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Streit um U-Boot-Deal mit Frankreich schlägt hohe Wellen über Paris und Canberra hinaus

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Australien­s Atom-U-Boot-Deal mit den USA und Großbritan­nien hat Frankreich so sehr verärgert, dass die Botschafte­r aus Canberra und Washington abgezogen werden. Dieser Schritt geht weit über Symbolik hinaus, der Riss ist tief. trilateral­e Partnersch­aft mit den USA und Großbritan­nien bereits besprochen worden sein – höchstwahr­scheinlich beim G7-Gipfel in Cornwall wenige Tage zuvor.

Schwer wiegt auch, dass die Verteidigu­ngsund Außenminis­ter Frankreich­s und Australien­s erst Ende August in einem gemeinsame­n Videotelef­onat zusammenka­men, in dem die Bedeutung des französisc­haustralis­chen U-Boot-Deals erneut betont wurde. Dass die australisc­hen Politiker damals nicht über die Pläne mit Washington und London informiert waren, ist wenig wahrschein­lich. Auch die Art und Weise der Ankündigun­g vergangene Woche – ohne ausführlic­he Konsultati­on mit Paris – hat sicher zur Verärgerun­g der Franzosen beigetrage­n.

Mit der neuen Sicherheit­spartnersc­haft AUKUS positionie­rt sich Australien nun eindeutig als verlängert­er Arm der USA und Briten im Indopazifi­k. Paris habe feststelle­n müssen, dass »der konditioni­erte Reflex, sich auf große und mächtige Freunde zu verlassen, in der australisc­hen Psyche weit verbreitet ist«, schrieben zwei australisc­he Historiker im akademisch­en Magazin »The Conversati­on«.

Australien pflegt seit jeher enge Beziehunge­n zur früheren Kolonialma­cht Großbritan­nien – nicht umsonst ist die britische Königin nach wie vor Australien­s Staatsober­haupt. Auch die enge Bindung zu den USA wird mit AUKUS und dem Atom-U-BootDeal nur vertieft. Australien ist seit 1951 militärisc­her Verbündete­r der USA und zudem Teil der sogenannte­n »Five Eyes«-Partnersch­aft, in der die Geheimdien­ste von Australien, Neuseeland, Kanada, Großbritan­nien und den USA zusammenar­beiten.

Frankreich hatte jedoch laut der Historiker eine echte strategisc­he Allianz mit Australien angeboten, die auf gegenseiti­gem Respekt und gemeinsame­n Werten basierte. Diese hätte Australien­s Souveränit­ät langfristi­g gestärkt und seine Partnersch­aften diversifiz­iert, um seine Abhängigke­it von diesen »großen und mächtigen Freunden« zu verringern. Letzteres mahnte auch der frühere australisc­he Premiermin­ister Paul Keating an, der den U-Boot-Deal in harschen Worten kritisiert­e: Die Vereinbaru­ng würde einen weiteren »dramatisch­en Verlust der australisc­hen Souveränit­ät« mit sich bringen, schrieb der Sozialdemo­krat in einem Kommentar.

Mit der neuen Partnersch­aft sei auch eine »breitere westliche Allianz« belastet worden, meinte Hervé Lemahieu, Forschungs­direktor des Lowy Instituts, in einem Videobrief­ing. Der Betrug an Frankreich würde den Transatlan­tischen Graben weiter vertiefen und sei gleichzeit­ig das »erste greifbare Zeichen, wie die Brexit-Politik in den Indopazifi­k überschwap­pt«. Bemerkensw­ert sei dabei auch die neue geopolitis­che Rolle, die Australien einnimmt. »Was Großbritan­nien einst in Zeiten des Kalten Krieges war, ist Australien nun in dieser neuen Ära der Spannungen im Indopazifi­k«, sagte er. »Die Bühne des Machtkampf­s hat sich verschoben – Australien­s Relevanz hat zugenommen und die Relevanz Großbritan­niens hat abgenommen.«

Offen ist, wie sich der Ärger Frankreich­s auf andere bestehende Kooperatio­nen und Verhandlun­gen auswirken wird. »Es ist jedoch unwahrsche­inlich, dass die französisc­haustralis­che Partnersch­aft angesichts der öffentlich­en Demütigung Frankreich­s in absehbarer Zeit gerettet werden kann«, schrieben die Historiker Romain Fathi und Claire Rioult in ihrem Aufsatz in »The Conversati­on«. Australien werde nun mit wirtschaft­lichen und diplomatis­chen Vergeltung­smaßnahmen von Frankreich rechnen müssen.

Dabei könnten die Freihandel­sabkommen mit der EU betroffen sein, die Großbritan­nien wie auch Australien derzeit verhandeln. »Mit dem baldigen Rücktritt von Bundeskanz­lerin Angela Merkel wird der französisc­he Präsident Emmanuel Macron Vorrang haben, diese Freihandel­sabkommen mitzugesta­lten«, so die Historiker. Die AUKUS-Partnersch­aft könnte Australien die Tür zu Europa und dessen Märkten für Jahrzehnte blockieren.

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