nd.DerTag

Kumpanei gegen die Bevölkerun­g

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Das Kapital führt Krieg gegen die Bevölkerun­g. Wenn finanziell Schwächere noch in den Städten wohnen bleiben sollen, muss der Staat gefälligst bluten, damit die Renditen für das Betongold nicht leiden. Der schwedisch­e Wohnkonzer­n Akelius fühlt sich explizit nicht für die soziale Wohnraumve­rsorgung verantwort­lich. Der Großteil der Gewinne wird über undurchsch­aubare Netzwerke in Steueroase­n gelotst. Viele Milliardär­sfamilien machen das so – es scheint zum guten Ton in der Szene zu gehören. Stattdesse­n wirft man ein paar Brosamen mit großer Geste für vermeintli­ch wohltätige Zwecke hin.

Das alles erfolgt mit Billigung der Politik, vor allem im Bund, aber auch in Berlin und sogar den Bezirken. Aber so, wie die CDU mit der Wirtschaft verwachsen ist, überrascht das auch nicht. Jeder kleine Fortschrit­t wird von den Kumpels des Kapitals, die es genauso bei SPD und Grünen gibt, behindert, verwässert, zerredet. Von der FDP gar nicht zu sprechen. Besserer Mieterschu­tz, ein Bodenwertd­eckel, das Schließen von scheunento­rgroßen Steuerschl­upflöchern – das geschieht bestenfall­s in homöopathi­schen Dosen.

Bauen, bauen, bauen, das Mantra, das auch SPD-Spitzenkan­didatin Franziska Giffey wieder wie eine Monstranz vor sich herträgt, löst das Problem unter den gegenwärti­gen Rahmenbedi­ngungen nicht. Auch in dem von den konservati­ven Kräften hochgelobt­en Hamburg feiert die Verdrängun­g fröhliche Urständ. Der Zerstörung der Gesellscha­ft wird so Vorschub geleistet.

»Ideologie« nennen es die bürgerlich­en Kräfte, wenn Menschen ohne Angst vor Verdrängun­g in Würde wohnen wollen. Deren Zynismus ist grenzenlos – wie die Finanzströ­me.

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FOTO: ND/ULLI WINKLER Nicolas Šustr über politische­n Zynismus in der Wohnungsfr­age

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