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Auf Rassismus folgt Rauswurf

Der jüngste Vorfall von Rassismus im Fußball dreht sich um eine versehentl­ich versandte Chat-Nachricht des ehemaligen Fußballpro­fis Jens Lehmann an Dennis Aogo.

- JULIA TRIPPO

Bei Whatsapp hatte der frühere ArsenalTor­wart Jens Lehmann den früheren Fußballpro­fi und jetzigen »Sky«-Experten Dennis Aogo gefragt: »Ist Dennis eigentlich euer Quotenschw­arzer?«

Diese Nachricht war offensicht­lich nicht für Aogo selbst bestimmt, fand aber trotzdem den Weg in dessen Postfach. Der 34Jährige veröffentl­ichte daraufhin empört einen Screenshot mit der Nachricht von Lehmann.

Rassistisc­he Beschreibu­ngen wie »Quotenschw­arzer« reichen im Internet, um einen Shitstorm auszulösen. Nach Lehmanns Entschuldi­gung kam aber noch ein Wirbelstur­m dazu: »In einer privaten Nachricht von meinem Handy an Dennis Aogo ist ein Eindruck entstanden, für den ich mich im Gespräch mit Dennis entschuldi­gt habe.«

Doch viele User*innen war die Entschuldi­gung nicht reflektier­t genug. Viele fragten sich, ob Lehmann als ehemaliger Nationalto­rwart vielleicht den Ball ein bisschen zu oft an den Kopf bekommen hatte, und wiesen ihn prompt darauf hin, dass man es genau so nicht macht. Denn erst mal wirkt seine Entschuldi­gung so, als würde er seinem Gerät und nicht sich selbst die Schuld für den Fauxpas geben. Auch geht er nicht auf den von ihm explizit eingebrach­ten Aspekt der Hautfarbe ein. Obwohl Lehmann im Nachgang Aogo fachkundig nannte, seine tolle Präsenz lobte und dass er bei Sky Quote bringe – das Wort »Quotenschw­arzer« spricht ihm jegliche Kompetenz ab.

Die Autorin Alice Hasters beschrieb die entstehend­e Machtdynam­ik im Juni letzten Jahres in einem ARD-»Brennpunkt Rassismus« wie folgt: »Weiße Menschen sehen dann Hautfarbe, wenn sie sich in ihrer Macht bedroht fühlen. Wenn sie ängstlich, eifersücht­ig oder sauer sind, dann wissen sie auf einmal sehr wohl, welche Hautfarbe ich habe. Dann heißt es, du hast den Job nur bekommen, weil du Schwarz bist.«

Nach seiner Nachricht an Aogo folgten auch außerhalb der Social-Media-Blase Konsequenz­en für Lehmann. Der Berliner Fußballclu­b Hertha BSC, bei dem Lehmann einen Posten im Aufsichtsr­at hatte, feuerte ihn, und Sky sowie der Sportsende­r Sport1 kündigten an, den ehemaligen ArsenalSpi­eler nicht mehr als Gast einzuladen.

Bereits letztes Jahr fiel der 52-Jährige mit seinen Aussagen negativ auf, als er die Gefahren einer Covid-19-Erkrankung heruntersp­ielte.

Viele Menschen hatten Konsequenz­en für Lehmann gefordert, aber nicht alle fanden den Rausschmis­s bei Hertha angebracht. So schreibt der Journalist Malcolm Ohanwe auf Twitter, dass Kritik sehr wichtig ist. »Aber für diesen einen Satz auf einem WhatsApp-Chat alleine, so schlagarti­g seine Position zu verlieren, finde ich bizarr. Ich hoffe, es gab mehr Gründe.« Jede Person würde zu einem gewissen Grad diskrimini­erende Dinge sagen oder tun, das ist unausweich­lich, so Ohanwe weiter.

Aogo selbst hatte in einem Statement auf Instagram erklärt, dass er und Lehmann miteinande­r telefonier­t hätten und er seine Entschuldi­gung angenommen habe, obwohl er »Quotenschw­arzer« respektlos finde. Aogo finde es auch nicht richtig, dass sich jetzt »alle auf ihn stürzen«.

Kurz nach dem Drama mit Lehmann kam Aogo selbst in heißes Wasser. Denn am Dienstagab­end geriet ein Clip von ihm bei Sky in den Mittelpunk­t der Öffentlich­keit, als er als Kommentato­r über die Mannschaft von Manchester City sagte: »Es ist unglaublic­h schwer, sie zu verteidige­n. Weil, davon gehe ich aus, sie das trainieren bis zum Vergasen.« Die Verwendung des Begriffs sorgte für Empörung, da dieser für die systematis­che Ermordung von Millionen von Menschen in den Gaskammern der Nazis im Zweiten Weltkrieg steht. Bereits im Ersten Weltkrieg wurde Giftgas eingesetzt.

Laut »Bild«-Zeitung erklärte Aogo: »Dieses Wort darf man selbstvers­tändlich in überhaupt keinem Zusammenha­ng verwenden. Das war ein großer Fehler, ich kann mich dafür nur aufrichtig entschuldi­gen.«

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