Vizepräsidentin Cristina Kirchner nimmt den Präsidenten Alberto Fernández an die kurze Leine
Am Mittwoch muss Argentinien 1,87 Milliarden Dollar an Verbindlichkeiten beim Internationalen Währungsfonds (IWF) tilgen. Diese Zahlung fällt mitten in einen internen Richtungsstreit der Mitte-linksRegierung.
Union mit einer deutlichen Anhebung der Staatsausgaben zu reagieren, hätte Argentinien Sparpolitik betrieben.
Zugleich erinnerte sie den Präsidenten daran, wer ihn ins Amt gehievt hatte. »Am 18. Mai 2019 habe ich Alberto Fernández allen Argentiniern als Kandidaten für das Amt des Präsidenten der Nation vorgeschlagen«, schrieb die Vizepräsidentin in ihrem Brief. Selbst in dem überraschungserprobten Argentinien war der damalige Vorschlag, sich selbst als Kandidatin für den Vizeposten aufzustellen und zugleich den Präsidentschaftskandidaten zu nominieren, ein absolutes Novum. Der spätere Wahlerfolg gab ihr recht.
Was damals als genialer politischer Schachzug interpretiert wurde, ist jedoch zugleich der Geburtsfehler dieser Regierungsallianz. Dass die Vizepräsidentin das Machtzentrum ist, um das die Regierungsallianz einschließlich Präsident Fernández kreist, sorgt seit dem Regierungsantritt für interne Spannungen, die sich angesichts der Folgen der Pandemie weiter verschärften. Deutlich wird dies vor allem bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Während Fernández einen gemäßigten Ausgabenkurs fährt, der auch eine Neuregelung der immensen Staatsverschuldung allen voran mit dem IWF im Auge hat, drängt die Vizepräsidentin auf eine konsumorientierte drastische Erhöhung der Staatsausgaben, notfalls mithilfe der Notenpresse.
Wirtschaftsminister Martín Guzmán orientierte sich am Präsidenten und fuhr bisher einen vorsichtigen Sparkurs. Die zusätzlichen Einnahmen aus den Exportsteuern für Getreide- und Ölsaaten halfen ihm beim Konsolidierungskurs. Allen voran der Weltmarktpreis für Sojabohnen war zu Beginn des Jahres kräftig gestiegen. Statt die zusätzlichen Einnahmen unter der Bevölkerung zu verteilen, blieb Guzmán unter dem für 2021 prognostizierten Haushaltsdefizit.
Genau darauf zielt die harsche Kritik von Cristina Kirchner. So habe der Wirtschaftsminister bis Ende August weniger als die Hälfte des im Haushalt 2021 veranschlagten Defizits ausgeschöpft, erklärte sie.
Mit der Neubesetzung des wichtigen Postens des Kabinettschefs und dem angekündigten »Konsumschock« hat Präsident Alberto Fernández auf Kirchners Ansinnen reagiert. So soll der Mindestlohn angehoben werden, und die Renten, auch Einmalzahlungen sind in der Diskussion. Und auch personell hat Fernández reagiert. Während er seinen bisherigen Kabinettschef Santiago Cafiero auf den weniger bedeutsamen Posten des Außenministers von Argentinien versetzte, ernannte er den bisherigen Gouverneur der Provinz Tucumán, Juan Manzur, zum neuen Kabinettschef – auf Vorschlag von Vizepräsidentin Cristina Kirchner.