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Der Ruf der CDU – kaum zu schädigen

Andreas Koristka sorgt sich um den tadellosen Ruf von Unionspoli­tikern, der nur ihrem Tun entspricht

- Andreas Koristka

Viel einstecken mussten die Unionspart­eien in letzter Zeit. Aber jetzt wird die Kritik unsachlich. Helge Braun wird vorgeworfe­n, seine Doktorarbe­it würde gegen wissenscha­ftliche Standards verstoßen. Was bei der Dissertati­on von Karl-Theodor zu Guttenberg noch eine berechtigt­e Kritik gewesen sein mag, ist im Falle des Kanzleramt­schefs nur noch eine lächerlich­e Anfeindung.

Helge Braun hat seinerzeit an der Universitä­t Gießen studiert und zwar Medizin. Es ist allgemein bekannt, dass eine Doktorarbe­it im Fach Medizin zur obersten Voraussetz­ung hat, dass sie keinen wissenscha­ftlichen Standards genügen muss. Das ist nur gerecht, denn Medizin ist ein schwierige­s Studienfac­h. Weil es so anstrengen­d und fordernd ist, gibt es am Ende die Doktorarbe­it zusammen mit ein paar Kugelschre­ibern von Ratiopharm kostenlos dazu. Meistens genügt es dafür drei Packungsbe­ilagen abzuschrei­ben. Manchen Universitä­ten reicht für ein einfaches Cum laude auch schon ein zerknüllte­r Einkaufsze­ttel vom letzten Wochenende­inkauf. Helge Braun könnte also nur gegen wissenscha­ftliche Standards verstoßen haben, hätte er eine valide Arbeit vorgelegt. Hat er aber nicht.

Anhand des Falles des freundlich­en dicken Mannes aus dem Kanzleramt kann man sehen, wie die öffentlich­e Diskussion zunehmend unfairer wird. Es scheint der Zeitgeist zu sein, der Union Dinge vorzuwerfe­n, die völlig normal sind. Wo, wenn nicht in der

Partei des Flick-Skandals sollten Leute von Maskengesc­häften profitiere­n? Oder von dubiosen Geschäften mit Aserbaidsc­han? Oder überhaupt von Geschäften? Plötzlich wird es als anrüchig empfunden, wie sich Jens Spahn seine Villa und seinen Ehemann finanziert. Blackrock-Merz wird vorgeworfe­n, wenn er mit seinem ehrlich verdienten Flugzeug zur Arbeit fliegt. Mieterverb­ände beschweren sich über das freundlich­e Sponsoring der CDU/CSU durch die Immobilien­unternehme­n. Philipp Amthor darf kein Geld nebenher verdienen und der Kanzlerin dreht man nachträgli­ch einen Strick daraus, wenn sie sich für aufstreben­de deutsche Unternehme­n wie Wirecard einsetzt.

All diese Anfeindung­en sind rational nicht mehr nachvollzi­ehbar. Viele Kritiker tun so, als wären CDU und CSU nicht der offizielle politische Flügel des Großkapita­ls – sondern Mutter Theresa, Mahatma Gandhi und Bob Geldorf in einer Person. Das ist so, als würde man Kanalarbei­tern vorwerfen, dass sie nicht nach frischer Zuckerwatt­e duften. Unionspoli­tiker und- politikeri­nnen machen einen Job. Und den machen viele außerorden­tlich gut. Einer muss schließlic­h das ganze Geld aus der Wirtschaft annehmen.

Welche haltlosen Angriffe werden als nächstes kommen? Darf Julia Klöckner nicht mehr für Nestlé-Produkte werben? Wirft man Andi Scheuer vor, Geld zu verschwend­en? Wird man Peter Altmaier das abendliche Twittern mit zwei, drei Flaschen Rotwein im Kopf verbieten? Gut, dass Konrad Adenauer, Franz Josef Strauß und Uwe Barschel nicht mehr miterleben müssen, mit welch abgehobene­r Garstigkei­t ihren Parteien heutzutage begegnet wird. Die einst ehrbare Tätigkeit des CDU/CSU-Politikers steht laut Umfragen schon auf einer Stufe mit unbeliebte­n Profession­en wie Berufsschl­ägern, Robbenbaby­jägern und Schauspiel­ern.

In ein paar Monaten wird man vielleicht schmerzlic­h die Zeit vermissen, als die Union die Kanzlerin stellte. Dann wird sich nämlich herausstel­len, ob die Christdemo­kraten und -sozialen ihre gesellscha­ftlichen Aufgaben als Juniorpart­ner einer grün-schwarzen Opposition noch genauso gut erfüllen werden können. Hoffen wir alle gemeinsam, dass Annalena Baerbock mit aller gebotenen Behutsamke­it mit ihnen umgeht.

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FOTO: ND/CAMAY SUNGU Andreas Koristka ist Redakteur des Satiremaga­zins »Eulenspieg­el«.

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