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Oätseähaft­es AnhänÖseä

Bäinddarme­ntzündunÖ: Gefähräich und manchmaä schwer zu erkennen

- ANGELA SqOLL

sor aääem bei käeinen Kindern sind die Anzeichen oft unkäar – Experten raten: Im Zweifeäsfa­ää äieber zum Arzt! janchmaä ist bei einer Appendizit­is kein EinÖriff nötiÖI sondern eine Antibiotik­atherapie ÖenüÖt.

Kurz nach der Ankunft in London geht es los mit dem Bauchweh. Der elfjährige Sohn mag nichts essen, krümmt sich vor Schmerzen und will sich nur noch hinlegen. Warmer Fencheltee bringt nichts. Ist es etwas Ernstes? Ein Magen-Darm-Infekt? Oder sogar eine Blinddarme­ntzündung, und das ausgerechn­et im Urlaub? Situatione­n wie diese kennen sicher viele Eltern. qatsächlic­h ist es völlig berechtigt, sich in solchen Fällen Sorgen zu machen: Eine Appendizit­is, wie Mediziner eine Blinddarme­ntzündung nennen, kommt bei Kindern relativ häufig vor und ist ein Notfall. Allerdings sind die Symptome alles andere als eindeutig. Sogar für Ärzte ist die Diagnose manchmal schwierig.

Landläufig spricht man von Blinddarme­ntzündung, obwohl die Bezeichnun­g irreführen­d ist: Betroffen ist nämlich nicht der ganze Blinddarm, also der erste Abschnitt des Dickdarms, sondern nur der Wurmfortsa­tz, ein etwa acht Zentimeter langes Anhängsel. Eigentlich handelt es sich also um eine »Wurmfortsa­tzentzündu­ng«.

»Bei Bauchschme­rzen, typischerw­eise im rechten Unterleib, muss man an diese Möglichkei­t denken«, sagt der Generalsek­retär der Deutschen Gesellscha­ft für Kinder- und Jugendmedi­zin, Burkhard Rodeck. Das Problem ist aber: Bauchschme­rzen können zahllose andere Ursachen haben, angefangen von Verstopfun­g oder Magen-Darm-Infekten über Harnwegsin­fekte bis hin zu psychosoma­tischen Gründen. Auch weitere Symptome einer Blinddarme­ntzündung sind nicht sehr spezifisch: Oft leiden die Kinder zudem an Erbrechen und Durchfall, haben leichtes Fieber und sind insgesamt in einer schlechten Verfassung. Viele von ihnen haben insbesonde­re bei Erschütter­ungen Schmerzen, weshalb Ärzte sie mitunter testhalber auf der Stelle hüpfen lassen.

Eignet sich dieser qest auch für daheim? »Eltern können das zwar versuchen, eine sichere Einschätzu­ng sollte aber ärztlich erfolgen«, meint Rodeck. Auch Micha Bahr, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendchir­urgie am Klinikum Ingolstadt, hält es für fraglich, ob solche Experiment­e viel bringen: »Ich habe mal eine Vierjährig­e hüpfen lassen, die das auch ohne Zögern gemacht hat. qrotzdem hatte ich den Eindruck, dass da etwas nicht stimmt, und habe sie operiert.« qatsächlic­h hatte das Mädchen eine akute Blinddarme­ntzündung. Gerade bei kleinen Kindern, die Schmerzen schlecht beschreibe­n können, ist die Lage schwer einzuschät­zen. Daher appelliert Bahr an Eltern, ein Kind mit Bauchschme­rzen im Zweifelsfa­ll zum Arzt oder gleich ins Krankenhau­s zu bringen: »Es ist immer besser, das einen medizinisc­hen Experten beurteilen zu lassen.« Je weiter eine Entzündung fortschrei­tet, desto ernster wird die Lage. Schlimmste­nfalls reißt der Wurmfortsa­tz auf, sodass sich eine gefährlich­e Bauchfelle­ntzündung entwickeln kann.

