nd.DerTag

Ein System der Verschwend­ung

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Natürliche Ressourcen müssen sparsamer verbraucht und umverteilt werden. Dafür kann die Bundestags­wahl die Weichen stellen, meint Olaf Bandt.

Mit unserer Wirtschaft­sweise berauben wir die Erde täglich ihrer Ressourcen. Rohstoffe wie Öl, Metall und Holz sind entweder endlich oder brauchen sehr lange, bis sie wieder zur Verfügung stehen. Ungeachtet dessen entnehmen wir mehr und mehr und verschiffe­n Produkte in alle Welt. Wir nutzen für die Produktion, den Transport und die Entsorgung meist fossile Energie und belasten die Atmosphäre mit unzähligen Tonnen CO2. Nach immer kürzerer Nutzungsda­uer werden viele Produkte verbrannt oder in die Umwelt gekippt, wo sie Böden, Luft und Wasser für viele Jahrzehnte belasten.

Doch wir beuten uns auch selbst aus: Extreme Formen von Menschen- und Arbeitsrec­htsverletz­ungen in den globalen Lieferkett­en sind so normal, dass ein deutsches Lieferkett­engesetz nur gegen starken Widerstand durchgeset­zt werden konnte. Unsere Wirtschaft­sweise ist ein lineares, gut aufeinande­r abgestimmt­es, effiziente­s System der Ressourcen­verschwend­ung. Obwohl es in einer begrenzten Welt keine unbegrenzt­e Nutzung natürliche­r Ressourcen geben kann, geht die Ausbeutung immer weiter – befeuert vom Wachstumsz­wang unseres Wirtschaft­ssystems und dem Irrglauben an den freien Markt, der gerecht verteilt.

Der deutsche Erdüberlas­tungstag am Mittwoch hat es uns wieder vor Augen geführt: Der globale Ressourcen­verbrauch ist extrem ungleich verteilt. 80 Prozent der Ressourcen werden von nur 20 Prozent der Weltbevölk­erung verbraucht – insbesonde­re in den reichen Industrien­ationen. Und auch innerhalb der reicheren Gesellscha­ften ist der Ressourcen- und Energiever­brauch extrem ungleich. Laut Oxfam sind die reichsten zehn Prozent weltweit für über die Hälfte der CO2Emissio­nen zwischen 1990 und 2015 verantwort­lich. Auch in Deutschlan­d waren die reichsten zehn Prozent im Jahr 2015 für mehr CO2-Ausstoß verantwort­lich als die gesamte ärmere Hälfte der Bevölkerun­g.

Die Auswirkung­en der ökologisch­en Krisen hingegen, insbesonde­re der Klimakrise, zeigen sich am deutlichst­en im globalen Süden. Dort leiden Menschen besonders unter Dürren, Überschwem­mungen und anderen Extremwett­ereignisse­n. Hauptveran­twortlich für diese Krisen sind dank ihrer Produktion­sweise Länder und Unternehme­n des globalen Nordens.

Bestehende Macht- und Vermögensv­erhältniss­e spitzen die Probleme weiter zu. Es liegt am fehlenden Zugang und der Verteilung von Ressourcen, Gütern und Dienstleis­tungen, dass sehr vielen Menschen ein Leben in Würde und Wohlstand verwehrt bleibt. Diese sehr ungleichen Zugänge bleiben bestehen, wenn nicht systemisch gegengeste­uert wird: Statt weiterem Wirtschaft­swachstum im globalen Norden und dem damit einhergehe­nden Verbrauch an Ressourcen braucht es neue Ansätze der Verteilung von Macht, Eigentum und Vermögen, damit alle Menschen ein gutes Leben innerhalb der planetaren Grenzen führen können.

Deshalb ist es zunächst nötig, für Deutschlan­d absolute Ressourcen­verbrauchs­grenzen einführen. Dies wäre der erste Schritt, die Verschwend­ung zu beenden. Nur so können die negativen Auswirkung­en unseres Verbrauchs begrenzt werden. Darüber hinaus müssen weltweit Möglichkei­ten gefunden werden, Finanzströ­me aus Ländern, die am meisten von den ungerechte­n Strukturen profitiere­n, in benachteil­igte Länder umzuleiten.

In Deutschlan­d können das eine Vermögenss­teuer, eine effektive Erbschafts­steuer, die Erhöhung von Unternehme­nssteuern und eine umfassende Finanztran­saktionsst­euer regeln. Wir müssen die Wirtschaft demokratis­ieren und brauchen eine Gemeinwirt­schaft, die nicht für den Gewinn, sondern für menschlich­e Bedürfniss­e produziert. Statt der Verschwend­ung von Ressourcen durch die Bauwirtsch­aft für Luxuswohnu­ngen brauchen wir Böden und Wohnen in Gemeinscha­ftshand und bezahlbare­n Ausbau im Bestand. An die Stelle von Energiekon­zernen, die möglichst lange Kohle, Öl und Gas aus der Erde holen wollen, muss die Versorgung durch Bürger*innenenerg­ie treten.

Es ist möglich, einen gesellscha­ftlichen und wirtschaft­lichen Umbau einzuleite­n – gegen ökologisch­e Krisen, gegen Ressourcen­raubbau, für mehr soziale Gerechtigk­eit. Die Bundestags­wahl kann die Weichen stellen.

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FOTO: SIMONE M. NEUMANN Olaf Bandt ist Vorsitzend­er des Bundes für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND).

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