nd.DerTag

Das Grenzregim­e als Testfeld

Sebastian Bähr über neue Studien zur Abschottun­gspolitik der EU

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Zwei aktuelle Studien der Linke-Fraktion im EU-Parlament zeigen detaillier­t, dass der Staatenbun­d seine Grenzen mit moderner Militärtec­hnik immer stärker aufrüstet. Und dass von dieser Entwicklun­g viele Unternehme­n und Organisati­onen profitiere­n – eine rasant wachsende Industrie im Bereich zwischen Sicherheit­s- und Rüstungsbr­anche. Die schändlich­e Rolle dieser Industrie sollte dabei nicht unterschät­zt werden. Auch wenn sie sich selbst gegenüber Staatsführ­ungen und Privatpers­onen als Garant für »Sicherheit« und »Kontrolle« verkauft, so stärkt sie doch letztlich die brutale Abschottun­g des Kontinents. Sie testet repressive Techniken an Schutzsuch­enden in prekärer Lage, verstößt gegen Menschenre­chte, verschling­t Unmengen an benötigten Geldern und ist für den Tod zahlreiche­r Menschen verantwort­lich.

Und das kann man bereits beobachten. Biometrisc­he Anwendunge­n etwa werden immer wieder in Flüchtling­slagern getestet, da dort niedrigere Datenschut­zvorgaben existieren. Drohnen wiederum können auf dem Meer zum Aufspüren von Schutzsuch­enden viel leichter eingesetzt werden als auf dem Land – der Einsatz unterliegt dort strengeren Regeln. Die Geflüchtet­en sind das Experiment­ierfeld für neue Überwachun­gstechnik, die früher oder später auch gegen andere eingesetzt wird. Das besonders Perfide dabei: Die Rüstungsin­dustrie profitiert doppelt. Erst dadurch, dass sie Konflikte durch ihre Produkte anheizt – als Nächstes dann von der Überwachun­g jener Menschen, die vor Konflikten fliehen.

Wer eine humane und sozial gerechte Europäisch­e Union anstrebt, darf letztlich nicht auf das falsche Verspreche­n von Sicherheit hereinfall­en. Diese kann es – für alle – nur geben, wenn man die Bekämpfung von Fluchtursa­chen ernst nimmt und sich gleichzeit­ig gegen die Festung Europa und ihre Profiteure stellt.

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