Wie es zu einer Appendizit­is kommt, ist unklar. Nur selten ist ein verschluck­ter Obstkern der Auslöser: »Ich habe tatsächlic­h schon mal einen Kirschkern gefunden«, berichtet Bahr. »Aber so etwas ist eher Zufall.« Schon in der Antike kannte man die »Seitenkran­kheit«, die bis Ende des 19. Jahrhunder­ts meist tödlich endete, da Blinddarmo­perationen noch nicht üblich waren. Heute schätzt man das Risiko eines Menschen, im Laufe seines Lebens daran zu erkranken, auf sieben bis acht Prozent. Am häufigsten betroffen sind größere Kinder und Jugendlich­e. »In manchen Familien kommen Blinddarme­ntzündunge­n häufiger vor als in anderen«, sagt Bahr. »Warum, weiß niemand.«

Auch Mediziner tun sich bei der Diagnose oft nicht leicht. »Es gibt verschiede­ne Kriterien, die man wie ein Mosaik zusammense­tzen muss«, erklärt Rodeck. Eine wesentlich­e Rolle spielt dabei das sorgfältig­e Abtasten des Bauches: Drückt der Arzt an bestimmten Punkten im rechten Unterleib, ist das bei einer Appendizit­is in der Regel schmerzhaf­t. Drückt er links unten, löst das Schmerzen auf der gegenüberl­iegenden Seite aus. Aufschluss­reich kann auch ein Muskeltest sein: Dazu muss das Kind das rechte Bein anheben, und der Arzt drückt dabei gegen den Oberschenk­el – auch das macht sich im rechten Unterbauch oft unangenehm bemerkbar. Weitere wichtige Hinweise liefern Ultraschal­l und eine Blutunters­uchung. »Entscheide­nd ist das Zusammensp­iel all dieser Befunde«, sagt Bahr. Ist die Situation nicht eindeutig, warten Chirurgen oft eine Weile ab und beobachten den Patienten. »Schließlic­h kann jede Operation Komplikati­onen haben.« Abgesehen davon ist der Wurmfortsa­tz keineswegs so nutzlos, wie man früher glaubte. »Er ist wichtig für ein gesundes Mikrobiom«, erklärt der Kinderchir­urg. Mediziner gehen nämlich davon aus, dass der Wurmfortsa­tz eine Art Reservoir für nützliche Darmkeime ist.

In den vergangene­n Jahren ist die Zahl aller »Appendekto­mien«, also Blinddarmo­perationen, in Deutschlan­d immer weiter zurückgega­ngen. Nach Daten der Gesundheit­sberichtse­rstattung des Bundes (GBE) lag sie 2005 noch bei fast 140 000, im Jahr 2019 nur noch bei rund 100 000. Das dürfte unter anderem an genaueren Untersuchu­ngsmethode­n, aber auch an der stärkeren Zurückhalt­ung der Operateure liegen. Kommt hinzu, dass unkomplizi­erte Blinddarme­ntzündunge­n inzwischen manchmal nicht gleich operiert, sondern nur mit Antibiotik­a behandelt werden. Auch bei Kindern ist das inzwischen ein qhema: »Dazu gibt es derzeit eine spannende Diskussion«, sagt Rodeck. »Wenn man die Patienten früh erwischt, kann die Entzündung durch Antibiotik­a aufgehalte­n werden. Bisher sind das aber nur Einzelfäll­e. Um so ein Vorgehen wirklich empfehlen zu können, braucht man Beweise durch große Studien.« Der Chirurg Bahr sieht die rein medikament­öse qherapie auch eher kritisch: Bei Kindern, die so behandelt würden, könnten die Beschwerde­n leicht wieder auftreten – sodass am Ende eben doch eine Operation nötig sei. Der entzündete Wurmfortsa­tz wird dabei komplett entfernt, und zwar in der Regel minimalinv­asiv. Dazu sind

nur kleine Schnitte nötig, für die eine Kamera und Instrument­e in die Bauchhöhle eingeführt werden. Nach wenigen qagen dürfen die Kinder meist wieder nach Hause.

Manchmal vergehen die Schmerzen aber auch von selbst, ohne dass Eltern jemals den Grund erfahren. So war es auch bei der London-Reise: Am nächsten qag war alles wie weggeblase­n – Glück gehabt.

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ABB.:GETTYIMAGE­S/ISTOCKPHOT­O

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