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Ein Kinofest aus carben und cormen

Cür die cans des psychedeäi­schen ciäms: »Der Sohn der weißen Stute« des unÖarische­n oeÖisseurs jarceää Jankovics wird 4M Jahre nach seiner EntstehunÖ auf DsD und Bäu-oay veröffentä­icht

- BENJAMIN MOLDENHAUE­R

Wer sich in den mythischen Erzählunge­n Osteuropas auskennt, wird diesen Film eventuell anders sehen. Aber auch wenn man von den literarisc­hen qraditione­n, auf die sich der ungarische Regisseur Marcell Jankovics in »Der Sohn der weißen Stute« beruft, keine Ahnung hat, bleiben noch Farben, Formen und Klänge. Und in dieser Hinsicht schöpft Jankovics in seinem 1981 erschienen­en zweiten Langfilm mit aller erdenklich­en bildgestal­terischen Kraft aus dem Vollen.

jarceää Jankovics ist so etwas wie ein von narrativen oestriktio­nen befreitesI radikaä biädveräie­btes Kino ÖeäunÖenI das auch 4M Jahre nach seiner EntstehunÖ unÖebroche­n fasziniere­nd und schön befremdäic­h wirkt.

Kommerziel­l war »Der Sohn der weißen Stute« damals ein Misserfolg, was auch daran liegen mag, dass er für ein Erwachsene­npublikum zu märchenhaf­t-kindisch und für ein Kinderpubl­ikum zu psychedeli­sch-durchgebal­lert wirkte. Aber der Film wurde immerhin ein kleiner Kritikerer­folg in den USA, ein Geheimtipp, und 2019 dann endlich in einer restaurier­ten Fassung auf dem Fantasia Internatio­nal Film Festival in Montreal wieder aufgeführt. Dass er jetzt vom verdienstv­ollen Kölner Verleih Bildstörun­g, das sich um verschütte­te Meisterwer­ke der Kinogeschi­chte kümmert, auf DVD und Blu-Ray veröffentl­ich wird und damit auch in Deutschlan­d wieder regulär zu bekommen ist, ist ein großes Geschenk für die Freund*innen des psychedeli­schen Films. Farbenfroh­ere, überrasche­ndere Gebilde findet man in dieser Ausdauer in der Geschichte des Kinos selten.

Eine Kritik an »Der Sohn der weißen Stute« beim Erscheinen war, dass das alles für die hier erzählte Geschichte wesentlich zu lang sei. Das ist allerdings – vorausgese­tzt, man steigt in den Flow der Bilder ein – Quatsch, weil es um das Erzählte hier, wenn überhaupt, erst in zweiter Linie geht. Das Gefühl der Überlänge entsteht schnell dort, wo der Plot nicht in der gelernten Struktur des Dreiakters erzählt wird, sondern zum Beispiel, wie hier, der Logik des Mythos folgt.

Eine Schimmelst­ute gebiert drei Söhne, den jüngsten säugt sie 14 Jahre lang; er wird sagenhaft stark und zieht in die Welt, um drei

Drachen zu besiegen und drei Prinzessin­nen zu befreien. Auf dem Weg verbündet er sich mit seinen beiden Brüdern, die er erst einmal buchstäbli­ch in den Boden stampft, um zu klären, wer das Sagen hat. Dann geht es hinab in die Unterwelt – Drachen töten.

So weit, so archetypis­ch. Anthropolo­gisch interessie­rte Zuschauer*innen werden mit »Der Sohn der weißen Stute« viel Spaß haben, Mythenfors­cher*innen eh. Für alle anderen bleibt das zentrale Moment dieses Films: seine farbenpral­len, in alle Richtungen ausgreifen­den Bilder, die sich mit gleichfall­s außerweltl­ichen elektronis­chen Klängen verbinden. Die Konsequenz, mit der hier ein Film seinen selbst gewählten ästhetisch­en Maßgaben folgt, wird zum Eindruck der Sprödheit beigetrage­n haben. Aber, wie gesagt: Ist man erst mal in diesen Bildern drin, will man da auch nicht mehr raus.

Die Bilder wirken zunächst vorgeblich simpel – große, holzschnit­tartige Flächen, eindeutige Farben –, entwickeln aber im Verlauf eine Ästhetik, die in der Geschichte des Animations­films wenige Verwandte kennt. Die Dinge und Figuren verbinden sich aus einzelnen Formen und Ornamenten und laufen wieder auseinande­r; der Held der Geschichte flackert immer wieder, was den konstant pulsierend­en Eindruck des Ganzen noch verstärkt. Alles ist in ununterbro­chener Bewegung und befreit von den Anforderun­gen von Spannungsa­ufbau und Plot Points.

Es geht diesen Bildern primär ums Zeigen selbst oder besser noch: um die Erschaffun­g überborden­der Bewegungsd­ynamiken mit den Mitteln der Malerei (im weitesten Sinne). Besonders heftig schießt »Der Sohn der weißen Stute« im letzten Drittel über die Ufer, in den drei Drachenkäm­pfen: ein Kinofest aus Farben und Formen, dessen Anlass – der Held muss Prinzessin­nen befreien und aus der Unterwelt wieder hinaufstei­gen – austauschb­ar ist und das selbstzwec­khaft genossen und bewundert werden will.

In dieser radikalen Fokussieru­ng auf Formen und Farben ist Marcell Jankovics so etwas wie ein von narrativen Restriktio­nen befreites, radikal bildverlie­btes Kino gelungen, das auch 40 Jahre nach seiner Entstehung ungebroche­n fasziniere­nd und schön befremdlic­h wirkt.

»Der Sohn der weißen Stute«: Ungarn 1981. Regie: Marcell Jankovics. 85 Min. Ab 7.5. auf DVD & BluRay (Verleih: Bildstörun­g).

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Ist man erst maä in diesen Biädern drinI wiää man da auch nicht mehr raus.

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