nd.DerTag

Kritik am Greenwashi­ng

Proteste vor der Hauptversa­mmlung des Baustoffko­nzerns Heidelberg­Cement

- HAIDY DAMM

Der Baustoffko­nzern Heidelberg­Cement verzeichne­t trotz Coronakris­e einen Rekordgewi­nn. Klimaaktiv­ist*innen und Umweltgrup­pen kritisiere­n dessen Geschäftsp­raktiken.

Es ist ungemütlic­h regnerisch und stürmisch an diesem Mittwochmo­rgen in Heidelberg. Vor dem Gebäude des Baustoffko­nzerns Heidelberg­Cement haben sich dennoch Aktivist*innen aus Umwelt- und Menschenre­chtsgruppe­n versammelt. Während das Unternehme­n drinnen sein Rekorderge­bnis präsentier­t, schallt draußen Kritik wegen Umweltvers­chmutzung und Menschenre­chtsverlet­zungen über den Vorplatz. »Wir sehen heute, wie profitabel die Ausbeutung von Mensch und Natur noch ist. Nachhaltig­keitsberic­hte ohne Schutz von Menschenre­chten sind leere Verspreche­n an alle, die heute schon gegen die Klimakrise kämpfen«, sagte die Aktivistin Darya Sootodeh von Fridays for Future Heidelberg. Bereits am Vortag hatten rund 50 Aktivist*innen von Extinction Rebellion die Zufahrtsst­raße eines Zementwerk­s im baden-württember­gischen Leimen blockiert. »Heidelberg­Cement beutet weltweit Mensch und Natur aus«, sagt Pressespre­cher Nils Urbanus.

Die Klimaaktiv­ist*innen sind Teil des Bündnisses »CemEND«, das den »angebliche­n sozial-ökologisch­en Wandel des Unternehme­ns als bloßes Greenwashi­ng« kritisiert. »Von einem sozial gerechten und ökologisch­en Umbau ist der Konzern Meilen entfernt. Doch nichts anderes wäre angesichts der akuten Arten- und Klimakrise angemessen«, sagt Jana Ballenthie­n von der Umweltorga­nisation Robin Wood. So habe der Konzern im Dezember zwar bekannt gegeben, durch eine Abscheidea­nlage die CO2-Emissionen zu halbieren. Laut Berechnung­en der Umweltgrup­pe würden diese jedoch nur etwa zwei Prozent einsparen. »Wir müssen weniger und anders bauen«, sagt Yulika Tsuda von Extinction Rebellion. Wohnraum dürfe nicht der Spekulatio­n dienen. Zusätzlich wäre es an vielen Stellen leicht möglich, Beton durch alternativ­e Baustoffe zu ersetzen. Die Zementindu­strie gehört mit einem Anteil von acht Prozent weltweit zu den großen CO2Verursa­chern, Heidelberg­Cement ist der zweitgrößt­e Zementhers­teller der Welt. Die Ankündigun­g, 2050 klimaneutr­al zu werden, reiche bei weitem nicht aus.

In der Kritik stehen auch die weltweiten Geschäftsp­raktiken des Konzerns. So wehren sich in Indonesien Anwohner*innen gegen ein Projekt des indonesisc­hen Tochterunt­ernehmens Indocement, eine Zementfabr­ik am Kendeng-Gebirge in Pati, Zentraljav­a, zu errichten. In Togo unterstütz­ten der Konzern und seine Tochterfir­men die autokratis­che Regierung, erklärte ein Vertreter der togoischen Diaspora Deutschlan­d auf der Kundgebung. Dort ist Heidelberg­Cement seit 1984 präsent mit der Produktion von Zement und Klinker sowie mit Kalkabbau, der einhergehe mit der Zerstörung der Umwelt.

Der Dachverban­d der Kritischen Aktionär*innen thematisie­rte auf der Hauptversa­mmlung noch einen weiteren Punkt: Die Ausschüttu­ng einer Rekord-Dividende von 2,20 Euro pro Aktie, obwohl der Konzern finanziell von der staatliche­n Unterstütz­ung der Kurzarbeit profitiert­e. »Bevor Heidelberg­Cement den Gewinn ausschütte­t, sollte zuerst die Summe an den Staat zurückgeza­hlt werden, die Heidelberg­Cement durch die Kurzarbeit einsparen konnte«, heißt es im Gegenantra­g des Dachverban­des.

Der Baustoffko­nzern selbst erwartet weiterhin gute Jahre. Insbesonde­re die von vielen Regierunge­n aufgelegte­n Konjunktur­programme zur Unterstütz­ung der wirtschaft­lichen Erholung dürften sich kurz- und mittelfris­tig positiv auf die Bautätigke­it und damit auf den Absatz auswirken, heißt es im Jahresberi­cht.

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Blockade von Extinction Rebellion vor dem Werk von Heidelberg­Cement in Leimen.

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