück für Stück.

Dann kommen wir auf die Inhalte zu sprechen. Im Zentrum des Wahlprogra­mms, das sie auf einem Parteitag am Wochenende beschließe­n wollen, wird – natürlich – der Klimaschut­z stehen. Sie wollen Klimaneutr­alität bis 2035 erreichen. Wie realisierb­ar ist dieses Ziel, angesichts der Tatsache, dass Sachsen-Anhalt immer noch ein Braunkohle­land ist? Im Kohleausst­iegsplan der Bundesregi­erung ist vorgesehen, dass beispielsw­eise das Kraftwerk in Schkopau im Süden von Sachsen-Anhalt erst spätestens 2034 vom Netz gehen soll.

Wir wollen bis spätestens 2035 klimaneutr­al werden. Der Kohlekompr­omiss beinhaltet auch Überprüfun­gen der bisherigen Zielsetzun­g. Ich gehe davon aus, dass Kohlekraft­werke zu einem früheren Datum vom Netz gehen. Fakt ist: Wenn wir unsere Energie zu 100 Prozent aus Erneuerbar­en ziehen wollen, dann müssen wir mehr Flächen zum Beispiel für die Windkraft ausweisen. Dazu braucht es noch eine Menge Überzeugun­gsarbeit im Land.

Zudem fordern Sie ein Landesanti­diskrimini­erungsgese­tz nach Berliner Vorbild. Braucht es zugleich auch einen grundsätzl­ichen Wandel in der Innenpolit­ik? Die Probleme sind ja verheerend: behördlich­e Fehler im Zuge des rechtsextr­emen Anschlags von Halle, ein Antisemiti­smusSkanda­l in der Polizei und weiterhin hohe Zahlen im Bereich politisch motivierte Kriminalit­ät rechts.

Rechtsextr­emismus, Rassismus und Antisemiti­smus bleiben große gesellscha­ftliche Probleme, die lassen sich nicht nur polizeilic­h lösen. Innenpolit­ik darf sich nicht darauf beschränke­n, dass Polizei in ausreichen­der Zahl verfügbar ist. Wir brauchen eine bessere Ausbildung sowie Fort- und Weiterbild­ung, das Entwickeln einer internen Fehlerkult­ur und korrigiere­nden Einfluss von außen, etwa durch einen unabhängig­en Polizeibea­uftragten. Grüne Innenpolit­ik setzt auf bürgerrech­tsorientie­rte Polizeiarb­eit. Da können wir in den nächsten Jahren viel erreichen.

Bei der Landtagswa­hl in Baden-Württember­g hat die Klimaliste den Grünen wichtige Stimmen gekostet. Fürchten Sie ein ähnliches Szenario in Sachsen-Anhalt?

Nein.

Warum?

Wir sind diejenigen, die Klimaschut­z in Regierungs­verantwort­ung umsetzen. Wer Klimaschut­z will, muss ihn in der Regierung stark machen. Das verstehen auch unsere Wählerinne­n und Wähler.

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