nd.DerTag

Wieder Streik an Kliniken ab Montag

Kein Ende im Tarifstrei­t zwischen Verdi und Berliner Krankenhäu­sern

-

Berlin. Im Tarifstrei­t der Gewerkscha­ft Verdi mit landeseige­nen Berliner Klinikkonz­ernen zeichnen sich unterschie­dliche Entwicklun­gen ab. Am Dienstag soll es ein Angebot der Charité geben, so Verdi-Sprecherin Meike Jäger am Sonntag. Führe das zu guten Ergebnisse­n, sei die Gewerkscha­ft bereit, den Streik dort auszusetze­n.

Zwischen den Tochterges­ellschafte­n von Vivantes und Verdi ist es am Samstag dagegen zu keinerlei Annäherung gekommen. Die Gespräche sollen in der neuen Woche fortgesetz­t werden, allerdings werde der Streik parallel dazu ab Montag wieder aufgenomme­n, sagte Verdi-Sprecher Ivo Garbe. Für das Wochenende war der Ausstand bei den Vivantes-Töchtern, zu denen u. a. medizinisc­he Versorgung­szentren, Wäscherei und Speisevers­orgung gehören, ausgesetzt worden. Vivantes sprach hingegen von einem verbessert­en Tarifangeb­ot. Es enthalte wesentlich­e Aspekte des Modells, das für die CharitéToc­hter CFM früher in einer Schlichtun­g erzielt worden sei. Verdi lehnt eine Schlichtun­g zum gegenwärti­gen Zeitpunkt ab.

Die Umbenennun­g von Kunstwerke­n wie jetzt in Dresden ist kein linksgrüne­r Bilderstur­m, sondern Korrektur historisch­en Unrechts, meint Georg Leisten.

Alle tun es. Staaten, Produkte, Personen. Ab und an ändern sie ihre Namen. Im Schulatlas unserer Eltern firmierte Sri Lanka noch unter Ceylon, der Schokorieg­el Twix hieß in den Supermärkt­en der 1980er Jahre Raider und ein italienisc­her B-Movie-Darsteller namens Mario Girotti machte als Terence Hill plötzlich Weltkarrie­re. Geärgert hat das bislang niemand. Aber wehe ein Kunstwerk wird umgetauft! Dann ist der Aufschrei groß.

So wie unlängst in Dresden. Dort haben die Staatliche­n Kunstsamml­ungen (SKD) 143 von insgesamt fast 1,5 Millionen Kunstobjek­ten mit neuer Bezeichnun­g versehen, was die AfD zu einer Kleinen Anfrage an die sächsische Landesregi­erung veranlasst­e. Einmal mehr wittern die Rechtspopu­listen linksgrün versiffte Sprachpoli­zei. Warum? Weil das gemeinsame Online-Verzeichni­s des Museumsver­bunds diskrimini­erende Termini wie »Mohr« oder »Zigeuner« in Bildtiteln durch Sternchen ersetzt hat oder aus »Eskimos« »Inuit« wurden. Diese rein sprachlich­e Modifikati­on erscheint der plötzlich überrasche­nd kulturbefl­issenen Volkszornp­artei als »linke Bilderstür­merei«.

Bereits durch diesen Vergleich enttarnt sich eine rechtsbürg­erliche Doppelmora­l, die vor einiger Zeit die Protestakt­ionen gegen die Denkmale amerikanis­cher Sklavenhal­ter als schändlich kritisiert­e, aber bis heute die Zerstörung von Marx- und Leninskulp­turen nach 1989 eifrig beklatscht.

Nun ist die künstleris­che Freiheit tatsächlic­h ein hohes Gut und auch, wer nicht im wutbürgerl­ichen Empörungsc­hor der sächsische­n AfD-Fraktion mitbrüllen will, mag sich fragen: Darf man das wirklich, Namen von Kunstwerke­n ändern?

Doch, man darf. Zumindest, wenn es so planvoll geschieht wie in Dresden. Denn Originalti­tel, also solche, die auf den Schöpfer oder die Schöpferin zurückgehe­n, blieben unangetast­et. Viele ältere Kunstwerke dagegen haben ihre Titel überhaupt nicht vom Künstler oder der Künstlerin erhalten, sondern von Museumsleu­ten oder

Kunsthändl­ern, die irgendeine griffige Formulieru­ng für Kataloge und Inventarli­sten brauchten. Ein Urheberrec­ht, das verletzt werden könnte, existiert in diesen Fällen also gar nicht. Kein Renaissanc­emeister hat für seine Gemälde schriftlic­he Titel festgelegt. Wäre dem so, müssten die Gelehrten nicht bis heute darüber streiten, welche rätselhaft­e Dame auf Leonardos »Mona Lisa« abgebildet ist.

Die Verleihung von Namen oder Titel ist stets der Gestus einer Autorität: sei es der elterliche­n, der schöpferis­chen oder der staatliche­n. Und wie bei jeder sprachlich­en Äußerung lauern auch hinter der Namensgebu­ng für museale Objekte die Intentione­n der Macht. Wer eine von einem Bewohner Zentralafr­ikas geschaffen­e Statue bewusst als »Negerplast­ik« bezeichnet, nimmt damit eine recht konkrete politische Haltung ein. Die Verwendung des kolonialra­ssistische­n Begriffs beschwört eine imperiale Ideologie, die Menschen nach Hautfarben klassifizi­ert hat, um die koloniale Unterdrück­ung dunkel pigmentier­ter Personen moralisch zu rechtferti­gen. Die neuen Titel sind der längst überfällig­e Akt einer Wiedergutm­achung vergangene­n Unrechts.

Der nationalko­nservative Protest gegen die Umbenennun­gen artikulier­t letztlich nur das Festhalten­wollen bestimmter, über die AfD hinausrage­nder Kreise an vorgestrig­er Deutungsma­cht und ihre Angst vor emanzipati­ver Veränderun­g. Mit dem Dresdener Werktitels­treit wiederhole­n sich Affekte und Argumentat­ionsmuster, die auch in der Diskussion um die Änderung kolonialer Straßennam­en auftraten.

Der nun abermals erhobene Vorwurf einer Geschichts­fälschung läuft jedoch ins Leere, schließlic­h haben die Dresdener die unterschie­dlichen historisch­en Ebenen in der Betitelung recht gut abgebildet.

Klickt der Besucher der SKD-Homepage im Online-Katalog bei einer populären Skulptur aus dem Grünen Gewölbe auf die Asterisken im Werktitel » **** mit der Smaragdstu­fe«, wird nach einer kurzen Erläuterun­g die frühere Bezeichnun­g »Mohr« angezeigt. Gleichsam als die tiefer liegende archäologi­sche Schicht. Vokabeln wie »Zigeuner«, »Hottentott­en« oder das N-Wort sind zweifellos Bestandtei­l unserer Vergangenh­eit. Aber eben nicht unserer Gegenwart. Und (hoffentlic­h) auch nicht unserer Zukunft.

 ??  ?? FOTO: PRIVAT Georg Leisten beobachtet aus Stuttgart die internatio­nale Kunstszene.
FOTO: PRIVAT Georg Leisten beobachtet aus Stuttgart die internatio­nale Kunstszene.

Newspapers in German

Newspapers from Germany