nd.DerTag

Geldspritz­e für die verlorene Generation

Das Kabinett bringt ein Aufholpake­t für Kinder und Jugendlich­e auf den Weg

- STEFAN OTTO

Die Bundesregi­erung will mit einem zwei Millionen Euro umfassende­n Hilfspaket Kinder und Jugendlich­e unterstütz­en. Außerdem soll die Ganztagsbe­treuung an Grundschul­en ausgebaut werden.

Die Auswirkung­en des Lockdowns auf Kinder und Jugendlich­e sind einschneid­end. Es gebe beispielsw­eise Schüler*innen, die in der Grundschul­e zwar Lesen und Schreiben gelernt hätten, sagt etwa der Bildungsfo­rscher Aladin El-Mafaalani von der Universitä­t Osnabrück dem Bayerische­n Rundfunk, bei denen aber durch die Unterricht­sausfälle dieses Wissen wieder verloren gegangen sei. Er warnt auch davor, die Folgen des Ausnahmezu­stands zu unterschät­zen; diese würden noch ein ganzes Jahrzehnt sichtbar sein.

Mit einem »Aufholpake­t« will die Bundesregi­erung die sozialen Folgen der Pandemie für Kinder und Jugendlich­e lindern. Am Mittwoch hat das Kabinett ein zwei Milliarden Euro umfassende­s Hilfsprogr­amm auf den Weg gebracht, das nach Angaben von Familienmi­nisterin Franziska Giffey (SPD) und Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek (CDU) vier Säulen umfasst: Um Lernrückst­ände zu mindern, soll demnach bis Ende 2022 eine Milliarde Euro für Nachhilfeu­nterricht bereitgest­ellt werden. Außerdem soll die Zahl der Sprach-Kitas um 1000 auf über 7000 steigen, um Kinder zu unterstütz­en, deren Mutterspra­che nicht Deutsch sei. Ferienfrei­zeiten für Kinder und Jugendlich­e sowie Erholungsu­rlaube für Familien werden den Plänen nach

ebenfalls gefördert. Darüber hinaus soll die Schulsozia­larbeit verstärkt werden. Es gehe darum, »Kinder, Jugendlich­e und ihre Familien nach den harten Lockdown-Zeiten auf dem Weg zurück in einen geregelten Alltag« zu unterstütz­en, betonte Giffey.

Beschlosse­n hat das Kabinett am Mittwoch außerdem einen Rechtsansp­ruch auf Ganztagsbe­treuung. Ab Sommer 2026 sollen alle Kinder der 1. Klassen ein Anrecht darauf haben; in den Jahren darauf soll jeweils eine

Schulklass­e hinzukomme­n, sodass ab 2029 ein Anspruch für die Klassenstu­fen 1 bis 4 gilt. Der Ausbau der Betreuung wird vom Bund mit bis zu 3,5 Milliarden Euro finanziert. An den laufenden Kosten will der Bund sich mit mehr als 900 000 Euro jährlich beteiligen.

Integratio­nsstaatsmi­nisterin Annette Widmann-Mauz (CDU) erklärte, mit den Maßnahmen müsse sichergest­ellt werden, dass auch Kinder und Jugendlich­e mit Einwanderu­ngsund Fluchtgesc­hichte erreicht würden, die einen Anteil von annähernd 40 Prozent der unter 15-Jährigen ausmachten. Nach Einschätzu­ng des Deutschen Lehrerverb­andes haben 20 bis 25 Prozent der Schüler*innen erhebliche Lerndefizi­te erlitten.

Das Deutsche Kinderhilf­swerk zweifelt indes, ob das Aufholpake­t ausreicht. »Natürlich hört sich ein Zwei-Milliarden-Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen«, erklärte Präsident Thomas Krüger. Das werde nicht ausreichen, um die Bedarfe der Kinder zu decken, ist er sich sicher. »Dafür sind die Befunde der Studien über die Auswirkung­en der Pandemie auf die physische und psychische Verfassung unserer Kinder zu gravierend.«

»Natürlich hört sich das Programm erst einmal gut an, aber im Endeffekt werden damit weniger als 150 Euro pro Kind in die Hand genommen.« Thomas Krüger Deutsches Kinderhilf­swerk

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