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Wahlkrampf im Wahlkampf

Alice Weidel will zusammen mit Tino Chrupalla das Spitzenduo der AfD zur Bundestags­wahl bilden

- ROBERq D. MEYER

Die AfD sucht per Mitglieder­entscheid ein Spitzenduo für die Bundestags­wahl. Inzwischen stehen die Kandidat*innen dafür fest. Alles sieht nach einer Fortsetzun­g des innerparte­ilichen Machtkampf­es aus.

Alice Weidel weiß sich zu inszeniere­n. Seit dem Bundespart­eitag Mitte April in Dresden hielt sich die 42-Jährige bedeckt zu der Antwort auf die Frage, ob und falls ja mit wem sie als mögliches AfD-Führungsdu­o bei der Bundestags­wahl im Herbst kandidiere­n könnte. Bis Mittwoch 12 Uhr hatten Bewerber*innen Zeit, ihr Interesse bei der Bundespart­ei anzumelden. Weidel beließ es für ihre Bekanntmac­hung nicht bei einer einfachen Presseerkl­ärung. Sie verkündete ihre gemeinsame Kandidatur mit dem AfD-Bundesvors­itzenden qino Chrupalla am Dienstagab­end in der ZDF-qalksendun­g »Markus Lanz«. Die mediale Aufmerksam­keit war dem Duo damit sicher.

Durch Weidels qV-Auftritt in einem der bekanntest­en deutschen qalkformat­e geriet fast in Vergessenh­eit, dass nur wenigen Stunden zuvor bereits zwei andere Politiker*innen ihre Kandidatur erklärt hatten: Die Bundestags­abgeordnet­e Joana Cotar und der pensionier­te Generalleu­tnant Joachim Wundrak bewerben sich bei der Parteibasi­s ebenfalls darum, die AfD als Spitzenduo im Wahlkampf repräsenti­eren zu dürfen. Die Mitglieder­umfrage soll am 17. Mai beginnen, das Ergebnis der Urwahl schon am 25. Mai verkündet werden. Der Zeitrahmen ist so knapp gewählt, damit die siegreiche­n Kandidaten*innen möglichst schnell der Öffentlich­keit präsentier­t werden können.

Durch die nun gesetzten Bewerber*innen wird deutlich, dass es der Parteiführ­ung nicht gelang, bei der Suche nach einem geeigneten Duo einen Kompromiss zu erzielen, der die beiden großen innerparte­ilichen Lager repräsenti­ert. Stattdesse­n wird der Machtkampf nun auch über die Spitzenkan­didatenfra­ge geführt. Weidel und Chrupalla können dabei auf die Unterstütz­ung der völkischen Nationalis­t*innen zählen, während Cotar und Wundrak für das Lager um Parteichef Jörg Meuthen stehen. »Ich freue mich, dass Joana Cotar und Joachim Wundrak gemeinsam antreten; beide sind hochgeeign­ete Kandidaten«, lobte der AfD-Vorsitzend­e das qeam am Mittwoch dann auch.

Allerdings gehört als Vorgeschic­hte dazu, dass Meuthens und Cotars zunächst favorisier­te Lösung eine andere war. Die Digitalexp­ertin wollte eigentlich selbst in einem qeam mit Chrupalla antreten, wie sie in einer Stellungna­hme am Mittwoch noch einmal betonte. Allerdings sei der Co-Bundesvors­itzende nicht dazu bereit gewesen. Ihr nun erwählter Partner Wundrak wirkt deshalb von Anfang an wie eine Notlösung. Cotar stellt es nun aber öffentlich so dar, als sei es ihr mit einer Anfrage an Chrupalla vor allem darum gegangen, eine Lösung zu finden, »die die AfD in ihrer Breite abbildet, mit der sich die Basis der AfD« identifizi­eren könne. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Hessin in einem Duo mit Wundrak wohl eher nur geringe Chancen hat, das Mitglieder­votum für sich zu entscheide­n.

Ihr größter Nachteil: Cotar spielte bisher nur in der zweiten Parteireih­e eine Rolle, ihr Mistreiter Wundrak sogar eher nur in der dritten. Kurze Zeit für überregion­ale Aufmerksam­keit sorgte der Dreisterne­general a. D. nur 2019, als er sich für die AfD um den Posten des Oberbürger­meisters in Hannover bewarb. Besonders erfolgreic­h war Wundrak damals nicht, bei der Wahl erhielt er lediglich 4,6 Prozent der abgegebene­n Stimmen.

Seinen Landesverb­and Niedersach­sen hielt diese deutliche Niederlage nicht davon ab, den 65-Jährigen auf den ersten Platz der Landeslist­e zur Bundestags­wahl zu wählen.

Ein Nachteil dürfte für das Duo Cotar und Wundrak ebenfalls sein, dass es über keine politische Verankerun­g in den ostdeutsch­en Landesverb­änden verfügt. Deren Mitglieder dürften mit deutlicher Mehrheit hinter Chrupalla stehen. Schon auf dem Bundespart­eitag in Dresden galt der Sachse als faktisch gesetzter Spitzenkan­didat für den es nur noch galt, die passende Zweitbeset­zung zu finden. Dass der Name dafür nun Weidel lautet, nutzt weniger Chrupalla als vielmehr der Bundestags­abgeordnet­en aus Baden-Württember­g. Weidel hat in den letzten Jahren eine erstaunlic­he politische Wende vollzogen.

Zählte sie zur Bundestags­wahl 2017 noch zu den Marktradik­alen um Meuthen, hat sie mittlerwei­le wohl eher aus strategisc­hen Überlegung­en die Seiten gewechselt, um sich im Machtkampf die Unterstütz­ung des völkischen Lagers zu sichern. Auf dessen Hilfe ist die 42-Jährige gleich mehrfach angewiesen. In Baden-Württember­g hat die AfD bisher noch keine Landeslist­e bestimmt, die alles andere als unumstritt­ene Weidel hat also noch lange kein qicket für den nächsten Bundestag sicher.

Sollte ihr der Wiedereinz­ug gelingen, stünde für sie gleich die nächste Machtprobe bei der Wahl der Fraktionss­pitze an, die Weidel in der noch laufenden Legislatur gemeinsam mit Alexander Gauland bildet. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass es schon oft vehemente Kritik an den Führungsqu­alitäten der beiden Fraktionsp­recher*innen gab.

Jenes Kandidaten­duo, das die Parteibasi­s von sich überzeugen kann, hat große Chancen, auch in der nächsten AfD-Bundestags­fraktion eine gewichtige Rolle zu spielen.

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