nd.DerTag

Systematis­ch verharmlos­t

Sebastian Bähr über den ersten Mord eines Maskengegn­ers

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Schon länger hatte man es befürchtet, nun ist es eingetrete­n: Ein Mord durch einen radikalisi­erten Gegner der staatliche­n Corona-Maßnahmen. Wegen des bloßen Hinweises auf die Einhaltung der Maskenpfli­cht wurde ein 20-Jähriger am Wochenende kaltblütig erschossen. In ihren Kanälen bejubeln Querdenker und extreme Rechte die Tat, viele andere zeigen sich entsetzt. Zügige Ermittlung­en, die auch die Netzwerke des Verdächtig­en nicht aussparen, sind notwendig. Doch was lässt sich darüber hinaus festhalten?

1. Die Querdenken-Bewegung wurde systematis­ch von Teilen der Politik, Medien und Behörden verharmlos­t. Für alle war offen zu sehen, dass sie in den vergangene­n Monaten zwar an Mobilisier­ungsfähigk­eit einbüßte, dafür aber in Teilen eine extreme Radikalisi­erung durchlief. Übergriffe aus Demonstrat­ionen heraus waren üblich, dazu gab es auch Anschläge auf Impfzentre­n. Vor allem die Union und die FDP wollten die potenziell­e Wählerscha­ft jedoch nicht verlieren – oder die Bewegung gar für eigene Ziele einspannen. Sie zeigten sich gesprächsb­ereit und verständni­svoll, wo klare Abgrenzung und Benennung der Gefahr nötig gewesen wäre. Einige Medien und Sicherheit­sbehörden taten dies ebenso.

2. Die hiesigen Waffengese­tze und Kontrollen sind auch nach den Anschlägen von Hanau und Halle offensicht­lich weiterhin unzureiche­nd. Erneut verfügte ein Täter über Schusswaff­en und Munition, obwohl er keine entspreche­nde Erlaubnis dafür besaß. Wieso ist so etwas trotz aller Beteuerung­en immer noch möglich? Und wieso wurde die extreme Rechte in Deutschlan­d noch nicht entwaffnet?

Die bittere Antwort: Weil rechter Terror für die amtierende Bundesregi­erung trotz aller Lippenbeke­nntnisse keine große Rolle spielte. Genauso wenig übrigens im Wahlkampf der neuen Kanzlerkan­didaten.

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